Jude Law ĂĽber Putin-Rolle: Lernte Judo und versuchte, seine WidersprĂĽchlichkeit darzustellen


"Der Kreml-Dan-Brown" – so bezeichneten die Autoren des Magazins Forbes das Genre des Films "Der Magier im Kreml" nach dem gleichnamigen Roman von Giuliano da Empoli, dessen Premiere gerade auf den Filmfestspielen von Venedig stattfand.

Laut Teilnehmern des Filmmarktes war dieser Film sowohl bei Journalisten als auch bei Kritikern der meistdiskutierte. Kein Wunder, denn "Der Magier im Kreml" ist ein politischer Film ĂĽber Russland, der nicht den Anspruch erhebt, ein solcher zu sein, und daher die Russen als interessante, willensstarke Menschen und keineswegs als Monster zeigt.

Deshalb gab es im Vorfeld der Festivalvorführungen Proteste aus Kiew – die Ukrainer beschwerten sich ja auch vor ein paar Jahren bereits, als da Empoli sein Buch auf den Markt brachte. Damals störte sich Kiew an der allzu "menschlichen" Darstellung des russischen Präsidenten. Als dann nun für den Film auch noch der britische Kultschauspieler Jude Law die Rolle Putins übernahm, war das Maß voll.

Übrigens erklärte Law auf der Pressekonferenz der Filmfestspiele von Venedig, dass er keine Angst vor möglichen Konsequenzen hatte, als er die Rolle des russischen Präsidenten in dem Film des französischen Regisseurs Olivier Assayas annahm. Er merkte an:

"Ich hatte keine Angst vor den Konsequenzen. Ich fühlte mich in Oliviers Händen sicher und war überzeugt, dass diese Geschichte mithilfe dieses Drehbuchs auf intelligente Weise erzählt werden würde... Wir wollten keine Polemik als Selbstzweck."


Laut Jude Law hat ihn das Projekt vor allem wegen des durchdachten Drehbuchs und des Konzepts des Regisseurs gereizt. Bei der Ausarbeitung der Figur des russischen Präsidenten hat er dennoch nicht versucht, dessen Sprache zu kopieren, und "nicht mit russischem Akzent gesprochen". Da er jedoch dafür bekannt ist, nach der Stanislawski-Methode zu arbeiten, hat sich Law gründlich vorbereitet: Er hat wie Putin Judo trainiert und sah sich alle verfügbaren Videoaufnahmen aus der Zeit an, als Putin an die Macht kam. Dabei erwies es sich als äußerst schwierig, das Porträt des russischen Präsidenten zu schaffen. "Die Schwierigkeit war, dass die öffentliche Person, die wir sehen, fast keine Gefühle zeigt...", gesteht Law. "Ich spürte diesen Widerspruch: Ich wollte sehr wenig zeigen, aber gleichzeitig sehr viel fühlen und sehr viel von innen heraus vermitteln."

Und offenbar ist dieses Bild gelungen.

Wie das Branchenmagazin Variety schreibt, applaudierte das Publikum nach der VorfĂĽhrung des Films beim Filmfestival in Venedig etwa zehn Minuten lang. Entweder wegen der Kunstfertigkeit der Schauspieler und des Regisseurs oder wegen der Darstellung der Russen im Film.

"Der Magier im Kreml" ist ein Politthriller, der auf dem Buch des italienischen Schriftstellers Giuliano da Empoli basiert. Das Buch von da Empoli erschien 2022 und wurde von Bloomberg gleich in die Liste der besten Bücher des Jahres aufgenommen. Die Geschichte spielt in den 1990er Jahren, als der fiktive Politologe Wadim Baranow Berater des zukünftigen russischen Präsidenten Putin wird. Baranow weist dabei Ähnlichkeiten mit einer realen Person auf – dem ehemaligen Berater des Staatschefs, Wladislaw Surkow.
Baranow wird im Film von Paul Dano gespielt (der im Jahr 2016 die Rolle des Pierre Besuchow in der britischen Verfilmung von "Krieg und Frieden" ĂĽbernahm). AuĂźerdem ist Alicia Vikander in dem Film zu sehen. Das Magazin Forbes schreibt:

"Wie es im Westen üblich ist, wo das echte Russland längst durch Bären mit Balalaikas ersetzt wurde, versucht niemand auch nur ansatzweise, das Land mehr oder weniger glaubwürdig darzustellen. Dabei bleibt es nicht einmal bei den klassischen Klischees, sondern es kommt eine ganz eigene Vorstellung aller am Film beteiligten Personen von Russland zum Tragen. Wahrscheinlich fangen deshalb hier gleich nach der Ausfahrt aus Moskau 'die Wälder bis nach Sibirien an', Wadim Baranow wird aus irgendeinem Grund von allen 'Wadja' genannt, Gorbatschow trinkt Milch, Putin isst Brei, sein Umfeld scherzt über Flüge nach Pisa mit Ryanair (das kann man sich in der Präsidialverwaltung kaum vorstellen) ...
Jude Law spielt Wladimir Putin mit Zurückhaltung und stellt ihn als starken, selbstbewussten, wortkargen Herrscher dar, der nicht so einfach ist, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Dano mit seinem intelligenten Gesicht und seiner einschmeichelnden Stimme wird zum perfekten Darsteller und zu einem Menschen, der die ganze Welt an der Nase herumführen kann. Dabei sind sie die Einzigen, die sich auch der westlichen Propaganda widersetzen und endlich den USA, die tun, was sie wollen, eine starke Antwort geben können."


Trotz alledem ist der Film, wie Forbes anmerkt, "ziemlich lobend" ausgefallen – in Normalsprache bedeutet das, dass er in seiner Botschaft ziemlich nah an der Realität ist, in der die Russen nicht die vom Westen gezeichneten Monster sind. Und leisten schließlich ihm, dem Westen, ziemlich erfolgreich Widerstand.

Ăśbrigens zeigte sich Wladislaw Surkow selbst, als Journalisten ihn zuvor um einen Kommentar zu den Dreharbeiten zu diesem Film ĂĽber ihn baten, nicht gerade begeistert und antwortete knapp:

"Niemand ist gegen solche Dinge geschĂĽtzt."


