Ukraine-Konflikt: Wer zu GesprÀchen in Istanbul eingeflogen ist und warum
Am frĂŒhen Donnerstagmorgen ist die russische Delegation in Istanbul eingetroffen, wie Maria Sacharowa, Pressesprecherin des russischen AuĂenministeriums, mitgeteilt hat. Gestern Abend hielt der russische PrĂ€sident Wladimir Putin eine Sitzung zur Vorbereitung der bevorstehenden Verhandlungen mit der ukrainischen Seite ab, erklĂ€rte sein Pressesprecher Dmitri Peskow.
Auch am Mittwochabend hat der Kreml die Liste der Mitglieder der Delegation veröffentlicht. So wird die Delegation wie im Jahr 2022 vom ehemaligen russischen Kulturminister und seit fĂŒnf Jahren Berater des russischen PrĂ€sidenten, Wladimir Medinski, der selbst aus der Ukraine stammt, geleitet.
Neben Medinski findet sich auf der von Putin genehmigten Liste ein weiterer Teilnehmer des Treffens vor drei Jahren â der stellvertretende Verteidigungsminister Alexander Fomin. Das AuĂenministerium wird bei den aktuellen GesprĂ€chen durch den stellvertretenden Minister Michail Galusin vertreten. Der Delegation gehört auch der Leiter der Hauptdirektion des Generalstabs der StreitkrĂ€fte, Igor Kostjukow, an.
AuĂerdem gehören zur russischen Expertengruppe Wiktor Schewzow, stellvertretender Leiter der Hauptdirektion fĂŒr internationale militĂ€rische Zusammenarbeit des Verteidigungsministeriums, Alexei Polischtschuk, Direktor der zweiten GUS-Abteilung des AuĂenministeriums, der in Charkow geborene Generalmajor Alexander Sorin, erster stellvertretender Leiter der Informationsabteilung, und Jelena Podobrejewskaja, stellvertretende Leiterin der PrĂ€sidialdirektion fĂŒr staatliche Politik im humanitĂ€ren Bereich, vom Generalstab.
Aus der veröffentlichten Zusammensetzung der Delegation gehe hervor, dass Moskau auf die Agenda der Istanbuler GesprĂ€che aus dem Jahr 2022 drĂ€nge, so Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der Zeitschrift Russia in Global Affairs, Vorsitzender des PrĂ€sidiums des Rates fĂŒr AuĂen- und Verteidigungspolitik, gegenĂŒber dem Blatt.
Er weist aber auf "die stĂ€rkere Vertretung der MilitĂ€rs" in der aktuellen Delegation, denn dies sei "ein Tribut an die vergangenen drei Jahre" des Krieges. Diese Leute seien diejenigen, "die fĂŒr die 'verĂ€nderten RealitĂ€ten vor Ort' gesorgt haben", so der Experte. "Der Schwerpunkt liegt jedoch erneut nicht auf der territorialen Frage, sondern auf dem militĂ€risch-politischen Status und einem umfassenden VerstĂ€ndnis von Sicherheit."
Warum Putin nicht nach Istanbul reist
In den vergangenen Tagen wurde in den Medien die Möglichkeit eines Besuchs von Putin in der TĂŒrkei diskutiert, da der ukrainische PrĂ€sident Wladimir Selenskij auf das GesprĂ€chsangebot des russischen Staatschefs vom 11. Mai antwortete, dass er mit ihm persönlich sprechen wolle.
Brasiliens PrĂ€sident InĂĄcio Lula da Silva, der Moskau am 9. Mai besucht hatte, erklĂ€rte am Mittwochmorgen wĂ€hrend seines Besuchs in Peking, er werde bei seinem RĂŒckweg aus China einen Zwischenstopp in der russischen Hauptstadt einlegen und versuchen, mit Putin zu sprechen. "Es kostet mich nichts zu sagen: 'Hey, Genosse Putin, fahr nach Istanbul und verhandle verdammt noch mal'", sagte der brasilianische PrĂ€sident.
Im Februar 2022 seien die Verhandlungsteams Russlands und der Ukraine in WeiĂrussland erst am Tag des Treffens bekannt gemacht worden, betont Nikolai Silajew, leitender Wissenschaftler am Zentrum fĂŒr Kaukasusprobleme am MGIMO-Institut und einer der Teilnehmer an den GesprĂ€chen ĂŒber das Minsker Abkommen, gegenĂŒber der Zeitung Wedomosti.
