Kein Wendepunkt? Experten schätzen erstes Telefonat zwischen Putin und Macron seit drei Jahren ein


Am Dienstag haben der russische Präsident Wladimir Putin und der französische Staatschef Emmanuel Macron auf die Initiative der französischen Seite ihr erstes Telefongespräch seit fast drei Jahren geführt.

Die beiden Politiker haben die Lage im Nahen Osten sowie über den Konflikt in der Ukraine und insbesondere die Aussichten auf eine friedliche Lösung besprochen. Das Gespräch dauerte mehr als zwei Stunden, wie der Élysée-Palast mitteilte.

Die Zeitung RBC hat die Experten über die Gründe und möglichen Auswirkungen des Telefonats auf bilaterale Beziehungen und die Verhältnisse zwischen Moskau und Europa befragt.

Pawel Timofejew, Experte der Abteilung für europapolitische Studien an der Russischen Akademie der Wissenschaften, merkte in einem Gespräch mit RBC an, dass es immer noch schwierig sei, darüber zu diskutieren, ob es konkrete Einigungen zwischen den Parteien gibt. "Zumindest wenn es um die Situation in der Ukraine geht, sind die offiziellen Positionen Russlands und Frankreichs zu unterschiedlich, um derzeit etwas Konstruktives zu besprechen. Hier wäre ich also mit Prognosen sehr vorsichtig", so der Experte.

Auf die Frage, warum das Gespräch gerade jetzt stattfand, merkte Timofejew an, dass die Eskalation im Nahen Osten Macron und Putin höchstwahrscheinlich zu diesem Schritt bewegt habe. "Grob gesprochen, haben sie angerufen, um 'die Uhren zu vergleichen'. Schließlich liegen die Positionen Russlands und Frankreichs zum iranischen Atomprogramm und zum palästinensisch-israelischen Konflikt im Allgemeinen sehr nahe", so der Experte.

Eine ähnliche Meinung vertritt Alexei Tschichatjow, außerordentlicher Professor der Abteilung für Europäische Studien an der Staatlichen Universität St. Petersburg. Ihm zufolge erfordern der Konflikt zwischen Israel und Iran und die Beteiligung der USA an dieser Krise einen Meinungsaustausch zwischen den wichtigsten internationalen Akteuren. "Trotz der tiefsten Krise in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen gibt es immer noch diese Komponente der russisch-französischen Beziehungen – die Diskussion über die Situation im Nahen Osten", betonte der Experte und merkte an, dass Moskau und Paris bis 2022 regelmäßig über die Lage in dieser Region diskutierten – von Syrien bis zum iranischen Atomprogramm. "Seitdem hat sich die internationale Landschaft stark verändert, aber die Interessen beider Länder in der Region sind nicht verschwunden, obwohl sie oft gegensätzlich sind". Als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats tragen Russland und Frankreich "eine besondere Verantwortung für die globale Stabilität", fügte Tschichatjow hinzu.

Timofejew ist der Ansicht, dass es noch keinen Grund gebe, um zu sagen, dieses Telefongespräch könne Anstoß zur Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Russland und Europa sein. "Dieses Gespräch war eine große Überraschung. Nichts hat in letzter Zeit auf eine Erwärmung in den französisch-russischen Beziehungen hingedeutet. […] Es ist möglich, dass die Parteien beschließen, weiterzuverhandeln, und dann gerät alles ins Stocken", so Timofejew.

Gleichzeitig ist der Experte der Meinung, dass Macron auf solche Weise versucht habe, fĂĽr Europa die Initiative bei den Verhandlungen ĂĽber die Ukraine-Frage zurĂĽckzuerlangen. "Gleichzeitig ist immer noch nicht ganz klar, was Europa bieten kann, um an den Verhandlungstisch eingeladen zu werden", so Timofejew. Denn die Position von Kiews VerbĂĽndeten in Europa bleibe "fĂĽr Moskau eher destruktiv", so der Experte abschlieĂźend.

Nach Ansicht von Tschichatjow sollte man die Bedeutung dieses Telefonats nicht überschätzen. Denn es sei unwahrscheinlich, dass es zu einer Änderung der Positionen zwischen Moskau und Europa in wichtigen Fragen führe, vor allem in Bezug auf die Ukraine.

Tschichatjow betont, dass Paris heute eine geringere Rolle im Nahen Osten spiele als Washington und London. Darüber hinaus sei die Position der französischen Behörden gegenüber dem Iran nach wie vor einseitig, was die Suche nach Kompromissen erschwere. "Allerdings kann die Tatsache, dass der Dialog zwischen Moskau und Paris […] aufrechterhalten wurde, als positives Signal eingeschätzt werden. Es zeigt, dass die Kommunikationskanäle zwischen den Atommächten nicht völlig abgebrochen sind und bei Bedarf genutzt werden können". Aber es sei verfrüht, eine grundlegende Veränderung in den bilateralen Beziehungen zwischen Moskau und Paris zu erwarten, so der Experte abschließend.

Mehr zum Thema – Macron: EU muss sich auf Gespräche mit Russland vorbereiten


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