Joachim Gauck: "Putin muss erkennen, dass er diesen Krieg nicht gewinnen kann"


Der Journalist Philipp Sandmann, ein ehemaliger politischer Korrespondent für den deutschen Fernsehsender n-tv, erkannte für sich die Notwendigkeit, den Bundespräsidenten a.D. Joachim Gauck "exklusiv" für seinen Substack-Blog zu interviewen. Gauck zeige sich "mit Blick auf ein gerechtes Ende" des Krieges in der Ukraine "skeptisch", so der Journalist einleitend in seinem Interviewartikel. Zudem fordere der gut dotierte Politpensionär von den Deutschen eine "neue Ernsthaftigkeit" zum Thema der Unterstützung der Ukraine.

Zur einleitenden Frage, ob Gauck persönlich davon ausgehe, dass das Jahr 2025, "mit der Unterstützung von US-Präsident Donald Trump", das Ende des Krieges in der Ukraine bringen könnte, erklärt Gauck:

"Ich sehe die Chance auf ein Ende dieses Krieges – aber nicht notwendigerweise auf ein gerechtes Ende. Denn es wird kein Frieden sein, wenn Russland das bekommt, was es mit Gewalt erzwingen will. Dann sprechen wir nicht von Frieden, sondern von Unterwerfung."

Es bestünde jedoch die Gefahr, dass sich "die Vereinigten Staaten unter Präsident Trump aus der Verantwortung zurückziehen". Dies würde unmittelbar bedeuten, dass Washington "dem Aggressor nachgeben und das Opfer zum Nachgeben zwingen" würde. Die damit verbundene Entwicklung laute für Gauck, dass die USA "die Idee der Freiheit verraten – und zugleich die Prinzipien preisgeben, auf denen sie gegründet wurden". Die eindeutige Kritik am US-Präsidenten lautet:

"Wer Opfer und Täter verwechselt, verliert den moralischen Kompass – und lädt den Vormarsch der Gewalt ein."

Zur Rolle des russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärt der Träger des "Großen Verdienstkreuzes mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland":

"Ein echter Friede wird nur möglich sein, wenn Putin erkennt, dass er diesen Krieg nicht gewinnen kann – militärisch nicht, wirtschaftlich nicht, politisch nicht. Dazu braucht es Stärke, nicht Beschwichtigung."

Gauck habe daher die große Sorge, dass, ausgehend von der jüngsten Politik Washingtons, Europa und Deutschland "erneut in den alten Reflex zurückfallen: in das Prinzip Hoffnung". Dazu erklärt er im Interview:

"Dass wir wieder glauben, mit guten Worten und zurückhaltender Diplomatie allein ließe sich ein imperialer Machtwille stoppen. Der Westen war lange blind für Putins Agenda. Wir hörten seine Worte, aber wir wollten sie nicht ernst nehmen. Wir sahen die Truppenbewegungen, aber wir hielten am 'Business as usual' fest. Und jetzt – da sich Amerika unter Trump weiter zurückzieht – spüren wir schmerzhaft, dass wir sehr viel mehr tun müssen, um für unsere Sicherheit einzustehen."

In bekannter, regelmäßiger Manier erfolgt dann die anmahnende Kritik des Bundespräsidenten a.D. an die Bürger Deutschlands:

"Was mich besorgt, ist nicht allein die militärische Schwäche, sondern die mentale: Dass wir nicht ausreichend vorbereitet sind – nicht nur technisch, sondern emotional, moralisch, politisch. Wir brauchen eine neue Ernsthaftigkeit. Denn Russlands Krieg gegen die Ukraine ist mehr als ein regionaler Konflikt. Es ist ein Angriff auf unser Verständnis von Freiheit, Völkerrecht und Menschenwürde."

Der Ex-n-tv-Mitarbeiter möchte dann noch erfahren, "wird Europa – wird Deutschland – nun endlich handeln müssen?". Dazu führt Gauck in gefürchteter, politischer "Wir-Auslegung" aus:

"Wir werden handeln müssen. Wir haben schlicht keine andere Wahl mehr. Die westliche Allianz, die uns geschützt hat, ist seit Donald Trump nicht mehr verlässlich. Wer das nicht erkennt, verwechselt Gegenwart mit Vergangenheit. Und wer aus dieser Erkenntnis nicht die Konsequenz zieht, handelt fahrlässig."