Mehr zum Thema – Filmfestspiele Venedig: Jude Law spielt Putin in "Der Magier im Kreml"

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de.rt.com/international/254847…

"Schlimmster Albtraum des Westens" wird wahr


Von Wladimir Kornilow

Der "schlimmste Albtraum des Westens" entfaltet sich direkt vor unseren Augen. So titeln heute zahlreiche Medien anlässlich des Gipfels der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ). Dabei behaupten zahlreiche Kommentatoren direkt:

"Trump schafft mit eigenen Händen seinen schlimmsten Albtraum!"

Bemerkenswert ist der Entsetzensschrei aus dem Munde unseres alten Bekannten Michael McFaul, ehemaliger Botschafter der USA in Russland, auf X:

"Wie zur Hölle gelang es Trump, Modi so zu entfremden, dass er jetzt an einem Gipfel mit anderen Autokraten, Xi und Putin, teilnimmt? Mensch. Erst im letzten Jahr führten China und Indien Krieg gegeneinander!"

How in the hell did Trump so alienate Modi that he’s now attending a summit with autocrats, Xi and Putin? Geez.Just last year, China and India were at war with each other! Trump and team are just bad at diplomacy.
— Michael McFaul (@McFaul) August 31, 2025

Darin ist der ganze McFaul! Ein Krieg zwischen zwei Großmächten ist also laut seinem Kommentar ein Heil, was er nicht einmal durch diplomatische Hülsen zu vertuschen versucht!

Klar ist, dass Trumps Gegner gewohnheitsgemäß seine dämonische Rolle in allen Problemen des Westens verabsolutieren. Doch im Fall der Entfremdung Indiens, das bisher versucht hatte, sehr vorsichtig zwischen den geopolitischen Hauptpolen zu lavieren, spielte der US-Präsident zweifellos eine beträchtliche Rolle. Washington ließ Indien keinen Raum für Manöver, nachdem es Tarife gegen indische Waren in die äußerste Höhe trieb. Nicht umsonst erscheint heute die indische Zeitschrift Business Today mit einem Umschlag, auf dem Trump einen davonschreitenden indischen Elefanten am Schwanz festhält und ihn erfolglos zur Umkehr zu bringen versucht. Und erst recht nicht von ungefähr spricht Chinas Staatschef Xi Jinping davon, dass die Zeit gekommen sei, dass sich der Elefant und der Drache vereinen. Und was unseren russischen Bären angeht, so war er schon immer für eine solche Union!


Screenshot: Soziale Medien
Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass auf der Titelseite der heutigen Ausgabe der italienischen Zeitung Corriere della Sera Putin, Xi und Modi in Haltungen und Kleidern der Teilnehmer der Jalta-Konferenz von 1945 sitzen. Diese Konferenz bestimmte damals die Konturen der Nachkriegswelt. Länder des Globalen Südens haben gemeinsam mit Russland den Westen lange zur Schaffung einer auf Grundlage der Gleichheit gebauten multipolaren Welt aufgerufen, frei von kolonialen Traditionen und Gewohnheiten. Da der Westen, vor allem Europa, unsere freundschaftlich ausgestreckte Hand abschlug, werden wir unsere eigene Welt bauen.

Un evento simile avrebbe richiesto la dovuta attenzione dei media italiani, un serio sforzo di approfondimento politico-economico su 2/3 di mondo.INVECE, i giornaloni di lorsignori sprecano l'occasione abbandonandosi alle sciocchezze propagandistiche o ignorano del tutto (Rep). t.co/bjGUTtwJnd pic.twitter.com/LY7Q2BYdm5
— ItalianPolitica (@ItalianPolitics) August 31, 2025

Beachten Sie die unterschiedlichen Herangehensweisen. Die Staatschefs jener Länder, die jetzt in China zusammentrafen, sprechen einstimmig von der Notwendigkeit, einen Dialog mit dem Westen auf Grundlage des gegenseitigen Respekts aufzubauen. Wladimir Putin erklärte speziell vor dem Besuch in China, dass die gemeinsame Idee der SOZ in "Philosophie des Aufbaus, Offenheit für gleichberechtigte Zusammenarbeit, Nichtausrichtung gegen Drittländer" besteht.

Es ist klar, warum westliche Kommentatoren in Hysterie verfallen. Die New York Times schrieb darĂĽber heute recht offen:

"Der Gipfel und die Parade werden vor allem ermöglichen, dass Putin und Xi Jinping ihre engen Beziehungen bestätigen – eine Partnerschaft, die der Westen erfolglos zu zerstören versuchte."

Fügen wir an dieser Stelle hinzu: Es wird ihm auch nicht gelingen, sie zu zerstören! Im Gegenteil, die dreisten und pöbelhaften Ultimaten des Westens bringen unsere Länder nur näher zusammen und beschleunigen den unvermeidlichen Prozess der Bildung einer neuen Welt. Genau wie in Jalta im Jahr 1945 – insofern hat die westliche Presse recht.

Ăśbersetzt aus dem Russischen. Verfasst speziell fĂĽr RT am 31. August.

Wladimir Kornilow ist ein sowjetischer, ukrainischer und russischer Politologe, Geschichtswissenschaftler, Journalist, Schriftsteller und gesellschaftlicher Aktivist. Er ist der ehemalige Leiter der ukrainischen Filiale des Instituts der GUS-Staaten in Kiew und Leiter des Zentrums fĂĽr Eurasische Studien in Den Haag. Nach seiner scharfen Kritik am Euromaidan musste er aus der Ukraine flĂĽchten und arbeitet seit 2017 als Kolumnist bei Rossija Sewodnja. Er fĂĽhrt eine Telegram-Kolumne t.me/kornilov1968 zu aktuellen politischen Themen.

