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Der Film seziert das große deutsche Nachkriegsmythos, das (westdeutsche) „Wirtschaftswunder“ nicht als Triumph des Wiederaufbaus, sondern als eine Geschichte, die auf der ökonomischen Ausbeutung des Nationalsozialismus weiterlief – in neuen Anzügen, mit alten Gesichtern.
Es ist dieser kalte Realismus, der wehtut. Die vertraute Geschichte von Fleiß und Aufschwung – plötzlich wird sie zu einer Parabel auf Verdrängung. Die sogenannte „Stunde Null“ erweist sich als perfides Märchen. Denn das war keine moralische Neugründung, sondern ein stilles Weitermachen mit denselben Netzwerken, denselben Besitzverhältnissen, denselben Profiteur:innen.
Duppel und Schuhbauer gehen dabei persönlich vor – sie suchen Archive, Familienvillen, Fundstücke, stoßen auf übermalte NS-Symbole unter mehreren Farbschichten. Ihr Gestus ist nicht anklagend, sondern bohrend: Wie viel Schuld steckt in den Dingen, in den Mauern, im Schweigen?
Was die Dokumentation so bemerkenswert macht, ist ihre Weigerung, sich mit bloßer Erinnerung zufriedenzugeben. Statt ritueller Aufarbeitung zeigt sie Kontinuität. Firmen, die unter dem Hakenkreuz blühten, existieren noch immer. Täter:innen wurden geehrt, Zwangsarbeiter:innen vergessen. Der Film zwingt, das Wort „Erfolg“ neu zu buchstabieren – und zwar mit dem Bewusstsein, dass Wohlstand und Verdrängung in dieser Republik oft dasselbe Fundament teilen.
Manchmal ist der Film ungeduldig, fast überladen von Recherchefragmenten, als wollte er zu viele Schichten gleichzeitig freilegen. Doch gerade darin liegt seine Stärke: im Unfertigen, im Unbequemen. Er spricht nicht in der Sprache akademischer Distanz, sondern der Erinnerung, die so lange kratzt, bis etwas sichtbar wird, das lange niemand sehen wollte. Die übermalte Vergangenheit als kollektive Metapher für das, was Deutschland auszeichnet: die Fähigkeit, moralische Risse mit einem Mythos zu kitten.
Antifaschismus in diesem Film heißt ökonomische Kontinuitäten als Teil des faschistischen Erbes zu erkennen. Es heißt, die Behauptung von „Entnazifizierung“ als Fiktion zu begreifen, wenn dieselben Familien, dieselben Banken, dieselben Industrien den Reichtum weiterführten, der auf Raub und Zwangsarbeit beruhte. „Geraubtes Wirtschaftswunder“ konfrontiert nicht nur die Archive, sondern die Gegenwart: das Wiedererstarken nationalistischer Erzählungen, den politischen Reflex, endlich „Schluss zu machen“ mit der Schuld.
Dieser Film öffnet eine Wunde, die nie wirklich verheilt ist, und tut das mit der Sorgfalt von Historiker:innen und der Wut der Nachgeborenen. Dass Duppel und Schuhbauer ihre eigene Biografie einweben, verhindert jedes moralische Wegducken: Erinnerung wird hier persönlich, nicht museal. Die Bilder, zwischen den Talking-Heads sind ruhig, aber ihre Wirkung ist verstörend – weil sie dokumentarisch in den Raum blicken, der nach dem Krieg wieder gemütlich eingerichtet wurde, ohne dass irgendjemand die alten Geister vertrieben hätte.
„Geraubtes Wirtschaftswunder“ ist ein wirklich unbequemer Film über die deutsche Nachkriegslüge. Wer das sieht, versteht, dass Geschichtsschreibung immer auch ein Kampf ist – und dass es in Deutschland bis heute eine Frage der Macht bleibt, wessen Geschichte erzählt und wessen verschwiegen wird.
Das ausgerechnet ein übermaltes Gemälde hier für ganze Geschichte steht, das ist an Symbolkraft tatsächlich kaum zu überbieten.
Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 14.10.2025.
In der ARTE-Mediathek
bis 11.01.2026 >>
Inhaltswarnung >>
Der Film enthält Darstellungen und Berichte über Gewalt, Zwangsarbeit, antisemitische Enteignungen und systemische NS-Verbrechen. Er thematisiert familiäre Verstrickungen in die NS-Zeit, die Nachkriegsverdrängung und die ökonomische Kontinuität von Täter:innenstrukturen. Empfohlen für ein Publikum, das sich bewusst mit deutscher Erinnerungspolitik auseinandersetzen möchte.
Credits >>
Dokumentarfilm, Deutschland, 2024, FSK: ab 12, Regie: Dietrich Duppel, Drehbuch: Dietrich Duppel, Thomas Schuhbauer, Produktion: ZDF, ARTE, ECO Media GmbH, Mit: Dietrich Duppel, Thomas Schuhbauer, Ioanna Mantouvalou, Ulrike Herrmann, Alexander Nützenadel, Anke Gröner, Sebastian Brünger und viele andere.
Deutschlands Wirtschaftswunder: Die Deutschen haben sich nach der Stunde Null wieder hochgearbeitet. Wirtschaftsminister Ludwig Erhard hat die D-Mark und die soziale Marktwirtschaft eingeführt, während die Amerikaner Westdeutschland unterstützten.ARTE
Roland Häder🇩🇪
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