Für den 85-jährigen Theologen sei abschließend, unmissverständlich klar:

"Aufrüstung ist kein Tabu mehr, sondern Notwendigkeit. Wehrfähigkeit ist kein Relikt der Vergangenheit, sondern Ausdruck einer wachen Demokratie. Und Solidarität mit der Ukraine ist keine Option, sondern ein Gebot der Gerechtigkeit. Ich weiß, dass viele Menschen sich nach Frieden sehnen. Aber echter Frieden entsteht nicht durch Wegsehen, sondern durch Standhalten. Wir müssen friedfertig bewaffnet sein. Nur dann sind wir glaubwürdig. Nur dann schützen wir, was wir lieben."

Im Februar 2023 erläuterte Gauck bereits in einem Gespräch mit der Zeit seine Ansicht, dass der "Verteidigungskampf der Ukraine" mit weiteren Lieferungen von Militärgerät massiv gestärkt werden müsse (Bezahlschranke). So legte er wörtlich dar:

"Ich bin realistisch genug, um zu ahnen, dass die Reserven, über die Putin verfügt, den Krieg auch zu seinen Gunsten entscheiden könnten. Doch das erhöht nur meine Entschlossenheit, dafür zu werben, die Ukraine entschieden zu unterstützen. Ich hoffe, dass es gelingt, sie weiter zu stärken. Einen gewissen Ausgleich zu schaffen gegen diese Reserven, über die Putin verfügt."

Im Jahr 2014 lautete sein ResĂĽmee zum Thema Russland bei seiner Rede der "Gedenkfeier zum deutschen Ăśberfall auf Polen 1939":

"Nach dem Fall der Mauer hatten die Europäische Union, die NATO und die Gruppe der großen Industrienationen jeweils besondere Beziehungen zu Russland entwickelt und das Land auf verschiedene Weise integriert. Diese Partnerschaft ist von Russland de facto aufgekündigt worden […] Weil wir am Recht festhalten, weil wir es stärken und nicht dulden, dass es durch das Recht des Stärkeren ersetzt wird, stellen wir uns jenen entgegen, die internationales Recht brechen, fremdes Territorium annektieren und Abspaltung in fremden Ländern militärisch unterstützen."

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ÖPNV in Russland am Scheideweg: Aufbruch in die Zukunft oder weiter vernachlässigt?


Von Alexej Danckwardt

Die Sowjetunion vererbte bei ihrem Zerfall Russland und den anderen Republiken hochentwickelte öffentliche Verkehrssysteme in nahezu allen Großstädten des Landes. In 13 Städten funktionierte die Metro, in einer weiteren (Dnjepropetrowsk) stand sie kurz vor der Eröffnung. In 116 Städten fuhr die Straßenbahn, in 146 der O-Bus. Es gab weitergehende Pläne: Hätte das Land überlebt, gäbe es die Metro heute zusätzlich in Donezk, Krasnojarsk, Odessa, Omsk, Riga, Rostow am Don, Tscheljabinsk und Ufa. Das Schicksal wollte es anders, tatsächlich gebaut wurden nach 1991 nur die Metros von Almaty (Alma-Ata) und Kasan.

Unter den Bedingungen des Kapitalismus und der Krisen der Umbruchjahre wurde zunächst zwei Jahrzehnte lang fast überall auf Verschleiß gefahren. Von der rühmlichen Ausnahme Weißrusslands abgesehen, litt der öffentliche Nahverkehr überall im postsowjetischen Raum unter Unterfinanzierung, Überalterung des Fuhrparks und Verfall aller Anlagen. In Almaty, Baku, Jerewan, Taschkent und Tbilissi – alles Hauptstädte mit mehr als einer Million Einwohner – verschwand die Straßenbahn schließlich ganz, Aserbaidschan und Georgien entledigten sich komplett ihrer einst zahlreichen und blühenden O-Bus-Betriebe.