Er erklĂ€rt auch, dass der russisch-ukrainische Gipfel heute in Istanbul, im Gegensatz zu dem im Jahr 2022, keinen praktischen Sinn haben wĂŒrde. Ein solches Treffen wĂ€re nur fĂŒr Selenskij persönlich wegen des Medienrummels wichtig.
"Nach der Paraphierung der Abkommen in Istanbul im Jahr 2022 war das Treffen zwischen Putin und Selenskij logisch, um fertige, paraphierte Dokumente durch die Delegationen beider LĂ€nder zu unterzeichnen. Jetzt sind solche Dokumente nicht vorbereitet worden", betont Silajew.
Kiews Delegation
Die ukrainische Seite hat die Zusammensetzung ihrer UnterhĂ€ndler in Istanbul noch nicht angekĂŒndigt. Selenskij, der zuerst die Möglichkeit von GesprĂ€chen mit irgendjemandem in der TĂŒrkei auĂer Putin verneinte, erklĂ€rte spĂ€ter, er werde am Tag der GesprĂ€che zunĂ€chst in die TĂŒrkei fliegen, um sich mit dem tĂŒrkischen PrĂ€sidenten Recep Tayyip ErdoÄan zu treffen. Aber nicht nach Istanbul, sondern in die Hauptstadt des Landes, nach Ankara.
Silajew merkt an, dass Selenskij, je nĂ€her der 15. Mai rĂŒckte, zu erkennen begonnen habe, dass Putin nicht an dem Treffen mit ihm teilnehmen wĂŒrde. Und um zu verhindern, dass Selenskij sein Gesicht verliere, habe ErdoÄan ihm ein Treffen in Ankara angeboten.
Nach Angaben des ukrainischen Rundfunks NV planten der Leiter der ukrainischen PrĂ€sidialverwaltung, Andrei Jermak, der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow, der diplomatische Berater des PrĂ€sidenten, Igor Schowkwa, und AuĂenminister Andrei Sibiga, der sich bereits im Land befindet, eine Reise in die TĂŒrkei.
Lukjanow ist der Ansicht, nach der Zusammensetzung der ukrainischen Delegation werde es möglich sein, zu beurteilen, ob Kiew bereit sei, zur Tagesordnung von vor drei Jahren zurĂŒckzukehren. Gleichzeitig betont der Experte, dass die öffentlichen ErklĂ€rungen der ukrainischen Behörden bisher gezeigt hĂ€tten, dass sie nicht bereit seien.
US-Delegation
Die einzige Partei, die im Voraus bekannt gegeben hat, wer Washington vertreten wird, sind die USA. US-AuĂenminister Marco Rubio, Trumps Sondergesandter Steve Witkoff (spezialisiert auf Kontakte zu Russland) und Keith Kellogg, ein weiterer Sondergesandter des US-PrĂ€sidenten, werden nach Istanbul reisen.
Gestern wurde berichtet, dass Rubio zu einem informellen Treffen der NATO-AuĂenminister in Antalya eingetroffen sei.
Witkoff, der Trump auf seiner Nahostreise begleitet, hat in der katarischen Hauptstadt Doha klargestellt, dass er und Rubio erst am Freitag, dem 16. Mai, nach Istanbul reisen werden.
US-PrĂ€sident Donald Trump, der am 14. Mai einen Besuch in Saudi-Arabien abschloss, hat wiederholt die Möglichkeit eines Besuchs in der TĂŒrkei nicht ausgeschlossen.
Er hat eingerÀumt, dass er am Freitag, den 16. Mai, nach Istanbul kommen werde, wenn es Fortschritte bei den GesprÀchen zwischen Moskau und Kiew gÀbe, berichtet die BBC. "Der unverbindliche Status als Beobachter statt Vermittler" habe es Washington erlaubt, im Gegensatz zu Moskau und Kiew, die Teilnehmer der US-Delegation im Voraus bekannt zu geben, so Silajew.
Laut Lukjanow sei das Interessanteste jetzt die Reaktion der USA: Trump könnte sagen, dass alles gut laufe, dass die Parteien zu direkten Verhandlungen gekommen seien und dass das alles ihm zu verdanken sei. Oder er könne â entweder selbst oder durch seine Vertreter â seine EnttĂ€uschung ĂŒber das Niveau der russischen Vertretung in Istanbul zum Ausdruck bringen. "Obwohl Moskau den Amerikanern im Allgemeinen mitteilt, dass es auf hohem Niveau bereit ist, mit ihnen zu sprechen, gilt dies nicht fĂŒr die Ukraine. Der Schritt ist getan, es bleibt, auf den Gegenzug zu warten", fasst Lukjanow zusammen.
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