Besucheransturm auf Soldatenfriedhof Halbe nach Polizeieinsatz â Grabkerzen erneut aufgestellt
Nach dem Skandal um mehrere tausend von der Polizei abgerĂ€umte Grabkerzen (RT DE berichtete) auf dem Waldfriedhof Halbe und andernorts kam es zum Neujahrsbeginn zu einer Lösung, die zwischen der Polizei und AfD-Landtagsabgeordneten ausgehandelt wurde. Dem Aufruf des AfD-Spitzenkandidaten bei den vergangenen Landtagswahlen, Dr. Hans-Christoph Berndt, folgend, kamen am Mittwochnachmittag zwischen 200 und 300 Personen zum Waldfriedhof und schmĂŒckten die KriegsgrĂ€ber mit LED-Kerzen teilweise wieder auf. Mit der vorherigen Aktion vom 21. Dezember, als im Zuge einer privaten Initiative des Telegram-Kanals "Waldfriedhof Halbe" und der reichweitenstarken Facebook-Gruppe "Deutschlands Kriege und seine Soldaten 1813-1945" circa 5.500 LED-Grabkerzen aufgestellt worden waren, hatte diese Initiative vom Mittwoch organisatorisch nichts mehr zu tun.
Wie in einem YouTube-Video zu sehen ist, waren dabei nur die Grabsteine in der Mitte der KriegsgrĂ€berstĂ€tte erneut geschmĂŒckt. Laut der Zeitung Junge Freiheit (JF) stöĂt die neue Aktion beim ursprĂŒnglichen Initiator auf gemischte GefĂŒhle. Ăber die Aktion der AfD am Neujahrstag sagte er: "Wir wollten nicht, dass es so kommt, denn wir wollten die Politisierung aus dem Gedenken herausnehmen. Wir wollen NormalitĂ€t erreichen." Er selbst und seine Freunde, mit denen er am 21. Dezember die Lichter verteilt hatte, seien der Aktion der Partei ferngeblieben. Man habe aber mit Menschen gesprochen, die bei der AfD-Aktion in Halbe dabeigewesen seien: "Wir sind begeistert, dass wir, wenn auch ĂŒber Umwege, trotz allem so viele Menschen erreichen konnten."
Der Mann sei parteilos und gehöre auch nicht dem "Volksbund Deutsche KriegsgrĂ€berfĂŒrsorge" an. Wegen einer möglichen politischen Verfolgung habe er weiterhin Sorge. "Wir haben das erreicht, was wir wollten: NormalitĂ€t. Ich möchte nicht angeprangert werden, weil ich trauere. Es muss ein Gedenken fĂŒr alle geben können â auch wenn man nicht zu einer politischen Abordnung gehört." Auf RT-Anfrage bestĂ€tigte der Initiator, dass "auch auf die russischen GrĂ€ber" Kerzen gestellt wurden.
Seit 2001 kĂŒmmert sich der "Volksbund Deutsche KriegsgrĂ€berfĂŒrsorge" um die Pflege des Friedhofs. Auf dem GelĂ€nde wurde im selben Jahr die Skulptur "Die Trauernde" des russischen Bildhauers Sergei Schtscherbakow enthĂŒllt. Die Errichtung der Skulptur geht auf die Initiative eines deutschen und eines ehemaligen sowjetischen Soldaten zurĂŒck, die sich 1945 im Kessel von Halbe gegenĂŒberstanden und ein Zeichen fĂŒr die deutsch-russische VerstĂ€ndigung und den Frieden setzen wollten.
AfD-Fraktionschef Dr. Hans-Christoph Berndt, der am 31. Dezember auf X zum Besuch des Friedhofs aufgerufen hatte, zeigte sich erfreut ĂŒber das zahlreiche Erscheinen. Am 1. Januar schrieb er auf X: "Auf den GrĂ€bern in Halbe leuchten wieder Lichter! Wir gedenken in Verbundenheit und Liebe unserer Toten". Die BĂŒrger seien von einem "spontanen Zorn ĂŒber die BerĂ€umung der GrĂ€ber" erfasst worden, sagte er in einem YouTube-Interview. Das sei wie eine Volksbewegung. "Wir bringen das im Sinne der Volksinitiative in Ordnung, um unsere Toten zu ehren", so Berndt. Er bedankte sich bei seinem Parteikollegen Daniel Freiherr von LĂŒtzow und der Polizei Brandenburg "fĂŒr die rasche KlĂ€rung anfĂ€nglicher Irritationen".
