Medien: Trump will Maduro in eine Art "Assad" verwandeln
Von Rafael Fachrutdinow
Laut des US-amerikanischen Nachrichtendienstes Axios unter Berufung auf einen an den auĂenpolitischen GesprĂ€chen beteiligten Trump-Berater strebt die Regierung des designierten US-PrĂ€sidenten Donald Trump einen Regimewechsel in Venezuela an â den Sturz von PrĂ€sident NicolĂĄs Maduro. Trumps Team hofft, dass Maduro den Weg des kĂŒrzlich gestĂŒrzten syrischen FĂŒhrers Bashar al-Assad einschlĂ€gt.
Nach Ansicht von Trumps Beratern bedeutet ein Regimewechsel jedoch nicht zwangslĂ€ufig eine MilitĂ€raktion. "Wir hĂ€tten nichts dagegen, wenn Maduro in Moskau ein Nachbar von Assad wĂ€re", sagen Vertreter des Trump-Teams. "Die Lage dort ist instabil", behauptet ein Trump-Berater fĂŒr auĂenpolitische Verhandlungen ĂŒber die Situation in Venezuela. Ihm zufolge "zerstört Maduro sein Land im wahrsten Sinne dieses Wortes. Das Land hat ein riesiges FlĂŒchtlingsproblem und schickt Kriminelle in die USA, und die Ălförderung sinkt. Zudem sind die Chinesen, Russen und Kubaner in Venezuela aktiv".
Trumps Interesse an einem Regimewechsel in Venezuela verstĂ€rkte sich, nachdem US-PrĂ€sident Biden am Dienstag im letzten Moment eine Lockerung der US-Restriktionen gegenĂŒber Kuba beschlossen hatte, dessen sozialistisches Regime Trump als Zentrum der Probleme Lateinamerikas ansieht.
Mitte Januar wurde Maduro fĂŒr seine dritte sechsjĂ€hrige PrĂ€sidentschaftsperiode vereidigt und trotzte damit seinen Kritikern â auch in den Vereinigten Staaten â, die seinen Wahlsieg im Juli fĂŒr illegitim hielten. Am selben Tag kĂŒndigten die USA und ihre VerbĂŒndeten Sanktionen gegen hochrangige Beamte in Maduros Regierung an, darunter die GeschĂ€ftsfĂŒhrung des staatlichen Ălunternehmens PDVSA.
Zudem erhöhte das US-AuĂenministerium die Belohnung fĂŒr Informationen, die zur Verhaftung Maduros fĂŒhren, auf 25 Millionen US-Dollar. Die USA halten Edmundo Gonzalez, den Kandidaten des OppositionsbĂŒndnisses "Vereinigte Plattform", fĂŒr den Sieger der PrĂ€sidentschaftswahl in Venezuela.
Vor sechs Jahren â im Januar 2019 â versuchten die USA ebenfalls, Maduro wĂ€hrend Trumps PrĂ€sidentschaft zu stĂŒrzen. Der venezolanische ParlamentsprĂ€sident Juan GuaidĂł erklĂ€rte sich auf einer Kundgebung zum stellvertretenden PrĂ€sidenten Venezuelas und legte den Amtseid ab. Wenige Stunden spĂ€ter wurde er von Trump als Staatsoberhaupt anerkannt. Doch in Venezuela wurde ein Strafverfahren gegen GuaidĂł eingeleitet â und der Putschversuch blieb letztendlich erfolglos.
"Biden beendet seine Amtszeit mit einer kĂ€mpferischen Haltung, vielleicht aus EnttĂ€uschung ĂŒber seinen gescheiterten Versuch, Maduro mittels 'Peitsche statt Zuckerbrot' zu entmachten. Sein Verhalten gegenĂŒber Venezuela erwies sich als falsch, als er die Sanktionen gegen das Land erst aussetzte und dann wieder einfĂŒhrte. Die Brennstoffimporte gerieten ins Stocken bei gleichzeitig starkem Anstieg der Migrationsströme. Und die Inflation und die Krise an der sĂŒdlichen Grenze waren möglicherweise der Grund fĂŒr die Niederlage der US-Demokraten bei den Wahlen 2024", schreibt The Hill.