Mehr zum Thema – Gespräche zwischen Modi und Xi am Rande des SOZ-Gipfels


de.rt.com/international/254820…

Gedicht als Heldentat – durch die Röhre zum Gegner im Kursker Grenzgebiet


Von Marina Achmedowa

Moskaus Bürgermeister Sergei Semjonowitsch Sobjanin berichtet, dass sich derzeit 90.000 Moskauer in der Zone der militärischen Sonderoperation Russlands aufhalten – entweder als im Rahmen der Mobilmachung Ende 2022 zum Dienst Eingezogene oder aber unter Vertrag als Berufssoldaten beziehungsweise Freiwillige. Einer von ihnen ist der Freiwillige Iwan Kanaitschew, Rufname Kanai-Maschina (sehr ungefähr mit "Mach-gut-Meter-und-komm-durch-Maschine" zu übersetzen. Anm. d. Red.). Ich erfuhr im März von ihm, traf ihn aber erst jetzt. Im Krankenhaus, in das die Kämpfer nach der Befreiung der Stadt Sudscha im Gebiet Kursk gebracht wurden, traf ich seine Kameraden, die durch die "Röhre" gegangen waren, und in einem Krankenhauszimmer ließ man mich ein Gedicht anhören – hierzu wurde auf einem Smartphone ein Video abgespielt.

Der Bildschirm war von undurchdringlicher Schwärze erfüllt, und daraus ertönte eine heisere Stimme:

Die Liebe wankt, das Leben währt nicht ewig – doch Siegen singt man Ruhm noch Hunderte von Jahren.

Es kommt der Tag: Und dann gedenken auch unsre Enkel jener Greise, die, in die Schlacht gefahren,

Den Feind zu Staub zermahlten – ob nun unerschrocken oder aller Angst zum Trotz –,

Die nach dem Kampf von BrĂĽdern Abschied nahmen, die man vom Feld trug auf dem Schild hinfort,

Die Höllenvögel frisch noch im Gedächtnis, die uns zu sprengen flogen an und Flammen über uns zu bringen,

Als jeder schweigend dem Tod das Lächeln schenkte. Jedwedes Recht gebührt mir, an dies Gemetzel zu erinnern.

Nur träge Seelen gehen Kompromisse ein – doch ich warf dort die Zügel aus der Hand,

Um alle StĂĽrme zu durchstehen: Auf dass ich in dein Auge schauen kann.


In diesem Gedicht stachen die Worte hervor:

"Jedwedes Recht gebĂĽhrt mir, an dies Gemetzel zu erinnern."


Denn auf die Ausdauer-Erprobung in Form des Pipeline-Marsches folgte ja wahrhaftig ein Gemetzel, und jeder, der die "Röhre" durchgemacht hat, hat meiner Ansicht nach das Recht, nicht nur sich daran zu erinnern, sondern auch stolz auf seine Leistung zu sein.


Die Kämpfer, mit denen ich sprach, taten jedoch alles – hustend und mit Gesichtern, die von den Paraffinkondensaten aus dem Erdgas, die sich in die Wandungen der Röhre eingefressen hatten, immer noch schwarz waren –, um mir einzureden, dass sie eigentlich nichts Ungewöhnliches vollbracht hätten.


Teilnehmer der Operation "Potok". Aufnahmedatum unbekannt.

So sprach ich mit einem Dutzend Teilnehmern der Operation "Potok" (dt.: Strom beziehungsweise Strömung), und sie alle erzählten das Gleiche: "Man sagte uns, es muss sein, und wir gingen los."


Und jetzt, fast sechs Monate nach der "Röhre", beschloss ich, einen weiteren Kämpfer zu treffen und ihn zu fragen: "Hast du denn jetzt, nach gewisser Zeit, erkannt, dass die 'Röhre' eine Heldentat war?"

Iwan ist ein durchaus modern anmutender Großstadtbewohner, wie er im Bilderbuch steht – er trägt gern kurze Hosen und hat viele grelle Tätowierungen. Hätte ich so einen irgendwo in Moskau getroffen, in der Metro oder wo auch immer, wäre mir nie im Leben eingefallen, dass er im Krieg gekämpft haben oder erst recht durch die "Röhre" gegangen sein könnte. Wie er in den Krieg zog, beschrieb er sehr schlicht: Am 5. Juni 2022 ging er aus dem Haus – und begriff, auf der Straße stehend, dass er nach Donezk fahren müsse.

Eine solche Entscheidung hätte spontan wirken können, doch Iwan beobachtete die Ereignisse im Donbass seit dem Jahr 2014 genauestens – und die größte Entrüstung haben bei ihm die Todesfälle bei Kindern ausgelöst. Tief in seiner Seele wuchs also der Wunsch heran, dem ein Ende zu setzen.

Einer der Großväter Iwans, ebenfalls Iwan, hatte als Soldat im Großen Vaterländischen Krieg gekämpft, auch er hatte sich aus denselben Beweggründen freiwillig gemeldet; Iwans Vater seinerseits meldete sich freiwillig für Serbien, als Iwan vier Jahre alt war. Die Beweggründe waren auch bei ihm in etwa dieselben. Iwans Mutter blieb bei ihm und schaffte es, ihrem Sohn die Unerbittlichkeit des Wortes "müssen" zu erklären: Einmal wurde er krank und musste eine bittere Pille nicht bloß schlucken, sondern vorher auch noch zerkauen. Das Kind weigerte sich zunächst, aber seine Mutter sagte so unnachgiebig "es muss sein", dass er sofort verstand: Er musste kauen. Später erinnerte sich Iwan an diese Pille, als er zur Geburtstagsfeier eines Klassenkameraden eingeladen war und am selben Tag für einen Judo-Wettkampf trainieren musste. Und weinend vor Groll – worauf genau, verstand er selbst dabei nicht ganz – ging er zum Training.

"Lebt ein Mensch nur dafĂĽr, um dieses endlose 'mĂĽssen' zu erfĂĽllen?", frage ich ihn. "Wann soll er denn glĂĽcklich sein?"

Nach kurzem Nachdenken antwortete mir Iwan:

"Man sollte nicht versuchen, das Leben zu verstehen. Man muss versuchen, es so zu leben, wie … wie es sein muss. Ich zerbreche mir mit solchen komplexen Fragen nicht den Kopf – warum sollte ich meine Energie für sie verschwenden? Ich habe meinen Verantwortungsbereich, ich tue etwas in diesem Bereich, und Gott wird mich dabei begünstigen, so es denn sein Wille ist."

freedert.online/russland/22052…Auch sagt er, es wäre seltsam, wenn er wie manche Moskauer vor der Mobilmachung geflohen wäre: Denn sein Großvater ist nicht geflohen, und auch sein Vater ging nach Serbien, um seine Brüder zu beschützen.

