Der Dritte Weltkrieg läuft bereits – Nicht jeder hat es begriffen


Von Dmitri Trenin

Viele sprechen heute davon, dass die Menschheit auf einen "Dritten Weltkrieg" zusteuert, und meinen damit, dass etwas Ähnliches wie im 20. Jahrhundert vor uns liegt. Der Krieg ändert jedoch ständig sein Aussehen. Er wird weder wie im Juni 1941 (eine groß angelegte militärische Invasion) noch wie im Oktober 1962 während der Kubakrise in Form eines massiven Atomschlags befürchtet über uns kommen.

In Wirklichkeit ist der Weltkrieg schon da, auch wenn es nicht jeder begriffen hat. Die Vorkriegszeit endete für Russland im Jahr 2014, für China im Jahr 2017 und für den Iran im Jahr 2023. Seitdem sind die Ausbreitung und die Intensität des modernen Krieges im Wachsen begriffen.

Was wir erleben, ist kein "zweiter kalter Krieg". Ab 2022 hat der Krieg des Westens gegen Russland einen entschlossenen Charakter angenommen, und der Übergang des heißen, aber indirekten Konflikts in der Ukraine in einen frontalen nuklearen Zusammenstoß mit NATO-Ländern wird immer wahrscheinlicher.

Die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus eröffnete die Möglichkeit, ihn zu vermeiden, doch Mitte des Jahres rückte die Aussicht auf einen großen Krieg dank der Bemühungen Europas und der US-Falken wieder gefährlich nahe. Der derzeitige Weltkrieg ist eine Kombination aus mehreren Konflikten, an denen die führenden Mächte beteiligt sind – die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten, China und Russland.

Trotz seiner sich wandelnden Erscheinung ist die Ursache dieses Weltkriegs traditionell: die Verschiebung des Kräftegleichgewichts auf der Welt. Der Westen spürt, dass der Aufstieg neuer Machtzentren (vor allem Chinas) und die Wiedererstehung Russlands als Großmacht seine Vorherrschaft bedrohen, und hat eine Gegenoffensive gestartet.

Für USA und Europa ist dies nicht die letzte Schlacht, aber definitiv eine entschlossene. Der Westen ist nicht in der Lage, sich mit dem Verlust der globalen Hegemonie abzufinden. Dabei geht es nicht nur um Geopolitik. Die westliche Ideologie (politisch-ökonomisch ist es der Globalismus, soziokulturell der Posthumanismus) lehnt Vielfalt, nationale oder zivilisatorische Identität und Tradition organisch ab. Das Ende des Universalismus bedeutet für den modernen Westen eine Katastrophe – für nur regionalen Status ist er nicht bereit. Deshalb versucht er, seine beträchtlichen Ressourcen zu bündeln und sich auf seine erschütterte, aber immer noch vorhandene technologische Überlegenheit zu stützen, um diejenigen zu vernichten, die er zu Rivalen erklärt hat.

Von Vernichtungsabsicht zu sprechen ist keine Übertreibung. Als der frühere US-Präsident Joe Biden dieses Wort ("destroy") in einem Gespräch mit dem brasilianischen Präsidenten Lula da Silva benutzte, war er offener als sein Verteidigungsminister Lloyd Austin, der davon sprach, "Russland eine strategische Niederlage zuzufügen".

Was ein Vernichtungskrieg ist, hat das vom Westen unterstützte Israel zuerst im Gazastreifen, dann im Libanon und schließlich im Iran demonstriert. Es ist kein Zufall, dass bei der Zerstörung von Zielen auf dem Gebiet der Islamischen Republik dasselbe Schema angewandt wurde wie bei dem Angriff auf russische Militärflugplätze am 1. Juni. Es ist folgerichtig, dass die USA und das Vereinigte Königreich offenbar an beiden Aktionen beteiligt waren – Russland gilt in Washington und London ebenso wie der Iran, China und Nordkorea als unversöhnlicher Gegner des Westens. Das bedeutet, dass Kompromisse im laufenden Krieg unmöglich sind, nur vorübergehende Ruhepausen.

Zwei Brandherde des Weltkriegs lodern bereits: Osteuropa und der Nahe Osten. Ein dritter ist längst ausgemacht: Ostasien (Taiwan, die koreanische Halbinsel, das Süd- und Ostchinesische Meer). Russland ist direkt in den Krieg in Europa verwickelt, seine Interessen sind im Iran betroffen, und es könnte auf die eine oder andere Weise im Fernen Osten involviert sein. Aber mit drei Krisenherden erschöpft es sich nicht. Es könnten neue entstehen, von der Arktis bis Afghanistan, und zwar nicht nur entlang der Landesgrenzen Russlands, sondern auch in seinem Inneren. Im Gegensatz zu den alten Strategien der Kriegsführung, die neben der Brechung des Willens des Gegners und seiner Widerstandsfähigkeit auch die Kontrolle über sein Territorium vorsahen, konzentrieren sich die modernen Strategien nicht auf die Besetzung des gegnerischen Territoriums, sondern auf innere Destabilisierung und Provokation von Chaos.

Die Strategie des Westens gegenüber Russland – nach dem Scheitern der "strategischen Niederlage" – besteht darin, es im Krieg wirtschaftlich und psychologisch zu zermürben, unsere Gesellschaft zu erschüttern, das Vertrauen in die Führung des Landes und seine Politik zu untergraben und einen neuen Aufruhr zu verursachen. Der Feind geht davon aus, dass seine Bemühungen in der Phase eines bevorstehenden Machtwechsels gipfeln müssen.

