Streit um biblischen Boden: Ältestes Kloster der Welt droht deutschem Luxushotel zu weichen


Die Minister Ägyptens und Griechenlands haben bestätigt, dass der Status des Katharinenklosters als aktive religiöse Einrichtung aufrechterhalten bleibt, schreibt The Art Newspaper. Der griechische Außenminister Giorgos Gerapetritis erklärte dazu:

"Unser gemeinsames Ziel ist es, dass das Kloster seinen Weg gemäß dem Status quo der letzten 15 Jahrhunderte fortsetzen kann. Ich bin überzeugt, dass Ägypten seine lange Tradition der Achtung aller Religionen und Konfessionen, die es im Laufe seiner Geschichte gepflegt hat, auch weiterhin hochhalten wird."


Dem Treffen der Minister gingen Jahre heftiger Rechtsstreitigkeiten voraus, in denen Ägypten versuchte, dem ältesten Kloster der Welt sein Land wegzunehmen.

Das Katharinenkloster auf dem Sinai entstand noch vor der Aufspaltung in die Römische und die Konstantinopler Kirche. Es wurde zwischen den Jahren 548 und 565 an der Stelle erbaut, an der Moses laut biblischer Überlieferung den brennenden Dornbusch sah, und ist das älteste noch ununterbrochen genutzte Kloster. Die Anlage beherbergt mehr als die Hälfte aller weltweit erhaltenen byzantinischen Ikonen und die klostereigene Manuskriptsammlung gilt nach der Bibliothek des Vatikans als die bedeutendste der Welt. Im Jahr 2002 wurde das Katharinenkloster zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. The Art Newspaper schreibt:

"Obwohl es am Fuße des Berges Sinai in Ägypten liegt, gehört es zur Diözese der griechisch-orthodoxen Kirche, deren Eigentumsrechte an diesen Gebieten bereits zur Zeit des Osmanischen Reiches, das sowohl Ägypten als auch Griechenland regierte, festgelegt wurden. Diese Situation blieb praktisch unverändert, bis die Verwaltung des Süd-Sinai im Jahr 2012 ein Gerichtsverfahren einleitete, um ihre Kontrolle über dieses Gebiet offiziell zu etablieren."


Insgesamt wurden 71 Gerichtsverfahren angestrengt – eines für jedes Grundstück, das dem Kloster gehörte. Und dann, obwohl die Parteien bereit waren, alles zu regeln und "alles beim Alten zu belassen", entschied das Gericht, zwei Drittel des Landes an Ägypten zu übertragen. Den Mönchen wurde das Recht eingeräumt, auf diesem Land zu leben und es zu nutzen. Eine umstrittene Entscheidung – zumal keiner der Mönche die ägyptische Staatsbürgerschaft besitzt und ihr Aufenthaltsrecht direkt an die Landrechte des Klosters gekoppelt war. Im Grunde genommen bedeutete das Gerichtsurteil, dass das Kloster nicht nur die Möglichkeit verlor, das umliegende Land zu bewirtschaften, das die Mönche ernährte und mit Wasser versorgte, sondern auch jederzeit von den ägyptischen Behörden geschlossen werden konnte.

Die Merkwürdigkeit erklärte sich jedoch schnell: Der südliche Teil der Sinai-Halbinsel soll in Kürze in ein riesiges Touristenzentrum mit Luxushotels und Einkaufszentren umgewandelt werden. Ägyptische Medien berichten, dass eines der neuen Fünf-Sterne-Hotels am Berg Sinai direkt über dem Kloster gebaut werden soll. Der ägyptische Premierminister Mustafa Madbuli unterzeichnete bereits im März 2024 einen entsprechenden Vertrag mit der deutschen Hotelkette Steigenberger Hotels.

Nun besteht eine kleine Hoffnung, dass die Frage doch noch auf höchster Ebene gelöst wird. Allerdings "misstraut die griechisch-orthodoxe Kirche den beruhigenden Erklärungen der beiden Regierungen", bemerkt The Art Newspaper und ergänzt:

"Es bestehen weiterhin Befürchtungen, dass das Land beschlagnahmt und die alte Klosteranlage in eine touristische Anlage umgewandelt wird."