So nimmt er die Flucht einiger Männer aus Russland im Jahr 2022 deutlich umfassender wahr denn als bloße Flucht: Schließlich sind diese Menschen nicht einfach geflohen. Sondern sie haben zum Beispiel ihre Eltern im Stich gelassen, die Gräber ihrer Großväter zurückgelassen – diese kann man schließlich nicht per Skype pflegen, man muss sich schon eigenhändig darum kümmern.


Schon wieder sagt er: "Man muss", und wieder frage ich mich: Ja, mal ehrlich, warum spüren er und Leute wie er wirklich diese Pflicht – andere aber nicht? So hake ich denn nach:

"Musstest du dich im Krieg noch weitere Male an die Pille von deiner Mutter mit dem 'mĂĽssen' erinnern?"

"Ja, und zwar bei Soledar, wo ich bitterböse fror. Es war dort im Dezember sehr kalt, ich dachte, mir würden die Zehen von den Füßen abfallen. Ich hatte Angst, einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen. Ich schlief jedoch ein – nur um wieder aufzuwachen, weil die Kälte mir die letzte Wärme aus den Nieren aussaugte. Und bin ja so ein Wärmeliebhaber ... Ich träumte, ich würde nach Hause kommen und jeden Tag in die Sauna gehen. Ich liebe die russische Banja so sehr, dass ich, falls ich nach dem Tod im Höllenfeuer lande, sogar dort eine Banja für mich finden werde."

Iwan kam von seinem dritten Einsatz nach Hause und ging dann in der Tat oft in die Sauna. Er hatte nicht vor, sich auch noch zu einem vierten Einsatz zu melden, und sagte allen, dass er mit dem Krieg fertig sei. Aber das ukrainische Militär griff das Gebiet Kursk an, und etwas in ihm sagte mit derselben unnachgiebigen Stimme: "Es muss sein." Er erinnert sich dann noch an die Sache mit der Pipeline:

"Sie fragten mich: 'Gehst du in die Röhre?' – Ich sagte: 'Wenn es sein muss, gehe ich.'"

Dann löchere ich ihn auf jede erdenkliche Weise mit Fragen, ob er es bereut. Denn: Na ja, ich weiß ja von anderen Kämpfern, wie es in der Röhre war. Ich ging in die Hospitäler. Ich habe dort erfahren, dass es dunkel, kalt, rutschig, stickig und unheimlich war. Die Leute dort waren dort vor lauter Sauerstoffmangel wie umnachtet und halluzinierten vor sich hin. Habe er sich denn da nicht gefragt: Warum sitzen einige, Männer Jahrgang 1989 wie er, jetzt irgendwo in einer leibhaftigen Moskauer Sauna und wärmen sich die Knochen – während er durch diese unheimliche Röhre krabbelt?

"Na, ich bin doch freiwillig hingegangen! Ja, die Röhre ist im Durchmesser nur einen Meter vierzig Zentimeter hoch. Ja, es ist kalt und rutschig dort. Und ich wusste auch nicht, ob ich da wieder rauskommen würde. Ich hatte auch Halluzinationen: Ich sah einen Säulenbogen und dahinter eine Weinrebe, dahinter glaubte ich eine Quelle zu sehen, aus der ich trinken konnte. Aber ich wusste, dass das ein Delirium war und es zu früh für mich war, in den Himmel zu fahren. Ich bin doch die 'Mach-gut-Meter-und-komm-durch-Maschine', verdammt. Und wenn mich das Vaterland dorthin geschickt hat, dann heißt das, ich bin einer der Besten. Unsere Waffenbrüder vollbringen immer noch Heldentaten, auch sie sind die Besten. Und ja, mir war in der Röhre – schon wieder – kalt! Ich bin hingefallen, habe mir den Kopf gestoßen und war wütend auf sie. Aber ich war nicht wütend auf diejenigen, die mich hineingeschickt hatten, und auch war ich deswegen nicht wütend auf mich selbst, dass ich hineingeklettert war."

"Wie du es so erzählst, klingt alles ganz einfach", sage ich. "Aber es war ja doch nicht einfach …"

Im Krankenhaus erzählten mir seine Kameraden, dass sie am sechsten Tag nicht mehr daran glaubten, überhaupt wieder aus dieser Erdgas-Pipeline herauszukommen. Sie saßen erschöpft am Ausgang und warteten auf den Befehl, herauszukommen. Und dann begann Iwan, der spürte, dass gerade alles schlecht war, in der Dunkelheit sein Gedicht vorzulesen. Und seine Stimme erweckte sie wieder zum Leben, gab ihnen Kraft und die Hoffnung, dass sie herauskommen würden – und dass der Tod sie vielleicht nicht jetzt, sondern später, vielleicht erst in vielen Jahren, ereilen würde. Und wenn es passiert – ja, dann werden sie wenigstens dorthin gelangen, wo ein weinrebenumrankter Bogen und eine lebendige Quelle dahinter auf sie warten werden. Iwan erklärt, woher er wusste, dass er ihnen das Gedicht vorlesen sollte:

"Ich erkenne die Soldaten an ihrem Atem, an ihrem Gang, an ihrem Schnarchen im Schlaf."

Es habe sich auch etwas geniert, denn er hatte es selbst verfasst, dazu noch ganz spontan: Es fiel ihm einfach – zack! – ein.

Und schließlich sagt er, was mache es für einen Unterschied, wo die anderen Männer des Jahrgangs 1989 so seien, wenn das Vaterland den Vertrag mit ihm unterzeichnet habe – und nicht mit ihnen?

"Es werden doch nicht alle als Kraftpakete geboren!", sagt er. Als sie aus dem Rohr kamen, sog Iwan tief die Luft ein – und war sofort wie betrunken, seine Beine gaben nach. Dann aber lief er los, im Schlangenzickzack, zum Sturm auf Sudscha. Wasser trank er zum ersten Mal nach der Röhre in einem Schützengraben, aus dem der Feind vertrieben wurde – aus einer Pfütze. Es war eine Tauschnee-Pfütze, und das Wasser schmeckte ihm gut, wie aus der Quelle, die er sich hinter dem weinumrankten Bogen vorgestellt hatte. Im Wasser waren Erde und Sand. Und so trank er, die Erde zwischen seinen Zähnen knirschend, und lief dann in Schlangenlinien weiter in den Sturm. Jetzt erzählt seine Mutter neuen Bekannten immer:

"Und mein Wanja war in der Röhre …"


Sie hat auch jedes Recht dazu – sie hat einen Helden geboren und ihm von seinem Vater die Bedeutung des Wortes "müssen" weitergereicht.