Auch in Russland nahm man den ÖPNV nicht mehr als öffentliche Daseinsvorsorge und staatliche Pflichtaufgabe wahr, sondern als Geschäftsfeld wie jedes andere, auf dem "die unsichtbare Hand des Marktes" alles regeln sollte.

Trauriger Tiefpunkt war im Jahr 2009 die schlagartige Schließung und Zerstörung des großen Tramnetzes in der Millionenstadt Woronesch, einst Vorzeigebetrieb. Das chronisch unterfinanzierte Nahverkehrsunternehmen hatte Schulden beim Stromversorger angehäuft und musste Insolvenz anmelden. Das Gericht behandelte den Betrieb wie jeden kommerziellen Bankrotteur und verkaufte Depots und Wendeschleifen einzeln an Immobilienhaie. Stadt, Region und Regierung in Moskau sahen dem beispiellosen Treiben tatenlos zu. Die Folgen spüren die Einwohner von Woronesch bis heute: Stress in Staus und überfüllten Bussen, schlechte Luftqualität, Verkehrschaos.

Ähnlich vor die Wand gefahren und stillgelegt wurden durch Nachlässigkeit und Willkür der Behörden die Straßenbahnen in Archangelsk, Astrachan, Rjasan und Twer sowie einige kleinere Betriebe. In anderen Städten wurden die Netze reduziert, überlebten aber. Positiv zu erwähnen sind Wolgograd, Perm, Samara und Jekaterinburg, wo es keine Stilllegungen gegeben hat. Von 74 Straßenbahnsystemen, die es in Russland im Jahr 1992 gegeben hat, sind heute 63 in Betrieb. Nicht mitgerechnet sind dabei die Straßenbahnen im wieder russischen Donbass, wo es nach 2014 bürgerkriegsbedingte Verluste gegeben hat.

Das Umdenken setzte erst vor etwas mehr als zehn Jahren ein und begann, wie fast jeder neue Trend im Land, in der Hauptstadt. Die Behörden erkannten, dass sich Staus mit immer mehr Straßen nicht bekämpfen lassen und ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr unverzichtbar ist. Unter Bürgermeister Sergei Sobjanin tat sich seitdem viel: Die Länge des Metronetzes verdoppelte sich gegenüber dem Stand von 1991, der in der Krisenzeit angehäufte Rückstand wurde mit einem ambitionierten Ausbauprogramm binnen eines Jahrzehnts vollständig aufgeholt. Zusätzlich entstand ein leistungsfähiges S-Bahn-Netz auf eigenen Gleisen. Der Fuhrpark von Bus und Straßenbahn wurde komplett erneuert und präsentiert sich heute auf höchstem Weltniveau: Vollständig niederflurig, klimatisiert, gepflegt. Leider steht der Name Sobjanin aber auch für die Komplettstilllegung des Moskauer Trolleybusses, bis zuletzt das größte O-Bus-Netz der Welt.

Die Provinzstädte ziehen nun allmählich nach mit der Modernisierung ihrer Verkehrssysteme. Die Verkehrsmittel befinden sich landesweit weiterhin in sehr unterschiedlichem Zustand: Es gibt Musterschüler wie Jekaterinburg oder Kursk, es gibt Systeme, die marode wirken. Doch der Trend ist eindeutig: In den Jahren 2023 und 2024 (Januar bis Mai) beschafften 24 Straßenbahnbetriebe Russlands (Moskau nicht eingerechnet) nach Zählung von Oleg Bodnja im Informationsheft "Öffentlicher Nahverkehr in Russland und urbane Mobilität", Ausgabe Juni 2024, insgesamt 473 moderne Straßenbahnwagen, 432 weitere waren zu diesem Zeitpunkt zur Auslieferung bis 2026 fest bestellt. Die O-Bus-Betriebe des Landes beschafften beziehungsweise beschaffen im Zeitraum 2023-2025 mehr als 1.400 neue Fahrzeuge, Moskau und andere Städte in Summe mehr als 1.800 Elektrobusse.

Auch Busbetriebe erneuern ihren Fuhrpark: Hier stellte die Zentralregierung in Moskau allein in den Jahren 2023 und 2024 Subventionen von 50 Milliarden Rubel bereit, mit deren Hilfe landesweit mehr als 6.000 neue Busse erworben werden konnten (Oleg Bodnja, ebenda).

