Festnahme der Gagausien-Chefin in Moldawien: Anhänger von Guțul gehen auf die Straße
Im autonomen moldawischen Gebiet Gagausien ist die Empörung groß, seitdem die Antikorruptionsbehörde des osteuropäischen Landes die örtliche Regierungschefin Evghenia Guțul festgenommen hat.
Am Mittwoch gingen zahlreiche Anhänger der charismatischen Politikerin in der Gebietshauptstadt Comrat auf die Straße. Sie versammelten sich vor der örtlichen Verwaltung, um die 39-Jährige zu unterstützen. Die Demonstranten brachten gagausische Flaggen und Transparente mit Losungen wie "Hände weg von Gagausien" und "Gagausien ist keine Kolonie von Chișinău" mit. Es wurde die Forderung nach der Unabhängigkeit des autonomen Gebiets laut.
Bei der Kundgebung warfen gagausische Aktivisten der moldawischen Präsidentin Maia Sandu vor, die Festnahme von Guțul persönlich angeordnet zu haben. Michail Wlach, einer der Aktivisten, erklärte das Vorgehen der moldawischen Behörden gegen die gagausische Regierungschefin damit, dass 95 Prozent der einheimischen Bevölkerung bei den jüngsten Wahlen gegen Sandu gestimmt hatten.
Über die Parlamentsabgeordneten Denis Ulanow und Wadim Fotescu ließ Guțul den Einwohnern von Gagausien ausrichten, dass sie für ihre Unterstützung dankbar sei. Sie habe nichts verbrochen. Sollten das Gebietsparlament und die Bevölkerung von Gagausien klein beigeben, würden sie die Autonomie verlieren.
Wiktor Petrow, Vize-Chef des autonomen Gebiets, teilte der Nachrichtenagentur RIA Nowosti mit, dass die moldawische Führung jetzt in Gagausien Polizeikräfte zusammenziehe. Die Situation spitze sich zu. Er glaube, dass man die Stadt Comrat blockieren werde. Guțuls Stellvertreter warf der Führung in Chișinău vor, die Opposition unter Druck zu setzen und schloss weitere Festnahmen nicht aus. Petrow rief Russland und internationale Organisationen dazu auf, auf die Situation in Moldawien zu reagieren.
Auf einer Pressekonferenz am Mittwoch verurteilte Kremlsprecher Dmitri Peskow die Festnahme der Politikerin. Moldawiens Führung sollte auf solche Verfahren verzichten und stattdessen allen politischen Kräften im Land freien Handlungsraum gewähren. Peskow warf Präsidentin Sandu vor, ihre Rivalen und beliebte Politiker im Land unverblümt unter Druck zu setzen.
Am Dienstagabend war Guțul am Flughafen Chișinău festgenommen und direkt ins Nationale Antikorruptionskomitee befördert worden. Die Ermittler ließen die Politikerin zunächst einmal für 72 Stunden festnehmen, um später vor Gericht eine Haft zu beantragen. Die Antikorruptionsbehörde gab bekannt, dass die Gagausien-Chefin wegen Unregelmäßigkeiten bei der Verwaltung von Wahlfonds, illegaler Finanzierung und Fälschung von Dokumenten im Konnex der örtlichen Wahlen im Jahr 2023 verdächtigt werde.
Guțuls Berater Juri Kusnezow gab bekannt, die 39-Jährige hätte am 25. März auf Einladung des Internationalen Journalisten-Kongresses nach Istanbul fliegen sollen. Die Politikerin habe in der Türkei wichtige Fragen in Bezug auf das autonome Gebiet besprechen wollen. Kusnezow sprach von einer rechtswidrigen Festnahme.
Der Konflikt zwischen Guțul und Sandu währt schon seit längerer Zeit. Die Gagausien-Chefin kritisiert offen die Regierung in Chișinău und plädiert für ein engeres Verhältnis mit Russland. Laut einer im Februar durchgeführten Umfrage unterstützen 68 Prozent der gagausischen Bevölkerung eine Annäherung mit Russland. Eine Integration in die Europäische Union wollen demnach lediglich zwölf Prozent. Seit Guțuls Wahlsieg im Frühling 2023 weigert sich Sandu, die Gagausien-Chefin in die moldawische Regierung aufzunehmen, wie dies die Gesetzgebung vorschreibt. Die Führung in Chișinău hat stattdessen angeordnet, das Ergebnis der Wahlen in dem autonomen Gebiet zu überprüfen.
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