Übersetzt aus dem Russischen. Marina Achmedowa ist Schriftstellerin, Journalistin, Mitglied des Menschenrechtsrates der Russischen Föderation und seit Kurzem Chefredakteurin des Nachrichtenportals regnum.ru. Ihre Berichte über die Arbeit als Menschenrechtsaktivistin und ihre Reisen durch die Krisenregion kann man auf ihrem Telegram-Kanal nachlesen. Diesen Kommentar verfasste sie exklusiv für RT.

Mehr zum Thema – Die Bereitschaft der Freiwilligen zur Verteidigung Russlands durchkreuzt die Pläne des Feindes


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Bloomberg: Vermögen der reichsten Russen um mehr als 24 Milliarden US-Dollar gestiegen


Das Vermögen der reichsten russischen Unternehmer ist seit Jahresbeginn um 24,62 Milliarden US-Dollar gestiegen. Das geht aus dem von der US-Agentur Bloomberg veröffentlichten Bloomberg Billionaires Index hervor, der unter anderem auf der Grundlage des Aktienwerts von Unternehmen berechnet wird. Die Liste der russischen Milliardäre mit dem größten Vermögenszuwachs wird von Pawel Durow, Alischer Usmanow und Alexej Mordaschow angeführt. Die Zeitung Kommersant schreibt:

"Der Mitbegründer des Messengers Telegram, Pawel Durow, wurde zum Spitzenreiter beim Kapitalwachstum. Sein Vermögen stieg um 4,08 Milliarden US-Dollar, wodurch das Gesamtvermögen von Herrn Durow 15,1 Milliarden US-Dollar erreichte. Den zweiten Platz belegte Alischer Usmanow, Aktionär des größten russischen Eisenerzproduzenten Metalloinvest: Sein Vermögen stieg um 3,57 Milliarden US-Dollar auf 16,8 Milliarden US-Dollar.
Auch der GrĂĽnder des Metallurgieunternehmens Se
werstal, Alexei Mordaschow, konnte sein Vermögen deutlich steigern – um 3,53 Milliarden US-Dollar auf 26,6 Milliarden US-Dollar."


Allerdings reichen die russischen Milliardäre nicht ganz an ihre internationalen Kollegen heran. So belegt Wladimir Potanin, der laut Bloomberg reichste Mann des Landes, der im Nickelgeschäft tätig ist, nur Platz 69 der Weltrangliste. Die ersten Dutzend Milliardäre der Rangliste besitzen überwiegend die Staatsbürgerschaft der USA und Chinas.

Der Bloomberg Billionaires Index, der Informationen über die Vermögen der 500 reichsten Menschen der Welt enthält, wird seit März 2012 veröffentlicht. Der Index wird auf der Grundlage des Wertes der Aktien von Unternehmen berechnet, an denen Milliardäre Anteile halten. Für einige Unternehmen erfolgt die Berechnung auf der Grundlage des Verhältnisses ihrer Kapitalisierung zu EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization – also dem Gewinn des Unternehmens vor Abzug von Zinsaufwendungen, Steuern und Abschreibungen) oder des Verhältnisses des Aktienkurses zum Gewinn pro Aktie. Insgesamt umfasst das Bloomberg-Ranking die 500 reichsten Menschen der Welt, darunter derzeit 20 russische Staatsbürger, deren Gesamtvermögen sich zum 1. September auf 310,22 Milliarden US-Dollar belief.

Zuvor berichteten Medien, dass Moskau nach der Anzahl der US-Dollar-Milliardäre die zweitgrößte Stadt der Welt geworden sei. Gemäß dem Forbes-Ranking leben in Moskau derzeit 90 Personen mit einem Vermögen von über einer Milliarde US-Dollar. Nur in New York gibt es mehr Milliardäre. Bezeichnenderweise liegt Hongkong, das sich im vergangenen Jahr den zweiten Platz mit Moskau teilte, aufgrund des deutlichen Anstiegs der Zahl der Milliardäre in der russischen Hauptstadt nur noch auf dem dritten Platz.

Außerdem hat laut der Zeitschrift Forbes die Zahl der Milliardärinnen in Russland einen Rekordwert erreicht. Das Gesamtvermögen der zehn reichsten Frauen beträgt mehr als 19 Milliarden US-Dollar, so Forbes weiter. Bemerkenswert ist, dass die Zahl der Milliardärinnen in Russland im letzten Jahr einen Rekordwert von neun Personen erreicht hatte.

Mehr zum Thema - Rekrutieren, verpflichten, aufrĂĽsten: So macht Deutschland die Konzernbosse reicher

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de.rt.com/russland/254826-bloo…

Interner Bericht: ZugunglĂĽck von Garmisch-Partenkirchen auf Personalversagen zurĂĽckzufĂĽhren


Interne Ermittlungen der Deutschen Bahn zum Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen, auch als Zugunglück von Burgrain bekannt, am 3. Juni 2022 haben Medienberichten zufolge ergeben, dass "regel- und pflichtwidriges Verhalten" des örtlichen Personals für die Katastrophe ursächlich gewesen sei. Die beauftragte Anwaltskanzlei habe nach drei Jahren ihren Abschlussbericht vorgelegt, in dem diese Schlussfolgerung festgehalten ist.

"Der Unfall war die unmittelbare Folge regel- und pflichtwidrigen Verhaltens des vor Ort tätigen betrieblichen Personals", so die Deutsche Bahn in einer am Montag veröffentlichten Pressemitteilung. In der Untersuchung seien 60 Personen befragt und rund zehn Millionen Datenpunkte analysiert worden.

Bei dem UnglĂĽck entgleisten mehrere Doppelstockwagen eines Regionalzugs in einer Kurve. FĂĽnf Menschen starben dabei, 68 wurden verletzt.