Bewegung kommt allmählich in die Infrastruktur. Vorerst steht die Sanierung und Modernisierung der vorhandenen Netze im Mittelpunkt. Moskau hat sein Straßenbahnnetz bereits umfassend modernisiert, andere Städte ziehen nach. Sogar Saratow, dessen Tramgleise noch vor einigen Jahren unheilbar marode wirkten, setzt zielstrebig die Komplettsanierung um. Punktuell entsteht Neues: Jekaterinburg hat im Sommer 2022 eine 8,6 Kilometer lange Neubaustrecke in die Nachbarstadt Werchnjaja Pyschma mit eigenem Depot eingeweiht. 2023 und 2024 folgten zwei Neubaustrecken in Neubaugebiete im Südwesten der Stadt. Man plant inzwischen sogar den Bau eines fünften Depots.


Standard ist inzwischen die Innenausstattung von Bussen und Trolleybussen: immer niederflurig und aufgeräumt. Hier das Innere eines auf der Messe "Elektrotrans 2025" präsentierten Fahrzeugs.Alexej Danckwardt / RT
Neubaustrecken planen außerdem Wolgograd, Krasnodar (hier sogar 34 Kilometer!), Krasnojarsk, Lipezk, Rostow am Don (75 Kilometer!) und Sankt Petersburg. In Krasnojarsk und Tscheljabinsk begann 2023 der Bau von jeweils einem Metrotram-System nach dem Vorbild von Wolgograd, die Zentralregierung stellt dafür Fördermittel zur Verfügung. Bereits für die Metro gebohrte Tunnels und Stationen sollen für den "Hybrid" umfunktioniert werden. Omsk dagegen, mit der Endlosgeschichte des seit Sowjetzeiten dauernden Metrobaus in ähnlicher Lage, vertagte den Start seines Metrotram-Projekts erneut.

Jährlich treffen sich Hersteller von Fahrzeugen und Komponenten mit potenziellen Abnehmern auf der "Elektrotrans"-Messe in Moskau. Auch in diesem Jahr demonstrieren Anbieter aus Russland, Weißrussland und China vom 28. bis zum 30. April, dass sie für jedes Verkehrsbedürfnis die passende Lösung haben: kurze und lange Straßenbahnen, Trolleybusse mit unterschiedlichen Reichweiten autonomen Fahrens "ohne Draht", Elektrobusse in jeder Größe und Ausstattung, dieselelektrische Busse. Es sind alles erprobte Systeme: Die Industrie ist auch unter Sanktionsbedingungen in der Lage, den Bedarf des Landes an attraktiven öffentlichen Verkehrsmitteln zu befriedigen.


Einer der Trolleybusse auf der Messe "Elektrotrans 2025" in MoskauAlexej Danckwardt / RT
Das Problem ist und bleibt die Finanzierung: Hier hängt bislang alles von den objektiven Möglichkeiten einer Region und der Tüchtigkeit der vor Ort tätigen Beamten ab. Eine landesweite Strategie ist trotz sporadischer Ko-Finanzierungsmodelle nach wie vor nicht erkennbar. Dabei ist ein attraktiver Nahverkehr – möglichst umweltfreundlich und daher im Idealfall elektrisch – überall im Land ein wichtiges Element gleichwertiger Lebensbedingungen, ein wichtiges Ziel der Entwicklung Russlands. Er ist Daseinsvorsorge und staatliche Pflichtaufgabe, als Spielball für Markt und Kommerz nicht geeignet.

Mehr zum Thema ‒ Wieder Neueröffnung in Moskau: Metro erreicht Flughafen Wnukowo


de.rt.com/russland/243604-nahv…

Kanada kĂĽrt liberalen Kandidaten Mark Carney zum Premierminister


Die Kanadier setzen ein eindeutiges Zeichen gegen den Nachbarstaat USA und das jüngste aggressive Agieren der Trump-Administration. Der Kandidat der Liberalen Partei, Mark Carney, wurde am Montagabend zum kanadischen Premierminister gewählt. Nach den letzten Auszählungen und dem vorläufigen Endergebnis ist jedoch noch nicht klar, ob seine liberale Partei die 172 Sitze erhält, die für eine absolute Mehrheit im Parlament erforderlich sind.

