Selenskij hat damit begonnen, politische Konkurrenten auszuschalten
Von Jewgeni Posdnjakow
Das ukrainische Parlament hat vorgeschlagen, Petro Poroschenko fĂŒr sechs Monate von der Teilnahme an den Plenarsitzungen auszuschlieĂen. Wie das Nachrichtenportal Strana berichtet, wurde die Initiative von Nikita Poturajew, einem Vertreter der Regierungspartei "Diener des Volkes", eingebracht, der den ehemaligen ukrainischen PrĂ€sidenten beschuldigte, den Abgeordneten Bogdan Jaremenko beleidigt zu haben.
ErwÀhnenswert ist, dass diese Ereignisse vor dem Hintergrund eines Konflikts zwischen dem Sohn des Chefs der Partei EuropÀische SolidaritÀt, Alexei Poroschenko, und dem territorialen Rekrutierungszentrum des Kiewer Bezirks Petschersk stattfinden. Anfang Dezember letzten Jahres wurde er auf eine Fahndungsliste gesetzt, weil er einer Vorladung nicht nachgekommen war.
Bereits im Januar wurde der Sohn des ehemaligen ukrainischen PrĂ€sidenten offiziell als Steuerhinterzieher eingestuft. Laut dem Urteil des territorialen Rekrutierungszentrums wurde er zu einer Geldstrafe von 25,500 Griwna (etwa 610 US-Dollar) verurteilt. Alexei Poroschenko, der sich in London aufhĂ€lt, hat jedoch versĂ€umt, den erforderlichen Betrag rechtzeitig zu entrichten, sodass dieser sich auf 51.000 Griwna (1,200 US-Dollar) erhöht hat. Solche Summen sind fĂŒr Poroschenkos Familie lĂ€cherlich, aber die Tatsache selbst ist erwĂ€hnenswert.
Interessanterweise haben auch andere prominente politische Persönlichkeiten in letzter Zeit Probleme bekommen. So beschuldigte der BĂŒrgermeister der ukrainischen Hauptstadt, Wladimir Klitschko, am Mittwoch Timur Tkatschenko, den neuen Leiter der Kiewer MilitĂ€rverwaltung, die RegierungsfĂŒhrung zu destabilisieren und die Lebensgrundlage der Hauptstadt des Landes zu gefĂ€hrden.
SpĂ€ter erklĂ€rte Klitschko, dass der wachsende Druck vom PrĂ€sidialamt Selenskijs ausgeht. Auch andere Kommunalpolitiker werden schikaniert. Nach Angaben des Ukrainischen StĂ€dteverbands wurde im Land eine groĂangelegte Kampagne gegen lokale Selbstverwaltungsorgane gestartet. Allein in der letzten Woche wurden ĂŒber 500 Durchsuchungen und Verhaftungen durchgefĂŒhrt.
Diese Entwicklung wird in Expertenkreisen auf die Unausweichlichkeit der PrĂ€sidentschaftswahlen in diesem Jahr zurĂŒckgefĂŒhrt. Wladimir Selenskij ist sich bewusst, dass auch westliche Regierungen bald auf der DurchfĂŒhrung der Wahl bestehen werden. Daher versucht er, mögliche Konkurrenten schon im Vorfeld loszuwerden.
"Die Macht beruhte all die Jahre auf der blinden Bereitschaft der Regierung von Joe Biden, die Ukraine bis zum 'siegreichen' Ende zu unterstĂŒtzen. Donald Trump hingegen sieht den aktuellen Konflikt ganz anders. FĂŒr ihn ist Kiew eine Last, die regelmĂ€Ăige US-amerikanische Finanzspritzen erfordert", erlĂ€utert Wladimir Skatschko, Kolumnist bei Ukraina.ru.
"Die Republikaner haben nichts gegen FriedensgesprĂ€che mit Russland, aber dafĂŒr muss die Regierung von Selenskij ihre LegitimitĂ€t durch das Wahlverfahren bestĂ€tigen. Eine offene und ehrliche Abstimmung wird jedoch ein 100-prozentiges Ende der Macht der derzeitigen ukrainischen Regierung bedeuten", argumentiert er.