Was die dafür eingesetzten Methoden anbelangt, so sind dem Westen und seinen Handlangern fast keine Grenzen gesetzt. Absolut alles ist erlaubt. Der Krieg hat einen vieldimensionalen Charakter angenommen. Dank des weit verbreiteten Einsatzes immer raffinierterer Drohnen sind das gesamte Territorium eines Landes, alle seine Einrichtungen und alle seine Bürger gezielt angreifbar geworden. Die Angriffe richten sich gegen strategische Infrastruktur und Nuklearstreitkräfte, nukleare Einrichtungen und Kernkraftwerke, Politiker, Wissenschaftler, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Diplomaten (einschließlich offizieller Unterhändler), Journalisten und sogar deren Familien. Terroristische Anschläge werden organisiert, Wohnviertel werden ins Visier genommen, Schulen und Krankenhäuser. Ein totaler Krieg im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Methoden der totalen Kriegsführung beruhen auf der Entmenschlichung des Feindes. Opfer selbst auch unter den eigenen Verbündeten, ganz zu schweigen von Handlangern, zählen nichts. Die Lebenskraft und die Bevölkerung des Gegners sind Biomasse. Nur die eigenen Verluste spielen eine Rolle, da sie sich auf die Wahlergebnisse der Regierung auswirken können. Der Feind dagegen ist ein absolutes Übel, das zerschlagen und vernichtet werden muss. Die Einstellung zum Bösen ist keine Frage der Politik, sondern der Moral. Daher gibt es nicht einmal mehr äußerlichen Respekt vor dem Feind, wie es im Kalten Krieg der Fall war. Stattdessen wird der Hass gefördert. Die Führung der feindlichen Länder ist per definitionem kriminell, und ihre Bevölkerungen sind kollektiv für die von ihnen geduldeten Führer verantwortlich. Die vom Westen gekaperten internationalen Strukturen (Organisationen, Agenturen, Tribunale) sind Teil eines Repressionsapparates geworden, der darauf abzielt, zu verfolgen und zu bestrafen.

Die Entmenschlichung basiert auf der totalen Kontrolle von Informationen und einer systematischen und hochtechnologischen Gehirnwäsche. Die Umschreibung der Geschichte, einschließlich derjenigen des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Krieges, glatte Lügen über den aktuellen Stand der Dinge, das Verbot jeglicher Informationen, die vom Feind stammen, Repression gegen eigene Bürger, wenn sie die Richtigkeit des vorgegebenen Narrativs anzweifeln, einschließlich ihrer Brandmarkung als feindliche Agenten, machen die westlichen Gesellschaften anfällig für Manipulation durch die herrschenden Eliten. Gleichzeitig rekrutieren der Westen und seine Stellvertreter unter Ausnutzung des oft weicheren Regimes im gegnerischen Lager Agenten, um interne (soziale, politische, ideologische, ethnische) Konflikte zu schüren.

Die Stärke des Gegners liegt im Zusammenhalt der globalistischen (bereits postnationalen) Weltelite und der erfolgreichen ideologischen Manipulation der Bevölkerung.

Die Spaltung zwischen den USA und dem Rest des Westens unter Trump sollte nicht übertrieben werden. Es hat eine Spaltung im "Trump-Lager" selbst stattgefunden, und Trump nähert sich seinen vormaligen Kritikern an. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass viele entscheidende Schritte vom "Tiefen Staat" unter Umgehung des amtierenden Präsidenten vorgenommen werden. Dies ist ein ernsthafter Risikofaktor. Der Westen verfügt nach wie vor über eine beeindruckende militärische Macht und über die Mittel, diese weltweit einzusetzen. Er ist nach wie vor technologisch führend, hat die finanzielle Vorherrschaft inne und dominiert die Weltmedien. Sein Kriegsschauplatz umfasst alles von Sanktionen bis zum Cyberspace, von der Biotechnologie bis zum menschlichen Denken. Seine Strategie ist es, seine Feinde einen nach dem anderen zu schlagen. Das hat der Westen an Jugoslawien, dem Irak und Libyen geübt, für die niemand interveniert hat. Jetzt befindet er sich in einem Stellvertreterkrieg mit Russland. Das vom Westen unterstützte Israel hat den Iran angegriffen. Nordkorea und China stehen auf der Liste.

Der heiĂźe Krieg in der Ukraine entwickelt sich zu einem direkten Krieg Europas gegen Russland.

In der Tat sind die Europäer seit Langem tief in den Konflikt verwickelt. Britische und französische Raketen greifen Ziele in Russland an, Geheimdienstinformationen aus NATO-Ländern werden nach Kiew übermittelt, Europäer beteiligen sich an der Kampfausbildung der ukrainischen Streitkräfte und an der gemeinsamen Planung von militärischen, sabotierenden und terroristischen Operationen. Viele EU-Länder beliefern Kiew mit Waffen und Munition. Die Ukraine ist für Europa ein Werkzeug, Wegwerfmaterial.

Der Krieg ist nicht auf die Ukraine beschränkt und wird auch nicht dort enden. In dem Maße, wie die ukrainischen Kräfte schwinden, werden NATO/EU auf die Ressourcen anderer osteuropäischer Länder zurückgreifen, insbesondere auf die des Balkans. Dies dürfte Europa Zeit geben, sich mittelfristig auf einen Krieg mit Russland vorzubereiten.

Die berechtigte Frage ist: Ist dies eine Vorbereitung auf Verteidigung oder auf Angriff? Vielleicht sind einige der europäischen Eliten ihrer eigenen Propaganda über die "russische Bedrohung" zum Opfer gefallen, aber für die Mehrheit geht es um Machterhalt unter Bedingungen einer Vorkriegshysterie.

Dennoch müssen die Gefahren, die vom Westen ausgehen, ernst genommen werden. Natürlich sollten wir nicht mit einer exakten Wiederholung des 24. Juni 1812 oder des 22. Juni 1941 rechnen. Provokationen von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer sind möglich (und werden sicher auch kommen). Versuche, eine "zweite Front" in Transnistrien, Transkaukasien oder anderswo zu eröffnen, sind wahrscheinlich. Besonders gefährlich könnten sein:

- die Übergabe mächtiger Waffen durch die Europäer an Kiew, von denen behauptet wird, die Ukraine habe sie selbst hergestellt;

- Versuche, den Ausgang des Finnischen Meerbusens oder Kaliningrads zu blockieren;

- neue Sabotageakte gegen strategische Einrichtungen Russlands.

Die europäischen Eliten haben wieder einmal ein Ziel – die "russische Frage" auf die eine oder andere Weise zu lösen.