Als unmittelbare Unfallursache werden schadhafte Betonschwellen am Unglücksort angegeben. Wegen chemischer Reaktionen im Inneren des Stahlbetonkerns haben sie ihre Tragfähigkeit verloren. Dies sei den Verantwortlichen der DB Netz bekannt gewesen, ohne dass sie Maßnahmen – etwa eine Streckensperrung anzuordnen – ergriffen hätten.

Auch die damals ressortverantwortlichen Vorstandsmitglieder sollen Verantwortung für das Unglück tragen, heißt es in dem Bericht. Die zum Unglückszeitpunkt zuständige Bahn-Tochter DB Netz habe nur unzureichend auf umfangreiche Erkenntnisse zu schadhaften Betonschwellen reagiert.

Die Gewerkschaft Deutscher LokomotivfĂĽhrer (GDL) war schon in ihrem bereits Ende Juli 2022 vorgelegten Ermittlungsbericht zum nahezu wortgleichen Ergebnis gekommen.

Die Bahn erklärte in ihrer Mitteilung, alle risikobehafteten Schwellen würden präventiv ausgetauscht ‒ bis heute zwei Millionen Schwellen. Weitere Infrastrukturbereiche sollen auf ähnliche Herausforderungen wie bei den Schwellen geprüft werden. Außerdem habe die Bahn "umfangreiche Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen zur Risikosensitivität" durchgeführt.

Im Oktober beginnt vor dem Landgericht München der Prozess gegen zwei Bahnmitarbeiter. Die Staatsanwaltschaft München II beschuldigt sie der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung.

Mehr zum Thema – Untersuchung zum Bahnunglück in Burgrain: Vermeidbar, aber die Bahn investiert lieber in US-Trucks

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de.rt.com/inland/254860-intern…

Fonds-Chef: Russische Bankkarten in Zukunft im Ausland häufiger akzeptiert


Karten russischer Banken werden im Ausland zeitnah häufiger akzeptiert werden, erklärte Kirill Dmitrijew, Leiter des Russischen Fonds für Direktinvestitionen (RDIF), gegenüber Journalisten. Seinen Angaben zufolge sei das auf die zunehmende Integration der SOZ-Länder zurückzuführen. Möglicherweise wird die durch westliche Sanktionen verursachte Isolation des Bankensystems bald ein Ende haben. Seinen Worten zufolge wirken sich die Prozesse in der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit direkt auf das Leben der Bürger Russlands aus: Die Infrastruktur für Zahlungen wird ausgebaut, gemeinsame Mechanismen für die Investitionstätigkeit und die wirtschaftliche Zusammenarbeit werden geschaffen. Dmitrijew merkte an:

"Die Integration der SOZ-Länder hat sehr positive Auswirkungen auf die Russen, da russische Kreditkarten im Ausland häufiger akzeptiert werden und gemeinsame Projekte schneller voranschreiten werden."


Zudem erklärte Dmitrijew, dass nach dem aktuellen Gipfeltreffen in Tianjin die wirtschaftliche und investitionsbezogene Zusammenarbeit der SOZ-Mitgliedstaaten deutlich zunehmen werde. Ferner stellte er die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten der Organisation der "zerstörten westlichen Welt" gegenüber.

Er erinnerte daran, dass der russische Präsident Wladimir Putin vorgeschlagen hatte, ein einheitliches Zahlungssystem für die SCO-Mitgliedstaaten zu schaffen. Laut dem Leiter des Russischen Fonds für Direktinvestitionen befasst sich die Bank von Russland bereits mit dieser Initiative, und die Aufsichtsbehörde werde in Kürze konkrete Lösungen vorlegen. Somit könnte die Entwicklung der Zahlungsinfrastruktur innerhalb der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit ein wichtiger Schritt zur Schaffung alternativer globaler Finanzinstrumente sein, die von westlichen Systemen unabhängig sind.

Nach der Verhängung zahlreicher Sanktionen durch westliche Länder, dem Rückzug der Zahlungssysteme Visa und Mastercard und der Trennung russischer Banken vom internationalen SWIFT-System haben die Russen Probleme mit grenzüberschreitenden Zahlungen. Selbst eine Urlaubsreise ins Ausland wird nun zu einer Herausforderung. Wenn man den Aussagen von Kirill Dmitrijew Glauben schenkt, wird sich die Situation bald verbessern.

Mehr zum Thema - Wiederaufleben der Blockfreien Bewegung – geopolitische Niederlage des Westens

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FPÖ: Keine Extrahilfen mehr für Asylwerberfamilien – Sparpaket beendet "falsche Anreize" im System


Die Salzburger Landesregierung hat zum 1. September drei Familienleistungen fĂĽr Asylwerber gestrichen.

Damit endet nach den Worten von Landeshauptfrau-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPĂ–) die "finanzielle Willkommenskultur".

KĂĽnftig erhalten Asylwerber nur noch die gesetzlich vorgeschriebene Grundversorgung.

Betroffen sind folgende Förderungen: die Mehrlingshilfe (700 Euro pro Kind), die Hilfe für werdende Mütter (300 oder 600 Euro) sowie die Notfallhilfe für Familien (bis zu 3.000 Euro).

Bislang konnten diese Gelder unabhängig vom Aufenthaltsstatus beantragt werden. Rund 270.000 Euro jährlich flossen zuletzt in diese Schienen.

Svazek betonte, die Familienförderung des Landes sei "kein weiterer Willkommensbonus":

"Die Familienförderung des Landes ist kein weiterer Willkommensbonus. Wir stellen damit klar, dass dieses Geld tatsächlich für Salzburger Familien gedacht ist."


Die KĂĽrzungen sind Teil eines umfassenderen Sparkurses, mit dem im Bereich Soziales und Gesundheit bis zu 89 Millionen Euro eingespart werden sollen.

Kritik kommt von der KPÖ Plus, die der FPÖ "Versagen bei Pflege und Kinder- und Jugendhilfe" vorwirft und die Maßnahme als "Ablenkungsmanöver" bezeichnet.

Mehr zum Thema - Syrische Demonstration in Wien gerät außer Kontrolle


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Die Schweiz lebt bereits nach EU-Regeln – ein Beitritt ist unnötig


Von Hans-Ueli Läppli

Nach Trumps 39-Prozent-Zöllen flammt die Debatte über einen EU-Beitritt der Schweiz erneut auf, befeuert von grünliberalen Kräften und dem radikal linken Flügel der SP.