Laut den kanadischen CBC Decision Desk und CTV News werden die Liberalen von Premierminister Mark Carney voraussichtlich ihre vierte Regierung in Kanada in Folge bilden. Carney konzentrierte sich im Wahlkampf darauf, US-Präsident Donald Trump wegen der Zölle und seiner Provokation, Kanada könnte Amerikas "51ster Staat" werden, anzugreifen.

Nach Angaben des Fernsehsenders CTV haben die Liberalen nach den vorläufigen Ergebnissen der vorgezogenen Wahlen vom Sonntag 89 Sitze im Unterhaus gewonnen, während die Konservativen voraussichtlich 77 Sitze erhalten werden. Um eine Mehrheitsregierung zu bilden, sind insgesamt 172 Sitze erforderlich.

Die Wahlen waren notwendig, nachdem Justin Trudeau, der nachweislich ausgeschriebene woke LGBTQ+-UnterstĂĽtzer und Premierminister seit fast einem Jahrzehnt, im Januar seinen RĂĽcktritt angekĂĽndigt hatte. Trudeau trat inmitten einer parteiinternen Krise zurĂĽck, nachdem seine einst hohen Zustimmungswerte auf einen historischen Tiefstand gesunken waren.

Carney gilt als ausgeschriebener Finanzmann. Er leitete zwei G7-Zentralbanken, arbeitete mehr als ein Jahrzehnt bei Goldman Sachs und war Vorsitzender von Brookfield Asset Management und Bloomberg. Er wandte sich in den letzten Wochen mit unmissverständlichen, harten Worten gegen Trumps "ungerechtfertigte Zölle auf kanadische Waren". So erklärte der Kandidat bei einer Wahlkampfveranstaltung:

"Seine Strategie ist es, uns zu brechen, damit Amerika uns besitzen kann."

Im Wahlkampf präsentierte sich Carney als Macher und "Krisenmanager", der Kanadas Wirtschaft und Kultur vor Trumps Zöllen und offensichtlichen Expansionsbestrebungen schützen würde. Den Liberalen gelang es damit, aus den Befürchtungen und Ängsten der kanadischen Wähler vor den Auswirkungen der Zölle auf ihre Arbeitsplätze und Lebenshaltungskosten erfolgreiches Kapital zu schlagen. In seiner Siegesrede erklärte Carney, er freue sich darauf, für die Kanadier nun etwas erreichen zu können. Laut CBC erwähnte der neue Premier die Beziehungen zwischen Kanada und den USA mehrmals in dieser Rede, die die Grundlage seiner Kampagne bildete. Er wird mit den Worten zitiert:

"Wenn ich mich mit Präsident Trump zusammensetze, werde ich über die künftige Wirtschafts- und Sicherheitsbeziehung zwischen zwei souveränen Nationen sprechen. Wir werden uns bewusst sein, dass wir viele, viele andere Möglichkeiten haben, um Wohlstand für alle Kanadier zu schaffen."

Und weiter wörtlich:

"Die alten Beziehungen zu den Vereinigten Staaten, die auf einer vertieften Integration unserer Volkswirtschaften und einer engen sicherheitspolitischen und militärischen Zusammenarbeit beruhten, sind vorbei."

Anfang März verhängte Trump Zölle in Höhe von 25 Prozent auf die meisten kanadischen Waren und begründete dies mit der Besorgnis über Handelsungleichgewicht. Der US-Präsident argumentierte zudem, dass Kanada seiner Wahrnehmung nach als "51. Staat" der USA besser dran wäre – eine Position, die von den Liberalen und anderen Parteien abgelehnt wird.

Carney erklärte, er habe Trump während des Telefonats klargemacht, dass Kanada unter keinen Umständen Teil der USA werden würde: "Auf keinen Fall. Niemals. Machen Sie weiter", so Carney (RT DE berichtete).