Man sollte die Europäer auf keinen Fall unterschätzen oder herablassend auf sie blicken. Weil Europa an vielen Fronten versagt hat, sind seine Spitzenkräfte nervös und mobilisiert. Der Verlust der Fähigkeit zum strategischen Denken, fehlende Besonnenheit und sogar Mangel an gesundem Menschenverstand bei den Regierenden machen Europa umso gefährlicher.

Die Feindseligkeit der herrschenden Kreise Europas gegenüber Russland ist keine Konstellation, die bald einer "unternehmerischen Denkweise" weichen wird. Es geht nicht nur darum, dass das Feindbild Russland den Eliten hilft, die EU zu einen und interne Rivalen zu bekämpfen. Es geht auch nicht lediglich um uralte Phobien und Ressentiments. Viel wichtiger ist, dass Russland nicht nur ein "bedeutender Andersartiger" ist, sondern die Wiederherstellung der westlichen (auch europäischen) Hegemonie behindert und eine zivilisatorische Alternative darstellt, die die einfachen Europäer verwirrt und die Möglichkeiten der europäischen Eliten einschränkt, den Rest der Welt auszubeuten.

Deshalb ist das vereinte Europa ernsthaft bestrebt, Russland zu vernichten. Deshalb haben wir einen langen Krieg vor uns. Einen Sieg wie 1945 wird es in der Ukraine nicht geben. Die Konfrontation wird sich in anderen Formen fortsetzen, auch militärisch. Es wird keine stabile Konfrontation (sprich friedliche Koexistenz) wie im Kalten Krieg geben. Im Gegenteil, die nächsten Jahrzehnte werden sehr dynamisch sein. Wir werden den Kampf um den ehrenvollen Platz Russlands in der entstehenden neuen Ordnung fortsetzen müssen.

Was ist zu tun?

Es gibt kein Zurück mehr. Es ist Zeit für Entscheidungen, für Taten. Dies ist nicht die Zeit für Halbheiten – Halbheiten führen in die Katastrophe.

Das Wichtigste für uns ist, das Hinterland zu stärken, ohne die Front zu schwächen. Wir brauchen eine Mobilisierung der Kräfte, aber nicht nach alten Rezepturen, sondern intelligent. Wenn wir nur halbherzig kämpfen, werden wir definitiv verlieren. Unser strategischer Vorteil – die selbstbewusste politische Führung – muss erhalten bleiben und, was entscheidend ist, nahtlos Nachfolger produzieren.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, wohin und wie wir uns entwickeln. Unsere Wirtschafts-, Finanz- und Technologiepolitik muss voll und ganz auf die harten Realitäten einer langfristigen Konfrontation ausgerichtet sein, und unsere demografische Politik (von der Geburtenrate bis zur Migration) muss gefährliche Trends stoppen und umkehren. Der patriotische Zusammenhalt der Bevölkerung, die praktische Solidarität aller gesellschaftlichen Gruppen und die Stärkung des Rechtsbewusstseins müssen Hauptanliegen der Behörden und der Gesellschaft sein.

Wir müssen externe Bündnisse und Partnerschaften stärken. Die Verbündeten im Westen (Weißrussland) und im Osten (DVRK) haben sich bewährt. Aber wir haben keinen vergleichbaren Verbündeten im Süden. Wir müssen an der Stärkung der südlichen Richtung unserer Geopolitik arbeiten. Wir sind verpflichtet, den Ausgang und die Folgen des Krieges zwischen Israel und dem Iran auf der anderen Seite nüchtern und sorgfältig zu analysieren. Der Gegner, der als einheitlicher Block auftritt, ist darauf angewiesen, seine Feinde einzeln zu vernichten. Daraus müssen wir und unsere Partner die offensichtliche Schlussfolgerung ziehen, engere Koordinierung und effektive Zusammenarbeit anzustreben.

Es ist möglich und notwendig, ein taktisches Spiel mit der Trump-Administration zu spielen, und es hat bereits einige taktische Ergebnisse gebracht (zum Beispiel hat es dazu beigetragen, die Beteiligung der USA am Ukraine-Konflikt zu verringern). Zugleich sollten wir bedenken, dass Taktik keine Strategie ist. Die Bereitschaft zum Dialog entspannt viele Menschen und lässt sie von einer baldigen Rückkehr in die "glückliche Vergangenheit" träumen. Die politische Elite der USA hingegen bleibt Russland gegenüber generell feindlich eingestellt. Es wird keine neue Entspannungspolitik mit den Vereinigten Staaten geben, und die vorherige endete schlecht. Ja, der Prozess der Umformatierung der US-Außenpolitik von einer "imperialen" zu einer "Großmacht"-Strategie wird wahrscheinlich auch nach Trumps Abgang weitergehen. Wir sollten dies im Hinterkopf behalten und in der praktischen Politik nutzen.

Den europäischen Staats- und Regierungschefs im Kampf gegen Russland sollte (nicht nur verbal) zu verstehen gegeben werden, dass sie verwundbar sind und im Falle einer erneuten Eskalation des Ukraine-Konflikts nicht ungeschoren bleiben können. Die gleiche Botschaft sollte an die "Aktivisten der ersten Stunde" des antirussischen Krieges (Finnen, Polen und die baltischen Staaten) gerichtet werden. Provokationen ihrerseits müssen auf sofortige und energische Antworten stoßen. Unser Ziel ist es, dem Feind Angst einzujagen, seine Arroganz zu brechen, ihn zum Nachdenken zu bringen und zu stoppen.

Im Allgemeinen sollte man nach seiner eigenen Logik handeln, mutig, nicht unbedingt spiegelnd, nicht immer nur reagierend. Wenn ein Zusammenstoß unvermeidlich ist, müssen Präventivschläge geführt werden. Zunächst mit konventionellen Mitteln. Wenn nötig, nach sorgfältiger Abwägung, mit besonderen, auch nuklearen Mitteln.

