Starmer will ganz Europa auf Russland hetzen – und sich selbst hinter dem Ärmelkanal verstecken
Von Andrei Rudaljow
Die Dampfwalze der europäischen Kriegsvorbereitungen rollt unaufhaltsam voran und gewinnt zunehmend an Fahrt. Die europäischen Eliten spekulieren offen darüber – und sehen darin einen fruchtbaren Boden, um geradezu heldenhaft eine politische Dividende zu ergattern. Doch dieser Anschein eines erfolgreichen Projekts, das es ermöglicht, Europas Druck auf Russland zu erhöhen, ohne dass es selber etwas riskiert, kann dem alten Kontinent leicht einen schlechten Dienst erweisen – genauer, der Alten Welt alle anderen Optionen für ihre Zukunft nehmen und sie in die Sackgasse eines Krieges treiben.
Der britische Premierminister Keir Starmer erklärte, sein Land schalte in den Modus der Kriegsführungsbereitschaft um. Damit gab er grünes Licht zum Erhöhen der Militärausgaben, und der Westen baut seinen Kriegsstromkreis auf. Zuvor hatten bereits NATO-Funktionäre eine fünfjährige Phase intensivierter Vorbereitung auf eine direkte Konfrontation mit Russland angekündigt. Berlin, dessen Bewusstsein endgültig vom Schleier des Revanchismus getrübt ist, erhebt drohend die Faust. In Frankreich nimmt Macron regelmäßig die Boxstellung ein und beharrt darauf, dass "Russland Frankreich und ganz Europa bedroht".
Das soll man dann wohl so verstehen, dass Russland Europa allein schon durch seine Existenz bedroht. Das sah man dort auch schon im letzten und im vorletzten Jahrhundert so; man kann gern auch noch tiefer in die Vergangenheit schauen – und wird dasselbe immer wieder feststellen. Und jedes Mal, wenn Europa vereint ist, nimmt es die Existenz Russlands nicht mehr hin – und sieht Chancen, dieser strategischen Bedrohung seiner Dominanz den Garaus zu machen. Chancen, einen Gegner auszuschalten, der Europas Monopol und seine Tyrannei in allen Lebensbereichen in Frage stellt. Und jetzt, nachdem sie historische russische Gebiete in der ehemaligen Ukrainischen SSR mithilfe einer Marionettenregierung von Putschisten besetzt und dort faktisch einen Bürgerkrieg provoziert haben, bereiten sich die europäischen Eliten also auf einen weiteren Angriff vor und begründen dies mit der angeblichen russischen Bedrohung. Wieder hat Europa vor, auf dieselbe Harke zu treten, deren Schaft ihm schon so oft in die Stirn schlug – einfach in der Hoffnung, dass es eines Tages doch noch anders kommt und alles klappt.
Gerade entfaltet sich vor unseren Augen ein monströses heidnisches Mysterium, mit dem man den Geist des Krieges heraufbeschwört. Es ist, als wären die europäischen Politiker keine Vertreter ihrer Völker, deren Interessen sie zu wahren verpflichtet sind, sondern fanatische Lakaien eines Todeskults, an dessen Altar sie agieren. Derzeit sprechen sie nur Beschwörungsformeln aus – doch schon bald werden sie beginnen, lebenden Opfern die Herzen herauszureißen, den Altar großzügig mit Blut zu begießen und eine kolossale Opferprozession in die Wege zu leiten.
Und bei alldem sprechen die Mystiker dieses blutigen Kults vom Frieden. So erklärt Starmer den Übergang zur Kriegsbereitschaft, indem er wiederholt:
"Wenn wir direkt von Staaten mit fortschrittlichen Streitkräften bedroht werden, ist der wirksamste Weg, sie abzuschrecken, bereit zu sein und zu zeigen, dass wir bereit sind, den Frieden mit Gewalt zu sichern."
Dabei fallen solche Aussagen wohlgemerkt ausgerechnet auch dann noch, wenn gerade erst wieder Terroranschläge auf Russland verübt wurden. Ist ja auch klar: Diesen Menschen sind solche Nachrichten willkommen – beste Nachrichten sind für sie solche über den Tod von Russen. Das spornt sie an und provoziert sie zu neuen schändlichen "Heldentaten". Premierminister Starmer hält seine Reden außerdem vor dem Hintergrund der Verhandlungen in Istanbul, als streiche er den gesamten Prozess aus. Damit macht er deutlich, dass er keinen Frieden zulassen werde – wie schon einer seiner Vorgänger, Boris Johnson, der mit seinen Intrigen die sich abzeichnenden Fortschritte bei den Friedensgesprächen im Frühjahr 2022 zunichtemachte.
Dazu muss man verstehen: Wenn Starmer den Weg der Kriegsbereitschaft verkündet, ist er sich dessen bewusst, dass sein Heimatland von den stürmischen Ereignissen, die heraufzubeschwören er alle aufruft, wahrscheinlich nicht betroffen sein wird. Dafür hat er ja zum Beispiel die Ukraine, deren Potenzial im Stellvertreterkrieg des Westens gegen Russland bis zum letzten Quäntchen berechnet wurde, nach dessen Ausschöpfen ihr gesamtes Territorium als leblose Wüste zurückgelassen wird – ganz nach der Logik der Nazis übrigens, nur eben umgesetzt von fremder Hand.