Medienberichten zufolge, hätten Trumps Zollpolitik und seine aggressive Rhetorik die Popularität der Liberalen schlagartig gestärkt. "Im Dezember waren wir tot und begraben. Jetzt sind wir auf dem besten Weg, eine Regierung zu bilden", so David Lametti, ehemaliger Justizminister der Liberalen, am Montag gegenüber CTV. "Dank Mark haben wir das Ruder herumgerissen", fügte er hinzu.

Carney hatte im Wahlkampf die Kanadier davor gewarnt, dass noch "ein langer Weg" vor dem Land liege. "Es gibt kein Patentrezept. Es gibt keine schnelle Lösung", so der Liberale laut Politico, nachdem Trump Autozölle verhängt hatte. "Aber ich habe volles Vertrauen in unser Land, weil ich verstehe, was Präsident Trump nicht versteht. Dass wir Kanada mit jeder Faser unseres Seins lieben."

Mehr zum Thema - Sigmar Gabriel sieht Kanada in der EU


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Nach dem 9. Mai 1945: Bayern – Mit dem Kriegsende kamen Mangel, Krankheiten und Hungertod


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Im Jahr 1945 lebte meine Familie in Bayern. Deshalb bin ich über die Vorgänge im Westen besser informiert.

Der Krieg endete für uns nicht zum Zeitpunkt der Kapitulation. Erst 1953 erklärten die Westalliierten einseitig das Ende des Kriegszustands.

Bereits am 5. Juni 1945 wurde eine absolute Diktatur über die Deutschen verhängt, die unbegrenzte Macht wurde durch die Militärregierung und den Kontrollrat ausgeübt.

In dieser Zeit des "Nachkriegs" waren wir rechtlos und jeder Willkürmaßnahme ausgesetzt. Das spürte meine Familie durch mörderischen Hunger. Wir froren, da unser Notquartier in den Ruinen der Stadt praktisch unbeheizbar war.

Ich war ja damals ein Kind, aber der ständige quälende Hunger ist mir heute noch gegenwärtig. Ein kanadischer Historiker (James Bacque) schreibt, dass eigentlich ausreichend Lebensmittel vorhanden waren.

Aber die Amerikaner hätten als Kriegsmaßnahme den Hungerzustand erzwungen. Lebensmittel durften nicht importiert werden, Produktionsverbote führten dazu, dass wir auch keinen Gegenwert liefern konnten.

Den Fischern wurde verboten auszufahren, gelegentlich seien auch Boote gesprengt worden. Lebensmitteldepots der Wehrmacht wurden von der Besatzung systematisch geräumt und abtransportiert.

Ein Onkel kam aus der Gefangenschaft zurück, seine Schilderungen waren für uns Kinder furchtbar. Die Kriegsgefangenen in den US-Lagern hätten ohne irgendwelchen Unterstand im Freien in Erdlöchern hausen müssen.

Wenn Leute aus den umliegenden Dörfern ihnen von ihrem kargen Vorrat etwas abgeben wollten, sei ihnen das unter Androhung der Todesstrafe verboten worden. Viele, viele der Gefangenen sind an Hunger und Krankheiten gestorben. Ärzte, Medikamente oder Verband gab es für die Gefangenen nicht.

Jeden Tag kam meine Großmutter zu uns und brachte aus ihrer ohnehin kargen Ration etwas für uns Kinder. Dabei magerte sie selbst von Woche zu Woche mehr ab. Sie sagte immer: "Ach, gib doch das bissel Essen den Kindern!" Zuletzt war sie so schwach, dass sie nicht mehr zu uns kommen konnte. Ich glaube, zuletzt hat man sie ins Krankenhaus aufgenommen, man hat sie gepflegt, aber auch dort gab es so gut wie nichts zu essen. 1946 ist sie am ständigen Hunger gestorben, zuletzt wog sie nur noch 28 Kilogramm. Sie hat einen Abschiedsbrief an ihren vermissten Sohn Hans, meinen Onkel, hinterlassen. Ich habe ihn erst später gelesen:

Mein liebster Hans!

Vergeblich warten wir schon so lang auf ein Lebenszeichen von Dir!