Die nukleare Abschreckung muss nicht passiv, sie kann auch aktiv sein, einschließlich des begrenzten Einsatzes von Kernwaffen. Die Erfahrung des Krieges in der Ukraine zeigt, dass die Entscheidungszentren keine Immunität genießen sollten. Dort haben wir uns mit Schlägen stark zurückgehalten, was dem Feind einen falschen Eindruck von unserer Entschlossenheit vermittelte. Im Kampf, der uns auferlegt wurde, müssen wir uns auf den Sieg konzentrieren, auf die vollständige Durchkreuzung der Pläne des Feindes.

Wir müssen nicht nur die Luftabwehr des Gegners in der Ukraine (und notfalls auch anderswo) durchdringen, sondern auch die Informationskuppel durchbrechen, unter die sich der Westen abgeschottet hat. Das postsowjetische Russland hat sich geweigert, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen. In Kriegszeiten ist dies ein inakzeptabler Luxus. Wir sollten nicht erwarten, dass traditionelle rechte oder "klassische" linke Kräfte irgendwo an die Macht kommen und sich alles von selbst regeln wird. Wir müssen die Einheitsfront unserer Gegner von innen heraus untergraben, mit den Widersprüchen der Interessen und Ambitionen verschiedener Staaten, Kräfte und Personen spielen.

Europa ist heterogen. Neben der führenden Gruppe (Großbritannien, Frankreich, Deutschland) und einer Gruppe russophober Provokateure (Finnland, Polen, die baltischen Staaten) gibt es Dissidenten (Ungarn und die Slowakei, solange die derzeitigen Regierungen dort an der Macht sind), deren Zahl steigen kann (z. B. auf die Größe des ehemaligen Österreich-Ungarns), sowie "passive" Länder Südeuropas (Italien, Spanien, Griechenland, Zypern). Generell ist das Feld für die informationspolitische Arbeit groß.

NATO und EU sind für uns feindliche Organisationen, die OSZE ist weitgehend nutzlos, aber wir müssen allen nüchtern denkenden Kräften in Europa aktiv den Dialog anbieten, um Koalitionen für das Leben, für den Frieden, für die Menschlichkeit zu schaffen. Russland wird Europa nicht "rauben", aber wir werden es befrieden müssen.

Ăśbersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde fĂĽr die Zeitschrift "Profil" verfasst.

Dmitri Trenin ist Direktor des Instituts für militärische Weltwirtschaft und Strategie an der Higher School of Economics Research University.

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Ein gefährlicher Nachbar: London plant die Zerstörung Berlins


Von Wiktorija Nikiforowa

Zwei einsame Seelen haben sich endlich gefunden: Der britische Premierminister Keir Starmer und der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz unterzeichneten im Londoner Victoria and Albert Museum einen Vertrag ĂĽber Freundschaft und Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich.

Gegen wen wollen sie sich verteidigen, wer greift deutsche Würstchen und englischen Pudding an? Klar, dass es Russland ist: Gerade der Ukraine-Konflikt wird als Grund für die Stärkung der Verteidigungskapazitäten und die Entscheidung zur gegenseitigen Hilfe im Falle eines Angriffs auf einen der Verbündeten genannt. Die Worte über die gemeinsame Entwicklung hochpräziser Raketen mit einer Reichweite von mehr als 2.000 Kilometern sind direkt an uns gerichtet.

Um es ganz klar zu sagen: Es handelt sich um eine Entscheidung zur Vorbereitung eines Krieges gegen uns. Deutschland sorgt fĂĽr die RĂĽstungsindustrie, England fĂĽr die Finanzen und den nuklearen Schutzschild. Politico bringt es auf den Punkt:

"Starmer und Merz haben ihre Nische gefunden: den Krieg."


Unklar ist nur, von welcher Freundschaft sprechen die Staatschefs von Ländern, die seit Jahrhunderten in gegenseitigem Hass leben und Hunderttausende Menschen der jeweils anderen Nation getötet haben?

Heute berichten englische Journalisten mit Begeisterung, dass der Vertrag zwischen Starmer und Merz erst das dritte Dokument sei, das in den letzten ĂĽber hundert Jahren von den Regierungen GroĂźbritanniens und Deutschlands unterzeichnet worden sei. Sie verschweigen aber, dass das erste Dokument der Vertrag von Versailles war, mit dem das siegreiche GroĂźbritannien zusammen mit seinen VerbĂĽndeten das besiegte Deutschland ausplĂĽnderte, demĂĽtigte und zerschlug.

Das zweite Dokument war die Kapitulationserklärung Deutschlands, die im Juni 1945 unterzeichnet wurde: Damals befand sich London ebenfalls unter den Siegern und stand kurz vor der Verwirklichung seines jahrhundertealten Traums – alle Deutschen zu vernichten und ihren Staat zu zerstören. Deutschland wurde damals von Josef Stalin persönlich vor der vollständigen Vernichtung bewahrt. Unser "Tyrann" zeichnete sich vor dem blutigen Hintergrund der westlichen "Demokraten" durch extremen Humanismus aus.

Selbst für jemanden, der sich nicht so gut mit Geschichte auskennt, ist die Logik der Ereignisse offensichtlich: Zunächst provoziert Großbritannien mit aller Kraft einen Weltkrieg, sorgt dann dafür, dass Deutschland im Krieg besiegt wird, und beeilt sich, auf dessen Trümmern Beute zu machen. Hey, ihr Deutschen, ihr seid doch schon zweimal auf diese Tour reingefallen!

Im Jahr 1938 unterzeichnete der britische Premierminister Chamberlain in München einen Nichtangriffspakt mit Hitler. Zu dieser Zeit "flirtete" das britische Establishment auf höchster Ebene – bis hin zu Mitgliedern der königlichen Familie – mit den Nazis. Die Bank of England gewährte dem deutschen militärisch-industriellen Kredite, die gesamte Rüstungsindustrie des Dritten Reiches wurde mit britischem und amerikanischem Geld finanziert.

Das Ziel der englischen Elite war es, Hitler gegen die UdSSR zu hetzen und dann gemeinsam unsere Ressourcen auszubeuten – nur dieser Raubzug konnte das Britische Empire vor dem Zusammenbruch retten. Allerdings verlief alles nicht wie geplant: Die Nazis bekamen ordentlich eins auf die Mütze, und die Briten wechselten schnell die Seiten und schlossen sich den "verdammten" Bolschewiken an. Sie bombardierten deutsche Städte und schafften es noch im letzten Moment, sich auf die Seite der Sieger zu schlagen.