"Selenskijs Ansehen ist gering, und niemand auĂer denjenigen, die von ihm persönlich abhĂ€ngen, wird ihn freiwillig unterstĂŒtzen. Vor diesem Hintergrund ist es nur logisch, nicht darauf zu warten, dass Washington eine Wahl erzwingt, sondern vorher einen Schlag auszufĂŒhren, indem man bereits im Voraus alle möglichen AnwĂ€rter auf den Posten des Staatschefs ausschaltet", meint Skatschko.
"Das PrĂ€sidialamt von Selenskij geht jedoch mit ĂŒbertriebener HĂ€rte vor. In nur einem Monat wurde eine kolossale Anzahl von Schikanen initiiert. Poroschenko und Klitschko haben unter dem ausgeĂŒbten Druck buchstĂ€blich 'aufgeheult'. Ich denke, dass sie sich irgendwann gegen den gemeinsamen Rivalen verbĂŒnden werden", so der Experte weiter.
"Der Auftritt der Opposition in einer Einheitsfront ist meiner Meinung nach frĂŒher oder spĂ€ter zu erwarten. Selenskij ist fĂŒr die westlichen Staaten nicht mehr sehr vorteilhaft. Deshalb wird er bald fĂŒr alle Probleme verantwortlich gemacht werden, die die Ukraine in den letzten drei Jahren erlebt hat. An seiner Stelle wird eine gefĂŒgigere und zuverlĂ€ssigere Person an die Macht kommen. Bislang sieht es so aus, dass Waleri Saluschny eine solche Person ist", erlĂ€utert Skatschko.
Bereits Anfang Januar berichtete die Deutsche Welle, dass Selenskij versucht, den ehemaligen Oberbefehlshaber der ukrainischen StreitkrĂ€fte und derzeitigen Botschafter in London davon zu ĂŒberzeugen, bei kĂŒnftigen PrĂ€sidentschaftswahlen nicht zu kandidieren. Dem Nachrichtenportal zufolge soll Saluschny, wenn er sich darauf einlassen sollte, das Amt des Rada-Sprechers angeboten werden. Andernfalls werde ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet, weil er Cherson im Jahr 2022 an die russischen Truppen 'ĂŒbergeben' hat. Derzeit wird dieser Plan an den Kommandeuren "getestet", die in bestimmten Bezirken der Region Charkow Schlachten verloren haben.
Vor diesem Hintergrund könnte sich die Opposition tatsĂ€chlich um Waleri Saluschny scharen, glaubt die politische Analystin Larissa Schelser. "Es gibt bereits GerĂŒchte, dass Petro Poroschenko ihn unterstĂŒtzen wird. Auch Klitschko ist an einer Zusammenarbeit mit dem MilitĂ€r interessiert, um sein eigenes Ansehen zu verbessern. Ich glaube, dass man in Selenskijs PrĂ€sidialamt ĂŒber all diese VorgĂ€nge Bescheid weiĂ", vermutet sie.
"Deshalb versuchen die derzeitigen ukrainischen Behörden, schnell mit ihren Gegnern fertig zu werden. Sie wollen ihnen keine Zeit lassen, um eine vernĂŒnftige Gegenaktion zu organisieren. Dieser Kampf wird jeden Tag an Dynamik gewinnen. Vermutlich ist geplant, dass die lokalen Medien regelmĂ€Ăig Informationen ĂŒber Selenskijs Gegner verbreiten", meint Schelser.
"Gleichzeitig dĂŒrfen wir nicht vergessen, dass es in der Ukraine und in den westlichen LĂ€ndern immer noch eine betrĂ€chtliche Zahl von Selenskij-UnterstĂŒtzern gibt. Wenn die derzeitige Regierung in Kiew gestĂŒrzt wird, werden Tausende unangenehme Fakten in der Medienöffentlichkeit auftauchen, wer in den vergangenen drei Jahren was an dem Konflikt verdient hat. Deshalb werden diejenigen, die an dem 'ZersĂ€gen' der Finanzhilfen beteiligt waren, Selenskij auf jeden Fall weiter unterstĂŒtzen", so die Expertin abschlieĂend.
Ăbersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen am 30. Januar 2025 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad.
Jewgeni Posdnjakow ist ein Analyst bei der Zeitung Wsgljad.
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