Auf den GrĂ€bern in Halbe leuchten wieder Lichter! Wir gedenken in Verbundenheit und Liebe unser Toten. Ich bin froh, dass heute so viele auf den Waldfriedhof kamen und ich danke Daniel von LĂŒtzow und der Polizei Brandenburg fĂŒr die rasche KlĂ€rung anfĂ€nglicher Irritationen. pic.twitter.com/4qudzjJGZg
â Dr. Christoph Berndt (@HCBerndt) January 1, 2025
Da der spontan angekĂŒndigte Friedhofsbesuch nicht angemeldet wurde, stand die Aktion bei der Polizei im Verdacht, eine Versammlung zu sein, was auf den Friedhöfen in Brandenburg nach rechtsradikalen AufmĂ€rschen in den 1990er Jahren verboten ist. Nach einer Besprechung mit mehreren AfD-Politikern lieĂen die Beamten die Menschen in kleinen Gruppen mit entsprechenden Auflagen aufs FriedhofsgelĂ€nde.
Der AfD-Landesabgeordnete und ehemalige Bundeswehrsoldat Daniel Freiherr von LĂŒtzow erklĂ€rte sein Engagement um die Ehrung der Kriegstoten mit einem Versprechen an seinen GroĂvater, der im Kessel von Halbe in sowjetische Gefangenschaft geraten sei. "Seine Kameraden liegen hier. Und er sagte: 'KĂŒmmere dich um das Gedenken.' Sie haben fĂŒrs falsche Regime gekĂ€mpft, aber sie haben gute Leistung gebracht", sagte der Politiker in einer Live-Schaltung auf YouTube. Er wies darauf hin, dass die AfD die einzige politische Kraft sei, die sich um das Thema kĂŒmmere. "Wir als AfD stehen fĂŒr Tradition und Werte. Wir wollen unsere Heimat erhalten", betonte er. Ihm zufolge sei es bei der Schlacht um Halbe nicht darum gegangen, das Regime zu stĂŒtzen, sondern 40.000 Zivilisten vor russischer Kriegsgefangenschaft zu bewahren.
Die Friedrich-Schiller-UniversitĂ€t Jena hat die Ereignisse auf dem Waldfriedhof Halbe um die Jahreswende mit einem ausfĂŒhrlichen Artikel kommentiert. Als Hauptmotiv fĂŒr die Ausbruchsversuche aus dem Kessel von Halbe nannten die Autoren die Angst des hohen MilitĂ€rs der eingekesselten Truppen mit General Theodor Busse an der Spitze vor sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Das Angebot einer Kapitulation lehnte er ab. Nach mehreren gescheiterten AnlĂ€ufen gelang es ihm am 1. Mai mit etwa 25.000 Soldaten und 5.000 Zivilisten, den Kessel zu durchbrechen und sich westwĂ€rts zur Elbe durchzuschlagen.
Der GroĂteil der eingeschlossenen Truppen â rund 120.000 Soldaten â geriet jedoch in sowjetische Gefangenschaft. Die heftigen KĂ€mpfe in den letzten Tagen des Krieges fĂŒhrten zu enormen Verlusten, deren genaue Zahl bis heute schwer festzustellen sei. Das Argument eines unpolitischen Gedenkens an die Kriegsopfer lieĂ die UniversitĂ€t nicht gelten. Auch bei den Kerzenaktionen gehe es um geschichtsrevisionistische Umdeutung der Ereignisse und ideologische Vereinnahmung, die am Ende nur Rechtsextremisten in die HĂ€nde spiele.
"Das scheinbar harmlose 'Gedenken an die Vorfahren' zielt auf eine Trennung der Ideologie des Nationalsozialismus von seiner politischen Praxis ab, zu der ganz zentral auch der Eroberungs- und Vernichtungskrieg gehört hat. Mit dieser Entpolitisierung des Krieges und seiner Handelnden soll eine unbeschwerte Identifizierung mit der deutschen Vergangenheit ermöglicht werden, die nur heroische Soldaten und unschuldige Opfer, aber keine Verbrecher und TÀter kennt", kritisierte die Bildungseinrichtung.
Ob und wann die LED-Kerzen von den Aktivisten der ursprĂŒnglichen Facebook-Initiative wieder aufgestellt werden, ist noch nicht bekannt. Auch ist noch unklar, ob der anonym gebliebene Initiator der Gruppe einer RT-Anfrage zu einem Kurzinterview zustimmen wird. "Bisher ist die Presse nicht unbedingt fair zu uns gewesen", antwortete er auf ein GesprĂ€chsangebot.
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Anna
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