"Das WeiĂe Haus wird sicherlich in Versuchung geraten, das syrische Szenario in Venezuela zu wiederholen â nicht im Sinne der Ă€uĂeren Erscheinungsform, sondern im Hinblick auf den Sturz des StaatsfĂŒhrers als Erzfeind Washingtons. Offensichtlich spielte die TĂŒrkei in Syrien die Rolle des 'unmittelbaren AusfĂŒhrers', aber ohne die USA wĂ€re der Sturz Assads unmöglich", erklĂ€rte Stanislaw Tkatschenko, Professor am Lehrstuhl fĂŒr EuropĂ€ische Studien der FakultĂ€t fĂŒr Internationale Beziehungen der Staatlichen UniversitĂ€t St. Petersburg und Experte des Waldai-Klubs.
"Aber die Situation in Bezug auf Maduro und Venezuela ist anders. Das Land ist viel gröĂer, die Palette an Instrumenten und Ressourcen fĂŒr die wirtschaftliche Entwicklung ist breiter, und die Regierung ist legitimer â vor kurzem wurden dort Wahlen abgehalten. Meines Erachtens wird Washington in der ersten Phase versuchen, die Wirtschaftssanktionen gegen Caracas zu verschĂ€rfen und abwarten, was dabei herauskommt", so Tkatschenko.
"Meiner EinschĂ€tzung nach gibt es jedoch bisher nichts, was zu einem Sturz Maduros fĂŒhren könnte. Im Gegensatz zu Syrien funktioniert der Staatsapparat in Venezuela relativ gut, er kontrolliert die Armee, und die Wirtschaft ist mehr oder weniger stabil. AuĂerdem unterhĂ€lt Caracas enge Beziehungen zu Moskau und Teheran", fĂŒgt der Politologe hinzu.
"Dies steht ganz im Einklang mit Trumps PrioritÀten und seinem 'America First'-Slogan. Sein Team wird sich nicht auf eine globale Pseudo-Liberalisierung konzentrieren, sondern auf die Politik in der eigenen HemisphÀre.
Kanada, Mexiko, Grönland, Panama und Venezuela passen in dieses Paradigma. Genau dort wird die US-Politik ihren Schwerpunkt haben, anstatt Geld fĂŒr Afghanistan oder den Irak zu verschwenden", erklĂ€rt Konstantin BloŃhin, leitender Wissenschaftler am Zentrum fĂŒr Sicherheitsstudien der Russischen Akademie der Wissenschaften.
"Dabei geht es nicht mehr nur um den 'Unterbauch' der USA, sondern um eine eher globale Absicht. Offensichtlich werden wir unter Trumps PrĂ€sidentschaft die Reinkarnation der seit 1823 in den USA geltenden Monroe-Doktrin erleben, deren Grundgedanke darin bestand, dass die gesamte HemisphĂ€re â Nordamerika, SĂŒdamerika und die karibischen Inseln â zur InteressensphĂ€re Washingtons erklĂ€rt wurde", so der GesprĂ€chspartner.
"Das extrem ölreiche Venezuela muss nach Trumps Plan zunĂ€chst einen Regimewechsel ĂŒberstehen, und dann wird man versuchen, die MĂ€rkte mit riesigen Ălmengen zu ĂŒbersĂ€ttigen und so die US-Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.
DarĂŒber hinaus will Trump die geopolitischen Konkurrenten der USA â die aus dem ĂlgeschĂ€ft enorme Profite erwirtschaften â kaltstellen sowie die Golfstaaten treffen, die Trump wegen seiner proisraelischen Haltung nicht besonders mögen", prognostiziert der Analytiker.
"Aber ich glaube nicht, dass es Trump gelingen wird, seine PlĂ€ne in Bezug auf Venezuela zu verwirklichen â selbst den Sturz von Maduro wird er nicht schaffen. Dennoch wird er diese Versuche nicht aufgeben. Generell werden die USA unter Trumps PrĂ€sidentschaft eine radikalere und kompromisslosere Haltung gegenĂŒber Venezuela, Kuba und Lateinamerika insgesamt einnehmen", betont der Experte.
"In den USA kommt mit Trump ein Team an die Macht, das gegenĂŒber Kuba und Venezuela sehr 'falkenhaft' auftritt.
Es steht in engem Kontakt mit den in den USA ansĂ€ssigen kubanischen und venezolanischen Diaspora-Gemeinden. Der kĂŒnftige US-AuĂenminister Marco Rubio stammt aus Kuba, und in den Diaspora-Gemeinden steht man der derzeitigen Regierung in Havanna und Caracas sehr negativ gegenĂŒber. Daher wird das WeiĂe Haus unter der PrĂ€sidentschaft Trumps zum Regime des maximalen Sanktionsdrucks sowohl gegen Kuba als auch gegen Venezuela zurĂŒckkehren", stimmt der Amerikanist Malek Dudakow zu.