Es ist so schmerzlich, nicht einmal zu wissen, wo Du sein könntest! Oder Du bist gar schon tot und irgendwo eingescharrt!

Ich liege hier im Spital an chronischer Ruhr und unstillbarem Durchfall.

Trotz aller Bemühungen und Pflege, die man mir hier angedeihen lässt, wird es nicht besser, sondern ich komme immer mehr herunter. Mein gegenwärtiges Gewicht ist 28,50 Kilogramm – und meine Tage sind gezählt. So gerne hätte ich Dich noch einmal gesehen, leider ist es nicht mehr möglich.

So sende ich Dir also meine letzten Grüße. Ich wünsche Dir aus tiefstem Herzen, dass Du auf Deinem ferneren Lebensweg recht glücklich werden mögest!

In innigster Liebe

Deine Mutter

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Nach dem 9. Mai 1945: Ăśber Nachkriegs-Berlin, Russisch-Lernen und Freundschaften in der UdSSR


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Von Hannelore, frĂĽher wohnhaft in Berlin

Liebe Freunde,

ja, so nenne ich euch, und in meinen Gedanken formt sich "Dorogije Drusja". Na ja, schade, ich habe keine Tastatur mit kyrillischen Buchstaben.

Ich bin jetzt 80 Jahre alt, war also zum Kriegsende nahezu noch ein Baby. Wir wohnten in Berlin. Meine Mutter erzählte mir später, dass die sowjetischen Soldaten nach "Frau mit Kind" fragten. Natürlich hatte meine Mutter Angst, denn die Zeit zuvor wurde diese Angst ja in Deutschland geschürt – wie übrigens leider auch jetzt wieder –, und der Krieg, die Bombennächte im Luftschutzkeller taten ihr Übriges. Es stellte sich heraus, dass die Soldaten ihr Brot geben wollten, ihr also keineswegs etwas antun wollten.

Jahre später, ich kam in die 5. Klasse, wie freute ich mich auf den Russisch-Unterricht. Das Lernen machte mir Spaß und wie stolz war ich, als ich auf der Straße einen Lkw mit sowjetischen Soldaten sah und ihnen zurief "Druschba" und sie verstanden mich, lachten und antworteten mir. Das war meine erste Begegnung mit Menschen aus der damaligen Sowjetunion. Weitere folgten ...

Aber zunächst lernte ich weiter fleißig, und wir konnten von unserer Lehrerin Adressen von Schülern aus der Sowjetunion bekommen, die ebenfalls gern einen Briefwechsel mit einer Schülerin oder einem Schüler aus der DDR wünschten. So kam es, dass ich ganz viele Freunde hatte, natürlich in Moskau und dem damaligen Leningrad, dann in Kursk, in Tomsk, im damaligen Stalingrad und in Kiew. Über jeden sehnsüchtig erwarteten Brief freute ich mich – ich erwartete schon ungeduldig den Postboten – und antwortete dann sogleich. Mein Russisch im Schreiben machte gute Fortschritte, zum Sprechen und Verstehen ergab sich erst später Gelegenheit.

Mit noch nicht ganz 18 Jahren durfte ich zum ersten Mal nach Moskau und Leningrad (St. Petersburg) reisen, nicht mit dem Reisebüro, einfach so auf persönliche Einladung. Ein Visum hatte ich mir vorher in der sowjetischen Botschaft besorgt. Die Reise mit der Eisenbahn bis Moskau war ein großes Abenteuer für mich. Es gab damals diese Verbindung Paris – Berlin – Moskau. Am Bahnhof wurde ich von russischen Freunden abgeholt. Es war eine tolle Zeit, und ich lernte ihre schöne Heimatstadt kennen, die Hauptstadt Moskau (inzwischen hat sich auch dort viel verändert, und ich würde sicher gar nicht alles wiedererkennen). Nach einigen wunderbaren Tagen reiste ich weiter mit dem Zug nach Leningrad. Auch dort holte mich eine befreundete Familie ab, und wieder hatte ich eine wunderbare Zeit.

Umso mehr denke ich in der heutigen Zeit an meine Freunde, die Familie Truschkin in Moskau, die Familie Tichomirow in St. Petersburg, Familie Nasarenko in Tiraspol ... Was mögen sie heute über uns Deutsche denken?