Die UdSSR konnten sie nicht ausrauben, und die Briten versuchten sich dafür an Deutschland zu rächen. Aber dort gab es nicht mehr viel zu holen, und das Britische Empire zuckte noch ein paar Mal im Todeskampf, und tat dann seinen letzten Atemzug.

Man muss echt blind sein, um die Parallelen zur heutigen Situation nicht zu erkennen. Das deindustrialisierte, verschuldete, depressive und von Migranten überflutete Großbritannien sieht seine letzte Chance auf Rettung darin, Deutschland gegen Russland aufzuhetzen. Die Briten selbst haben weder die personellen noch die materiellen Reserven, um einen Krieg zu führen: Die englische Armee entspricht zahlenmäßig in etwa dem Kontingent, das die Ukrainer im Gebiet Kursk verloren haben. Es gibt auch keine Kapazitäten, um eine stabile Produktion von Munition und Militärtechnik aufzubauen.

Über all dies verfügt indes Deutschland. Die englischen Banken sind bereits startklar – sie sind bereit, Berlin mit seiner relativ geringen Staatsverschuldung Kredite zu gewähren.

Die Briten wollen in das vierte Deutsche Reich investieren, um es gegen das heutige Russland aufzuhetzen. Denn wie in den 1930er Jahren können nur die russischen Reichtümer Albion vor dem Untergang retten.

"Die Politik Englands bestand schon immer darin, in Europa einen Dummkopf zu finden, der mit seinem Leib die englischen Interessen verteidigt", bemerkte einst der erste deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck.

Erkennen die Deutschen wirklich nicht, wie die Briten sie erneut zum Narren halten? Nein, denn sie sind von einem krankhaften Revanchismus geblendet. Sie befürworten die Wiedereinführung der Wehrpflicht, sie begrüßen, dass Rüstungsbetriebe Arbeitsplätze schaffen und für Wachstum sorgen. Bundesverteidigungsminister Pistorius erklärte bereits, dass "deutsche Soldaten bereit sind, russische Soldaten zu töten."

Diese Frechheit rührt daher, dass wir ihnen 1945 nicht für all ihre Gräueltaten die verdiente Strafe auferlegt haben. In der aktuellen Konfrontation ist es wichtig, diesen Fehler nicht zu wiederholen. Und nicht zu vergessen, dass hinter Deutschland wieder das "neblige Albion" seine Machenschaften treibt.

Ăśbersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 18. Juli 2025 zuerst bei "RIA Nowosti" erschienen.

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Sanktionswahnsinn gegen Russland – und gegen Europas Wohlstand


Von Hans-Ueli Läppli

Die Europäische Union steht vor einer Zerreißprobe. Während die Brüsseler Führungsspitze Milliarden in den geopolitischen Konflikt mit Russland investiert, geraten zentrale Interessen der Bürger zunehmend ins Hintertreffen. Die Liste wachsender Probleme ist lang: stagnierende Wirtschaft, überforderte Sozialsysteme, Proteste der Landwirte – und ein Mangel an demokratischer Rechenschaft. Was sich als strategische Entschlossenheit verkauft, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als kostspielige Fehlausrichtung.

Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission, steht exemplarisch für diesen Machtmechanismus. Sie wurde 2019 von den Staats- und Regierungschefs nominiert und später vom Parlament bestätigt – jedoch nie direkt gewählt. Letzte Woche überstand sie ein Misstrauensvotum, das wegen mangelnder Transparenz bei Impfstoffverträgen und eines zunehmend autoritären Regierungsstils initiiert worden war. Kritiker aus unterschiedlichen politischen Lagern werfen ihr vor, Entscheidungen weitgehend abgeschottet vom Wählerwillen zu treffen.

Der Konfrontationskurs gegenüber Russland illustriert diese Dynamik eindrücklich. Heute Morgen verabschiedete Brüssel das 18. Sanktionspaket gegen Moskau. Es zielt auf Energiekonzerne, Schattenflotten und Finanzinstitute. Der Ölpreisdeckel wurde auf 47,6 Dollar pro Barrel gesenkt, die Nord-Stream-Pipelines vollständig verboten. Trotz des anfänglichen Vetos seitens des slowakischen Premiers Robert Fico wurde das Paket letztlich umgesetzt. Befürworter sprechen von "notwendigem Druck", doch die wirtschaftlichen Kennzahlen sprechen eine andere Sprache: Russlands Wirtschaft wächst schneller als die vieler EU-Staaten – dank Handelsumlenkung nach Asien.

Der Preis für Europa ist hoch. Die EU-Sanktionen haben kumulierte Schäden in dreistelliger Milliardenhöhe verursacht. Die Energiepreise treiben die Inflation an, die Industrie wandert ab – vor allem in Deutschland. Die Bauern klagen über verdoppelte Kosten für Düngemittel und Nahrungsmittelproduktion. Auf Plattformen wie X artikuliert sich wachsender Unmut:

"Die Sanktionen treffen uns härter als Russland."


Selbst diplomatisch isolierte Staaten wie Ungarn sprechen offen von einem "Sanktionswahnsinn".

Besonders dramatisch sind die Folgen im Agrarsektor. Im Mai 2025 verhängte die EU Strafzölle auf russische und weißrussische Agrarprodukte – trotz deren Anteil von rund 15 Prozent an früheren Importen. Diese Maßnahme verteuerte Düngemittel spürbar. In Schweden kam es zu Protesten, da die Produktionskosten explodierten. Der EU-Haushalt für 2025 kürzt zudem die Agrarförderungen. Die Landwirte sprechen von einer "Kriegserklärung", verschärft durch klimatische Risiken wie Dürreperioden, die jährlich 28 Milliarden Euro kosten.