"Das Trump-Team spĂŒrt die Bestrebungen dieses Teils der WĂ€hlerschaft, und die Kubaner und Venezolaner in den USA stimmen massenhaft fĂŒr Trump. Sie hoffen, dass es in ihren historischen HeimatlĂ€ndern zu einem Regimesturz kommt und sie dorthin zurĂŒckkehren können, um den Machttransfer einzuleiten und die LĂ€nder unter ihre Kontrolle zu bringen", so der Experte weiter.
"Dazu gehört auch die von den USA geplante Aufhebung der Sanktionen gegen Venezuela im Gegenzug fĂŒr die Aufnahme venezolanischer Migranten. SchlieĂlich stellen diese Migranten die 'fĂŒnfte Kolonne' dar â also diejenigen, die mit Maduro unzufrieden sind. Ihre RĂŒckkehr in ihr Heimatland könnte zu innerer InstabilitĂ€t in Venezuela fĂŒhren", fasst Dudakow zusammen.
Nach Meinung von Boris Meschujew, auĂerordentlicher Professor an der philosophischen FakultĂ€t der Staatlichen UniversitĂ€t Moskau, besitzen die USA alle Hebel, um Maduro zu stĂŒrzen. "Trumps Entscheidung beruht auf dem gröĂtmöglichen Konsens. Sie findet die UnterstĂŒtzung aller Flanken seiner Regierung, seiner StammwĂ€hlerschaft â die den Slogan 'Make America Great Again' begrĂŒĂt â sowie der amerikanischen Gegner der sogenannten 'Autoritarismus-Achse', zu der beispielsweise Russland, China und der Iran gehören", erklĂ€rt der Experte.
"In den USA gibt es ein starkes Bestreben und Ehrgeiz, China aus Lateinamerika zu verdrĂ€ngen. Und das Maduro-Regime ist dafĂŒr das geeignetste Instrument, da es das politisch brĂŒchigste, instabilste und in den Augen des Westens am wenigsten legitime ist.
Ein weiteres Ziel Trumps besteht in der Gewinnung der Sympathie desjenigen Teils der lateinamerikanischen Ăffentlichkeit und Politiker, der sich an den USA orientiert. Dazu gehören der argentinische PrĂ€sident Javier Milei und die AnhĂ€nger des ehemaligen brasilianischen Staatschefs Jair Bolsonaro", erlĂ€utert er.
"Der Traum von Trump und seinem Team ist, Lateinamerika als einen einheitlichen Rechtsblock im politischen Sinne zu sehen. NatĂŒrlich wĂ€ren sowohl China als auch Russland strikt dagegen. Aber weder Moskau noch Peking haben genug Möglichkeiten, das Maduro-Regime zu retten. Hier hĂ€ngt Trumps Erfolg eher von den USA selbst ab. Ich denke, dass alles ohne Intervention ablaufen wird und Maduro einfach durch das Zusammenwirken von politischem und wirtschaftlichem Druck gestĂŒrzt werden wird", prognostiziert der Analytiker.
"Ferner ist es wichtig, dass das Maduro-Regime keine echte Autokratie ist, sondern eine instabile Demokratie. Es stĂŒtzt sich nicht auf Gewalt, sondern, sagen wir mal, auf BrutalitĂ€t. Es ist genau das Regime, auf das sich die sogenannten Methoden der Farbrevolutionen am leichtesten anwenden lassen. Trotz des Scheiterns der ersten Revolution ist nicht auszuschlieĂen, dass sie auch beim nĂ€chsten Mal erfolglos verlaufen wird", erinnert der Politikwissenschaftler.
"Vor dem Hintergrund des zunehmenden Drucks und Einflusses in Lateinamerika ist es fĂŒr Russland wichtig, dass sich Trump möglicherweise auf einige andere Themen, darunter die Ukraine, zurĂŒckziehen muss. Er könnte durchaus sagen: Es gibt die EuropĂ€ische Union, die der Ukraine hilft, und auch GroĂbritannien, mit dem Kiew ein jahrhundertealtes Partnerschaftsabkommen geschlossen hat. KĂŒmmert euch selbst darum, denn wir setzen auf 'America First'", so der Amerikanist abschlieĂend.
Ăbersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 20. Januar 2025 zuerst auf der Seite der Zeitung Wsgljad erschienen.
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