Ob sie wohl ihre Freundschaft mit einer Deutschen inzwischen bereuen, vielleicht mich ja auch vergessen haben, schon lange ist der Kontakt eingeschlafen? Andere Herausforderungen fĂĽr uns alle kamen auf uns zu.

Wolodja Tichomirow besuchte uns einmal in Berlin. Und auch Familie Truschkin sah ich noch einmal wieder in Moskau, wohin ich noch zwei weitere Male reiste, einmal mit meiner Tochter, einmal mit einem Freundschaftszug von meiner Arbeit aus.

Es war eine gute und friedliche Zeit. In Berlin arbeitete ich als Schulsekretärin und betreute ehrenamtlich einige Zeit den Klub der Internationalen Freundschaft. Wir veranstalteten Freundschaftstreffen, besuchten die sowjetische Schule in Karlshorst, und einmal besuchten wir mit sowjetischen Soldaten den Kulturpark im Berliner Plänterwald.

Und natürlich war es Ehrensache, jeden 8. Mai das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park zu besuchen, am Denkmal von Mutter Heimat und am Denkmal des knienden trauernden Soldaten Blumen niederzulegen. Schon als Kind und Jugendliche – wir wohnten damals ganz in der Nähe – besuchte ich gerade dieses Ehrenmal auch unabhängig von Feiertagen, es war für mich einfach ein besonderer Ort und eine Stätte des Gedenkens.

Dann kam die "Wende". Alles änderte sich mehr und mehr ... Nach wie vor besuchte ich, nun immer am 9. Mai, das Ehrenmal, wo es manchmal Gelegenheit gab, mit russischen Besuchern zu sprechen.

Und wo stehen wir heute? Inzwischen bin ich aus Berlin weggezogen, bin alt geworden und wütend und beschämt, dass von Außenministerin Baerbock wohl die Order erging, zu Feierlichkeiten anlässlich des 8./9. Mai keine Vertreter Russlands und Weißrusslands zuzulassen. Einfach unglaublich, wo doch die Sowjetarmee es war, die die Hauptlast des Krieges trug. Oder sogar in den Medien von Gedanken mancher Politiker zu lesen, die Ehrenmäler abzureißen. Ungeheuerlich! Es sind doch vielfach die Ruhestätten der gefallenen sowjetischen Soldaten. Überhaupt dieser neu entfachte Hass, die Hetze, was für eine Rhetorik im Fernsehen, wenn es um Russland und seinen Präsidenten geht. Da ist von "Kremlmachthaber, Kremldespot, Kriegsverbrecher" und mehr in der Art zu hören. Hintergründe, Ursachen – egal! Nun, wo die wahren Kriegstreiber zu finden sind, ist nicht schwierig ...

Dabei sind doch Hass und Hetze hier eigentlich verboten, anscheinend aber nicht, wenn es gegen "die Richtigen" geht. Das alles macht mich wirklich traurig, und ich denke dann an Wladimir Putins Rede vor dem Deutschen Bundestag, die so große Hoffnung machte. Leider ignorierten arrogante Politiker seine Vorschläge, obwohl sie ihm reichlich applaudierten.

Und es war mir ein Bedürfnis, zum Anlass des Tages der Befreiung/Tag des Sieges (je nach Ausgangsperspektive) Ihnen meine Gedanken mitzuteilen, auch wenn mein Schreiben nun für eine Veröffentlichung viel zu umfangreich geworden ist und wohl auch am Thema etwas vorbeigeht, da Sie ja um Erlebnisberichte aus den Nachkriegsjahren baten. Die Jetztzeit kennen Sie ja selbst zur Genüge.

Ich kann nur hoffen, dass die Vernunft siegt, dass schnell eine dauerhaft friedliche Lösung sowohl den Ukraine-Krieg gefunden wird als auch überhaupt alle Völker in Frieden leben können. Das wünsche ich mir und uns allen von ganzem Herzen.

Mehr zum Thema – Bericht: Bezirk Treptow-Köpenick plant nicht, russische Diplomaten am 9. Mai auszusperren


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