Auch in der Migrationspolitik bleibt die EU handlungsunfähig. Zwar sanken die irregulären Ankünfte auf 54.122 im ersten Halbjahr 2025, doch der Pakt zu Migration und Asyl bleibt umstritten. Abschiebungen scheitern häufig, die Integration verläuft schleppend. In Schweden wird Migration mit wachsender Bandenkriminalität in Verbindung gebracht – das Land führt die Statistik bei Schusswaffenverbrechen in der EU an.

Die Dublin-Verordnung belastet Grenzstaaten wie Italien und Griechenland, während Nordeuropa sich einer fairen Lastenteilung verweigert. Pläne zur Auslagerung von Asylverfahren nach Uganda stoßen auf ethische Kritik. Trotz 63 Milliarden Euro an Migrationsausgaben für 2021–2027 bleiben Ursachen wie Armut und Konflikte unbehandelt. In den sozialen Medien kulminiert die Wut:

"Die Migrationspolitik der EU ist ein Totalausfall."


Gleichzeitig verschlingt die Ukraine-Hilfe immense Summen. Bis Mitte 2025 sicherten die EU-Staaten Kiew Zusagen in Höhe von 134 Milliarden Euro zu, davon über 11 Milliarden für militärische Zwecke. Im Juli kam ein weiteres Hilfspaket über 2,3 Milliarden hinzu.

All dies vertieft die wachsende Kluft zur EU-Spitze. Die Kontroverse um von der Leyens autoritären Führungsstil, der Verdacht auf Intransparenz bei Haushaltsentwürfen und die Ablehnung zentraler Kommissionsvorhaben legen deutliche Bruchlinien im System offen und nähren Befürchtungen eines diktatorischen Führungsansatzes.

Der Vorwurf: Die EU verfehlt ihre eigene Bevölkerung!

Die politische Linie, die sich auf Sanktionen und geopolitische Symbolpolitik stĂĽtzt, erzeugt Reibungsverluste, die Wirtschaft, Landwirtschaft und Gesellschaft belasten.

Ein Kurswechsel ist überfällig: Ein Stopp der ineffektiven Sanktionen, eine stärkere Grenzsicherung, die strategische Förderung der Landwirtschaft – das wären erste Schritte, um den Blick wieder auf das Wohl der Bürger zu richten.

Denn der Bruch mit Russland hat nicht nur alte Handelsströme gekappt, sondern auch ein Stück Stabilität geopfert. Brüssel muss sich entscheiden: Will es dauerhafte Konfrontation oder innenpolitische Erneuerung?

Mehr zum Thema - Sanktionen: Russland richtet seine Häfen neu aus und stabilisiert so die Ölexporte


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Stahl-Branche schlägt Daueralarm – Hohe Energiepreise belasten


Die durch das Sanktionsregime verursachten hohen Energiekosten bleiben das zentrale Problem der deutschen Wirtschaft. Mit der Stahlindustrie schlägt nun eine weitere deutsche Kernbranche Daueralarm. Die Krise hält nicht nur an, sondern verschärft sich weiter. Deutschland stellt deutlich weniger Stahl her, teilte die Wirtschaftsvereinigung Stahl in Berlin mit.

"Der Produktionseinbruch in unserer Branche zeigt, wie dramatisch es um den Industriestandort Deutschland steht", sagt die Hauptgeschäftsführerin der Vereinigung, Kerstin Maria Rippel.

Ein Vergleich veranschaulicht die Dramatik. Die Rohstahlproduktion liegt inzwischen unter dem Niveau zur Zeit der Finanzmarktkrise von 2009. Doch während die Finanzmarktkrise klar erkennbar ein vorübergehender konjunktureller Einbruch war, deutet in der aktuellen Krise alles in Richtung eines dauerhaften Zustands. Dass die Energiepreise wieder auf das Niveau von vor 2021 sinken werden, ist mehr als nur unwahrscheinlich.

Ein zusätzliches Problem ist die schwache Nachfrage. Das Baugewerbe, die Automobilindustrie und der Maschinenbau – sie alle eint, dass sie tief in der Krise stecken und daher weniger nachfragen. In der Konsequenz entlassen die Stahlunternehmen Mitarbeiter. ThyssenKrupp Steel baut massiv Stellen ab. Der Stahlriese Salzgitter schraubt seine Erwartungen für Gewinn und Umsatz für das laufende Jahr deutlich herunter.

Die Politik müsse endlich reagieren, verlangt die Stahl-Branche. Es müsse ein Strompreis sichergestellt werden, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie sicherstelle. Dass aber durch eine dauerhafte Subventionierung der Branche nachhaltig geholfen werden kann, daran bestehen Zweifel.

Angesichts der Situation in der deutschen Stahlindustrie sind die hochtrabenden Pläne Robert Habecks, Deutschland müsse eine Vorreiterrolle bei der Erzeugung von grünem Stahl einnehmen, wie eine Seifenblase bei der Berührung mit der Realität geplatzt.

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Am Rande des Abgrunds: Trumps Umgang mit Konflikten


Von Fjodor Lukjanow

Trumps Amtsantritt im Oval Office wurde von dem Ruf begleitet, er sei der erste US-Präsident seit langer Zeit, der keinen Krieg begonnen habe. Dies liegt jedoch nicht an seiner organischen Friedensliebe, denn er war genau derjenige, der das Konzept "Frieden durch Stärke" propagierte.

Die Kriegslust seiner Vorgänger war ideologisch motiviert (Notwendigkeit der Aufrechterhaltung und Ausbreitung der liberalen Weltordnung), während Trump dies völlig gleichgültig ist. Er lässt sich von seinem Verständnis des nationalen Interesses und der Diplomatie (in seiner Terminologie: die Kunst des Deals) leiten, das er aus seiner beruflichen Laufbahn in New York übernommen hat.

In nur sechs Monaten schaffte es Trump, die internationale Politik durcheinanderzubringen. Mit seinen Zielen ist er zwar noch nicht so weit, aber er hält sich strikt an das Motto, das er in seiner Jugend lernte: Was auch immer passiert, verkünde immer einen Riesenerfolg und gib niemals zu, dass du verloren hast.