Dann wären da noch Osteuropa und die baltischen Länder, wo so viel über die Traumata der sowjetischen "Besatzung" und die angebliche russische Bedrohung geredet wird – sollen die sich doch rächen! Dann ist da Deutschland, das sich ebenfalls für die "Demütigung" sowohl vor 80 Jahren als auch für die Wiedervereinigung rächen will, für die man den Russen nichts schulden will. Und dann ist da schließlich Macron, der mit seinem Atomschirm umherstolziert und jeden Schlag ins Gesicht einsteckt, nur um zu beweisen, dass er ein Macho ist.
Starmer spielt hier dieselbe Rolle wie Johnson: die des Anstifters und Provokateurs. Er scheint die europäische Entschlossenheit zu einer selbstmörderischen Konfrontation mit Russland zu unterstützen – wobei allen klar ist, dass er sich ganz traditionell im Verborgenen aufhält und typisch englische Intrigen spinnen wird. Und falls doch etwas passiert, kann er ja jederzeit unter Tränen nach Washington flitzen, um Schutz zu erbitten.
Doch eine wichtige Frage – rätselhaft bis hin zur Verwirrung – bleibt bestehen: Woher kommt diese krankhafte Leidenschaft für die Konfrontation mit einer Atomsupermacht wie Russland? Es scheint, dass nur bestimmte mentale Neigungen der Öffentlichkeit dies erklären können. Doch die sind es eben nicht im Alleingang.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion hat der Westen eine besondere Wahrnehmung Russland gegenüber entwickelt – wenn nicht als Opfer, dann als vielversprechende Trophäe.
Der Westen pirscht sich seit Jahren an Russland heran, stellt Fallen und plant Hinterhalte aller Art und fesselt es in Abhängigkeitssysteme, die die Entwicklung ausbremsen (besonders deutlich im Kultur- und Bildungsbereich). Alles, um das gejagte und ermüdete Russland zu fangen, zu skalpieren und seinen geografischen Raum in Dutzende Stücke zu zerlegen. Die Eliten des Westens haben sich dieses Wunschbild geschaffen und sich selbst eingeredet, dass die Vorgänge, die dazu führen sollen, ein natürlicher Prozess und die ganze Kraft unseres Landes ein Phantom sei. Dass man nur kurz zustoßen müsse – und es von selbst zerfällt.
Es kam, gelinde gesagt, nicht ganz so, wie im Westen erhofft. Tatsache ist jedoch, dass man dort, neben den Plänen für unser Land, teils als Vorhersagen verfasst, was mit ihm angeblich geschehen werde, auch ein Bild seiner eigenen Zukunft konstruierte.
Die Räume wurden im Voraus abgesteckt, die Reichtümer aufgeteilt (das zeigt sich heute übrigens am Beispiel der Unabhängigsten aller Ukrainen). Man glaubte, dass durch die Zerstückelung Russlands ein energischer Neustart der europäischen Kolonialbestrebungen erfolgen würde, dass die Alte Welt ein neues Indien erhalten und auf dessen Kosten für die kommenden Jahrhunderte Wohlstand erlangen – und nicht zu einem zivilisatorischen Randgebiet werden würde, wo alles in der Lethargier versinkt. Man erhoffte sich, die europäische Zivilisation auf Kosten Russlands verjüngen und mit frischem Blut sättigen zu können.
Einen solchen Mythos von neuer Größe und den Äpfeln der ewigen Jugend, als die die Ressourcen unseres Landes dargestellt wurden, zu überwinden und zum gesunden Menschenverstand zurückzukehren, ist sehr schwer. Auf diesem Weg umschwirren einen lauter kleine Teufel und Dämonen: Mal springen sie als Macron hervor, mal lallen sie schrill und laut als Starmer vor sich hin.
Diese politischen Piraten haben Europa geentert und ziehen es an Ketten in den Krieg. Doch auch Europa selbst leistet kaum Widerstand, sondern folgt gehorsam – aus reiner Gewohnheit. Später wird man diese Bande traditionell als Wahnsinnige und Unzulängliche brandmarken und ihnen alle Sünden in die Schuhe schieben, wie es schon mehr als einmal geschehen ist. Oder sie werden sich endlos den Kopf darüber zerbrechen, wie das alles passieren konnte! Na genauso wie beschrieben: Die Kriegswalze nimmt Fahrt auf, und Politiker ebnen ihr in ihrem verbrecherischen Eifer den Weg.
Übersetzt aus dem Russischen.
Andrei Rudaljow ist ein russischer Schriftsteller, Journalist, bedeutender Literaturkritiker (vor allem des "neuen Realismus" in Russland) und Publizist. Er ist zudem Chefredakteur der russischen Nachrichtenagentur IA Belomorkanal und hat eine Kolumne bei der russischen Ausgabe von RT.
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