Wer jedoch die Emotionen beiseiteschiebt und die Fakten nüchtern betrachtet, erkennt schnell: Die Schweiz ist längst de facto Teil der Europäischen Union, auch ohne formale Mitgliedschaft. Durch die Bilateralen, die Umsetzung von EU-Recht und die weitgehende Orientierung an Brüsseler Vorgaben ist die Schweiz fest im europäischen Binnenmarkt verankert.

Ein offizieller Beitritt würde an dieser Realität wenig ändern, dafür aber die letzten Reste der politischen und wirtschaftlichen Eigenständigkeit aufs Spiel setzen.

Die stille Integration


Der eigentliche Wendepunkt liegt im Jahr 2000, mit den Bilateralen I. Mit diesen Abkommen gab die Schweiz wesentliche Teile ihrer Souveränität auf, öffnete Arbeitsmarkt und Wirtschaft und übernahm zahlreiche technische Normen.

Seither orientieren sich Unternehmen und Behörden zunehmend an EU-Vorgaben. Medizintechnik, Lebensmittelstandards, Arbeitsrecht und Energiepolitik: In vielen Bereichen bestimmen Brüsseler Vorschriften den Alltag in der Schweiz, ohne dass die Bürger offiziell über einen Beitritt abgestimmt hätten.

Die Anpassung an EU-Normen erfolgt oft freiwillig, aus Pragmatismus. Unternehmen sichern sich so den Marktzugang und die internationale Zusammenarbeit, während Behörden rechtliche Klarheit schaffen.

Dieses Vorgehen hat die Schweiz tief in das europäische System integriert, unabhängig davon, ob neue Verträge ratifiziert werden oder nicht. Selbst ein Nein zu einem neuen Rahmenabkommen würde daran wenig ändern.

Ökonomisch betrachtet sind die Vorteile der EU-Verträge für die Schweiz begrenzt. Die Wirtschaftspolitik wird zentraler und weniger flexibel, Entscheidungen müssen zunehmend an EU-Vorgaben ausgerichtet werden. Selbst für viele EU-Mitgliedsstaaten bleibt der Binnenmarkt eine theoretische Konstruktion, geprägt von zahlreichen Ausnahmen und Sonderregelungen.


Die stille MachtĂĽbernahme: EU-Normen in der SchweizRT
Zuwanderung ist ein zentraler Treiber dieser Dynamik. Die Personenfreizügigkeit fördert Beschäftigung und Wachstum, belastet jedoch insbesondere Staatsapparat, Bildungs- und Gesundheitswesen sowie Pendler und Wohnungssuchende. Mehr Zuwanderung bedeutet nicht automatisch höhere Produktivität. Gleichzeitig profitieren Nutznießer wie Universitäten oder der Immobilienmarkt erheblich. Der wirtschaftliche Gewinn verteilt sich ungleich und kann daher nicht als pauschale Rechtfertigung für weitergehende Abkommen herhalten.

Juristische Unterordnung

Die Integration zeigt sich noch deutlicher auf juristischer Ebene. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheidet bereits über zentrale Rechtsfragen, die auch die Schweiz betreffen. Künftige Schiedsgerichte können seine Auslegungen verbindlich übernehmen, wodurch die Schweiz faktisch die Kontrolle über die Interpretation des übernommenen EU-Rechts verliert.

Die Bindung an die EU hat auch geopolitische Dimensionen. Deutschland zeigt, dass politische Rechte unter Druck geraten können, wenn die Union Druck ausübt. Gleichzeitig bleibt die EU ein Konfliktakteur, insbesondere mit Blick auf die Ukraine. Für die Schweiz bedeutet eine stärkere Anbindung an Brüssel, dass sie bei internationalen Spannungen in Rollen gedrängt wird, die sie politisch nicht gewählt hat.

Mit EU-Verträgen würde die Schweiz zudem ihre Flexibilität verlieren, wie sie im Verhältnis zu den USA mehrfach unter Beweis gestellt hat. Binnenmarkt-Vorschriften binden sie eng an Brüssel und verhindern eigenständige politische Reaktionen. Die politische Selbstbestimmung bleibt damit der größte Vorteil, den ein formaler EU-Beitritt gefährden würde.

Die Bilateralen sichern der Schweiz bereits heute den Zugang zum Binnenmarkt, die Kooperation in Forschung und Wissenschaft sowie wirtschaftliche Stabilität. Ein formaler Beitritt wäre symbolisch und würde kaum wirtschaftlichen Mehrwert bringen. Die Schweiz kann ihre Integration in Europa nutzen, ohne Mitglied zu sein, und dabei die Kontrolle über ihre Politik weitgehend behalten.

Ein Nein zu neuen Verträgen bedeutet keine Abkehr vom bisherigen Kurs, sondern die Bestätigung einer pragmatischen, souveränen Position. Die Schweiz bleibt ein verlässlicher Partner für die EU, entscheidet aber weiterhin selbst, wie viel Souveränität sie abgibt.

Mehr zum Thema – Hunger im Land der Superreichen: Jeder sechste US-Bürger betroffen


de.rt.com/meinung/254853-eu-re…

Medien: Gazastreifen wird "Treuhandgebiet mit Smart Cities" unter Verwaltung der USA


Anfang Februar erklärte US-Präsident Donald Trump in Anwesenheit des israelischen Premiers vor Journalisten in Washington, dass laut seinen Vorstellungen die Vereinigten Staaten die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen werden, bezeichnete dabei den Gazastreifen als "Abrissgebiet", das saniert werden müsse. Die Washington Post zitiert Inhalte eines aktuellen Strategiepapiers der US-israelischen Organisation "Gaza Humanitarian Foundation (GHF)", laut denen die Trump-Regierung "und internationale Partner" Vorschläge zum Aufbau einer "'Riviera des Nahen Ostens' auf den Trümmern Gazas" präzisieren. Der Plan sei unter anderem "die Kontrolle der USA zu etablieren" und "freiwillig ausreisende" Palästinenser mit "einer Barzahlung und weiteren Zuschüssen" zu überzeugen. Die GHF-Stiftung gilt als umstritten.