Interessanter ist die Frage, inwieweit Donald Trump, der sowohl in seiner ersten als auch in seiner zweiten Amtszeit das Establishment in Schrecken versetzte, wirklich ein systemkritischer Politiker ist, also jemand, der in der Lage ist, etablierte Normen zu brechen und politische Entwicklungen zu verändern.

Dieses Thema ist in den letzten Tagen stark in den Fokus gerückt. Trump und seine Mitstreiter machten in der Frage des sogenannten "Epstein-Dossiers" – einer angeblich von den Geheimdiensten versteckten Liste von Kunden eines elitären Bordells, in dem ihnen Minderjährige angeboten wurden – eine 180-Grad-Wende. Epstein selbst beging vor sechs Jahren in Haft Selbstmord und nahm damit die brisanten Enthüllungen über die Mächtigen mit ins Grab. Für die treuen Anhänger Trumps handelt es sich um eine sakrale Angelegenheit, da unter ihnen die Theorie verbreitet ist, dass eine geheime Pädophilen-Mafia die Welt regiert. Eines der Versprechen Trumps als Präsidentschaftskandidat war es, genau diese Details, die die herrschende Kaste zu verbergen versuchte, öffentlich zu machen. Und plötzlich behauptet die derzeitige US-Regierung, es gäbe keine weiteren Details, Epstein habe sich wirklich einfach selbst umgebracht und die Akte sei eine Erfindung der US-Demokraten.

Was dahintersteckt – tatsächlich das Fehlen einer Intrige oder der Wunsch, diese endgültig zu vertuschen – werden wir, wenn überhaupt, erst später erfahren. Doch die Version, dass Trump entweder vom "Tiefen Staat" gebrochen worden sei oder dass er diesen nie verlassen habe, wird von namhaften Trump-Anhängern wie Steve Bannon und Elon Musk vertreten.

Außenpolitisch gibt es keine derart spektakulären Geschichten, aber auch hier bestehen Zweifel an Trumps Fähigkeit und Bereitschaft, seinen früheren Aussagen treu zu bleiben.

Am Beispiel von Trumps Haltung zu "endlosen Kriegen" lassen sich seine tatsächlichen Möglichkeiten und Grenzen besser erkennen.

Geduld ist nicht Trumps Stärke, er setzt auf Druck und schnelle Ergebnisse. Sind diese nicht zu erreichen, ist es möglich, dass er zurückweicht, um einen neuen Angriff zu starten. Oder mehrere.

Eine lange, beständige Beteiligung an einer Konfrontation entspricht jedoch nicht Trumps Charakter. Das bedeutet nicht, dass er keine Ziele oder keine allgemeine Vision hat (was nicht unbedingt intellektuell sein muss, sondern auch instinktiv erfolgen kann) – deren Umsetzung basiert jedoch auf einer Angriff-Rückzug-Methode.

Internationale Konflikte, die meist tief in der Geschichte und Kultur verwurzelt sind, lassen eine solche Behandlung nicht zu. Dass sie sich so schwer lösen lassen, wäre noch halb so schlimm. Schlimmer ist, dass diejenigen, die die Situation übereilt in Ordnung bringen wollten, oft in den Abgrund stürzen und dort bleiben. Trump ist sich dessen bewusst, daher sein Stil: möglichst laute Effekte, die oft die Grenzen des Anstands überschreiten, vor dem Hintergrund durchaus umsichtiger Handlungen.

Die jüngste Beteiligung der USA am Krieg Israels gegen den Iran illustriert dies deutlich. Dieser demonstrative, von Siegesrufen begleitete militärische Akt sollte sich darauf beschränken und sich nicht in den Konflikt verstricken. Das ist gelungen. Selbst die überreizten Isolationisten unter den Trumpisten beruhigten sich schnell wieder. Das iranische Problem blieb ungelöst, aber das spielt keine Rolle, denn Trump hatte wahrscheinlich nicht vor, es zu lösen. Er musste aus einer komplexen internationalen Krise herausschlüpfen, ohne dass die innenpolitische Situation darunter litt.

Das Ukraine-Problem erweist sich als zu komplex, um seine Lösung einfach zu imitieren. Die verfügbaren Optionen für Trumps Verhalten sind nicht zufriedenstellend. Entweder er kehrt de facto zu Bidens Kurs zurück und behandelt den "fremden" Krieg als seinen eigenen, oder er zieht sich aus dem Prozess zurück und überlässt ihn anderen. Die erste Option ist eindeutig ungeeignet; die zweite erfordert eine revolutionäre Kehrtwende, zu der Trump nicht in der Lage ist.

Der US-Präsident versucht, sich aus diesem Dilemma zu befreien. Angekündigt wurden eine Abwälzung der Krise auf die europäischen Verbündeten (mit dem Versuch, sich finanzielle Vorteile zu verschaffen) und ein weiterer Schwenk im Rahmen von Trumps globalem Zollkrieg. Letzteres ist für ihn unvergleichlich wichtiger als alles andere.

Unabhängig davon, was Trump über den Ukraine-Konflikt denkt, wird er nicht direkt gegen den Mainstream vorgehen. Aber er wird versuchen, ihn auszumanövrieren und weiter "seitwärts zu driften". Moskau steht vor der Frage, wie es reagieren soll – mit Verständnis ("Trump tut, was er kann") oder mit Empörung (Wiederaufnahme der Waffenlieferungen an die Ukraine). Wie dem auch sei, die erste Phase der Interaktion mit Russland, die sechs Monate dauerte, endete ergebnislos. Es hat keinen Sinn, darüber zu spekulieren, wann die nächste Phase kommt und wie sie aussehen könnte.

Ăśbersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 16. Juli 2025 auf der Homepage der Fachzeitschrift "Russia in Global Affairs" erschienen.

Fjodor Lukjanow ist Chefredakteur von "Russia in Global Affairs", Vorsitzender des Präsidiums des Rates für Außen- und Verteidigungspolitik und Forschungsdirektor des Internationalen Diskussionsklubs "Waldai".

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Russland macht wichtigen Schritt zur Befreiung des Gebietes Saporoschje


Von Oleg Issaitschenko

Die russischen Streitkräfte haben die Siedlung Malinowka im Gebiet Saporoschje befreit. Andrei Beloussow, Russlands Verteidigungsminister, sprach den Militärangehörigen bereits seinen Dank für die Erfüllung ihrer Kampfaufgaben aus. Er merkte an, dass die Kämpfer unbeirrt vordringen und "Schritt für Schritt den Tag einer vollständigen Befreiung des Gebiets Saporoschje näherbringen."

Malinowka liegt etwa 17 Kilometer östlich der Stadt Guljajpole. Seit ihrer Gründung zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Siedlung als Turkenowka bekannt. Seinen gegenwärtigen Namen erhielt das Dorf im Jahr 1963, zu Sowjetzeiten betrug seine Bevölkerung 800 bis 900 Menschen.

Indessen haben Russlands Streitkräfte in der vergangenen Woche nach einem Vorstoß über den Grund des versandeten Stausees von Kachowka das ukrainische Militär aus Kamenskoje im Gebiet Saporoschje zurückgeschlagen. Wladimir Rogow, Mitglied der Gesellschaftskammer Russlands, merkte gegenüber der Zeitung Wsgljad an, dass die Befreiung des Dorfes von großer Bedeutung sein werde, weil dies im Abschnitt Stepnogorsk die letzte Siedlung auf dem Weg nach Saporoschje sei.

Was Malinowka angeht, ist seine Befreiung ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Befreiung von Guljajpole. Im Verbund mit den Erfolgen an anderen Frontabschnitten im Gebiet Saporoschje wird dies einen Zusammenbruch der ukrainischen Verteidigung im bisher besetzten Teil des Gebietes herbeiführen. Der Militäranalytiker Michail Onufrijenko merkt an:

"Malinowka liegt wenige Kilometer von der Stadt Guljajpole entfernt. Seine Befreiung schafft eine Bedrohung fĂĽr den dortigen ukrainischen Truppenverband."

Onufrijenko erinnert daran, dass Russlands Streitkräfte zuvor Marfopol besetzt haben. Somit eröffnen sich Wege in die ukrainische Flanke in Seljony Gai und Tscherwonoje. Der Experte erklärt:

"Die Aktionen der russischen Armee ermöglichen es, Guljajpole nicht nur von Süden her, sondern auch vom Osten her unter Druck zu setzen. Mit anderen Worten: Die ukrainischen Militärs riskieren, in einen Halbkessel zu geraten."

Gleichwohl werde die Operation auf einige Schwierigkeiten stoĂźen, fĂĽhrte Onufrijenko weiter aus:

"Dieser Frontabschnitt ist gut befestigt. Der Gegner baute noch vor dem Beginn seiner gescheiterten 'Gegenoffensive' im Sommer 2023 eine starke Verteidigung aus, die sich auf Orechowo und Guljajpole stĂĽtzte. In den folgenden zwei Jahren setzte er diese Arbeit fort.

Außerdem ist es wichtig, das Gelände zu berücksichtigen – hier beginnen die Dnjepr-Steppen. Eine Offensive wird oft im freien Feld mit immer selteneren Waldstreifen geführt werden müssen. Deswegen erscheint hier eine große Offensive der russischen Streitkräfte strategisch ungünstig. Es ist aber möglich, die gegnerischen Kräfte zu binden und einzelne befestigte Räume zu bedrohen, was unsere Kämpfer auch tun."

Wladimir Rogow fĂĽgt seinerseits hinzu:

"Was die Befreiung von Malinowka angeht, ist es tatsächlich eine wichtige Siedlung. Im informationellen Kontext ist es ein wichtiges Beispiel für die Eigenständigkeit der südrussischen Menschen. In militärischer Hinsicht ist es ein Stützpunkt, der unseren Vormarsch vom Süden und Osten her behindert hat.

Gerade nach Malinowka wurde eine große Menge ukrainischer Soldaten verlegt und Befestigungen aufgebaut, dank denen die gegnerische Verteidigung recht lange halten konnte. Nun erhalten unsere Kämpfer die Möglichkeit, nicht nur vom Süden oder Osten, sondern auch von Nordosten nach Guljajpole vorzurücken."

Laut Rogow sei Malinowka ein "Vorbote der künftigen Einkesselung von Guljajpole". Der Experte erklärt:

"Jetzt sind diese Konturen noch kaum bemerkbar. Doch man sollte verstehen, dass das Vorrücken in Richtung Tscherwonoje und Seljony Gai Vorstöße über besetzte Territorien des Gebietes Saporoschje ermöglichen wird. Dabei greifen unsere Jungs Guljajpole auch so recht präzise an."

Rogow betont, dass Guljajpole das wichtigste Element der ukrainischen Verteidigung in diesem Raum und bis vor kurzem das wichtigste Hub für Waffentransporte gewesen sei. Er erklärt:

"Insgesamt bleiben dem ukrainischen Militär noch drei größere Städte bis Saporoschje – Guljajpole, Stepnogorsk und Orechow."

Indes werden die russischen Militärangehörigen mit einer Reihe von Schwierigkeiten auf dem Weg zur Befreiung von Guljajpole stoßen, warnt der Experte. Rogow führt aus:

"Ein Vorrücken über die Steppe ist nie einfach, denn es gibt nichts, woran man sich 'festhalten' kann. Andererseits findet sich auch der Gegner unter solchen Bedingungen wieder. Ich vermute, dass wir eine weitere Spirale des Drohnenkriegs erleben werden. Und man sollte anerkennen, dass die Drohnenkomponente des ukrainischen Militärs in diesem Abschnitt am Dichtesten konzentriert ist."

AbschlieĂźend erinnerte Rogow an die ukrainische "Gegenoffensive" im Sommer 2023 und bemerkte:

"Zum GlĂĽck ist die Minendichte im Abschnitt Guljajpole viel geringer als bei Orechow, also sollte dieser Faktor den VorstoĂź fĂĽr uns etwas einfacher gestalten."

Ăśbersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei der Zeitung "Wsgljad" am 14. Juli 2025.

Mehr zum Thema - Donbass: Russische Truppen greifen wichtigste ukrainische Militärfestung an


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