Der "exklusive", sehr lange und ausfĂĽhrliche Washington Post-Artikel (Bezahlschranke) stellt die GHF-Unterlagen als "Diskussionspapier" vor. Dazu heiĂźt es:

"Der 38-seitige Prospekt, den die Washington Post eingesehen hat, sieht zumindest eine vorübergehende Umsiedlung der gesamten Bevölkerung von Gaza mit mehr als 2 Millionen Einwohnern vor, entweder durch eine sogenannte 'freiwillige' Ausreise in ein anderes Land oder in begrenzte, gesicherte Zonen innerhalb des Gebiets während des Wiederaufbaus."

Um Landbesitzer und Restbewohner final dazu zu bewegen, die Region zu verlassen, würden finanzielle und materielle Anreize offeriert. So heißt es wörtlich:

"Bewohner würden vom Trust einen digitalen Token als Gegenleistung für die Rechte zur Sanierung ihres Grundstücks erhalten, der zur Finanzierung eines neuen Lebens an einem anderen Ort verwendet oder schließlich gegen eine Wohnung in einer von sechs bis acht neuen 'KI-gestützten Smart Cities' eingelöst werden könnte, die in Gaza gebaut werden sollen."

Jeder bereitwillige Palästinenser, "der sich für die Ausreise entscheidet", würde laut den Plänen und Vorstellungen in Washington eine Barzahlung "in Höhe von 5.000 Dollar sowie Zuschüsse zur Deckung der Mietkosten für vier Jahre an einem anderen Ort und für Lebensmittel für ein Jahr erhalten", so die dystopische ausgearbeitete Theorie, konzipiert demnach laut Washington Post von der von den USA unterstützten Privatstiftung GHF. Die Organisation gilt als undurchsichtig. So berichtete sogar die ARD-Tagesschau Ende Mai dieses Jahres:

"Gaza Humanitarian Foundation: Was steckt hinter der Stiftung? [...] Auch im Internet hat die Stiftung keine Homepage. Interviewanfragen bleiben ohne Antwort. Ebenso undurchsichtig sei die Finanzierung der Organisation, sagt Julie Billaut, Professorin und Expertin für humanitäre Hilfe am Genfer Graduate Institute für Internationale Studien: 'Angeblich soll die Bank Goldman Sachs für die Finanztransaktionen zuständig sein', sagt Billaut. 'Es ist wirklich eine Art Büchse der Pandora. Je weiter man nachforscht, desto mehr stellt sich die Frage, was an dieser Organisation humanitär sein soll'."

Der WP-Artikel erklärt nun zu den verantwortlichen Autoren der theoretischen Verdrängungspläne von Palästinensern:

"Der Vorschlag mit dem Namen 'Gaza Reconstitution, Economic Acceleration and Transformation Trust' (GREAT Trust) wurde von einigen der gleichen Israelis entwickelt, die auch die von den USA und Israel unterstützte Gaza Humanitarian Foundation (GHF) ins Leben gerufen haben, die derzeit Lebensmittel innerhalb des Gebiets verteilt. Die Finanzplanung wurde von einem Team übernommen, das zu dieser Zeit für die Boston Consulting Group tätig war."

Dazu heiĂźt es am 28. Juni erneut bei der Tagesschau:

"Die von den USA unterstützte Privatstiftung "Gaza Humanitarian Foundation" (GHF), die im Gazastreifen Verteilzentren für Hilfsgüter betreibt, ist höchst umstritten. Immer wieder werden Palästinenser erschossen, die zu den Zentren kommen, um Lebensmittel zu erhalten. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) wirft der GHF deshalb vor, Hilfsbedürftige in 'Todesfallen' zu locken. Sie forderte ein Ende der umstrittenen Hilfsmaßnahmen."

Die WP-Quellen leiteten die Unterlagen nur "unter der Bedingung der Anonymität zu diesem sensiblen Thema" weiter. Das Weiße Haus reagierte demnach nicht auf die WP-Anfrage zu den Inhalten und verwies an das Außenministerium, "das sich jedoch nicht dazu äußern wollte".

Bezogen auf eine aktuelle Pressekonferenz zum Thema Gaza am vergangenen Mittwoch im Oval Office, in Anwesenheit von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, "der einen Großteil der Initiativen des Präsidenten in seiner ersten Amtszeit im Nahen Osten betreute und umfangreiche private Interessen in der Region hat", wurden keine Ergebnisse der Sitzung "oder politische Entscheidungen bekannt gegeben". Dazu heißt es im WP-Artikel weiter:

"Es ist unklar, ob der detaillierte und umfassende Vorschlag von GREAT Trust den Vorstellungen von Trump entspricht. Zwei mit der Planung vertraute Personen gaben jedoch an, dass wichtige Elemente des Plans speziell darauf ausgerichtet seien, die Vision des Präsidenten von einer 'Riviera des Nahen Ostens' zu verwirklichen."

Die Umsetzung der Planspiele sei "laut Prospekt 'nicht auf Spenden angewiesen'", so die WP-Redaktion. Stattdessen würde der Wiederaufbau der vollkommen zerstörten Region "durch öffentliche und private Investitionen in sogenannte 'Megaprojekte' finanziert, darunter Elektrofahrzeugwerke, Rechenzentren, Strandresorts und Hochhauswohnungen".

Die in dem Konzeptpapier enthaltenen vorläufigen Berechnungen gehen demnach "von einer fast vierfachen Rendite auf eine Investition von 100 Milliarden Dollar nach 10 Jahren aus", zudem verlockend für potenzielle Investoren "mit laufenden 'selbstgenerierenden' Einnahmequellen".

Laut Schätzungen der Vereinten Nationen, wird mittlerweile davon ausgegangen, dass rund 90 Prozent der Häuser in dem anvisierten Gebiet zerstört wurden. Die dringlichste Frage laute nun laut WP-Artikel, "was mit der Bevölkerung von Gaza geschehen soll", während das Gebiet wieder aufgebaut werden soll, "und wer es in Zukunft regieren wird, unabhängig davon, welcher Plan angenommen wird".

Mehr zum Thema - Gaza-Plan: Trump versucht, Lage im Nahen Osten komplett zu verändern


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