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Russlands Abkehr vom Westen: Logistik für Großeurasien


Von Sergei Karaganow

Die akute Phase des militärischen Konflikts mit dem Westen in der Ukraine erreicht ihr Endstadium. Russland hat beschlossen, die schrecklichste Waffe nicht einzusetzen und möglichst viele Leben unserer tapferen Soldaten und der Zivilbevölkerung zu schonen, und wird voraussichtlich keinen Sieg wie den über Napoleons Armee erringen. Jener Krieg gewährte Europa vier Jahrzehnte Frieden.

Anscheinend wird es auch keinen Sieg geben, der einer Zerschlagung von Hitlers Armee, in der ein Großteil der Europäer kämpfte und die von den meisten Ländern des Subkontinents wirtschaftlich unterstützt wurde, ähneln wird. Jener Sieg über Europa sicherte zusammen mit dem Erscheinen von Atomwaffen einen relativen Frieden für sieben Jahrzehnte.

Die Konfrontation wird wellenförmig weitergehen, bis ein Elitenwechsel eintritt. Die alten europäischen globalistischen Kompradoren-Eliten sind in allen Bereichen – moralisch, wirtschaftlich, politisch – gescheitert und führten den Subkontinent, der einst ein Konzentrationsort wirtschaftlicher, politischer und kultureller Macht war, zum gegenwärtigen Zustand. Sie benötigen Krieg und müssen das Bild eines äußeren Feindes schaffen, um den eigenen Verbleib an der Macht zu rechtfertigen.

Es wird voraussichtlich nicht gelingen, einen nachhaltigen Frieden mit solchen Eliten, wie sie in vielen europäischen Ländern, den USA und der Ukraine regieren, zu erreichen. Ein solcher Ausgang ist allerdings durch eine harte strategische Eindämmung und eine teilweise Abgrenzung vom Faschismus und menschenfeindlichen Werten, die im westlichen Teil des europäischen Subkontinents verbreitet werden, anzustreben.

Ohne einen Sieg wie in den Jahren 1815 und 1945 wird die Welt weiter zum Dritten Weltkrieg driften. Einen solchen Sieg zu erringen, ist unsere Pflicht nicht nur vor dem Land, sondern auch vor der Menschheit.

Einige Länder Zentral- und Südeuropas werden sich früher oder später nach Großeurasien hin orientieren. Selbstverständlich sind Elemente der Zusammenarbeit, eine teilweise Wiederherstellung menschlicher Kontakte im Bereich der traditionellen Kultur und Wirtschaft nicht abzulehnen.

Dennoch ist die Hauptrichtung der Entwicklung für das kommende Jahrzehnt recht offensichtlich. Russlands dreihundertjährige Reise nach Europa ist beendet, und es wäre besser, wenn sie vor einem Jahrhundert oder früher geendet hätte. Dann könnten die Tragödien des 20. Jahrhunderts für Land und Volk zumindest teilweise vermieden werden. Praktisch alle Bedrohungen dieses Jahrhunderts gingen von Europa aus. Es ist an der Zeit, "zu sich selbst", zu den Quellen unserer Geschichte als Großmacht zurückzukehren. Diese Quellen liegen in Sibirien. Hätten unsere Kosaken nicht eine phantastische Heldentat vollbracht und weniger als in einem Jahrhundert vom Gebiet Perm aus Kamtschatka erreicht und Sibirien der Alten Rus angeschlossen, hätte Russland kaum auf der ungeschützten Mittelrussischen Ebene unter Angriffen aus dem Westen und dem Süden überlebt.

Die "Rückkehr zu sich selbst", nach Hause, wird entsprechend erfordern, sowohl das "Eurojoch" abzuwerfen, als auch Zivilisationen, die im Süden und Osten liegen, als wichtigste äußere Quellen unserer Kultur, politischer Organisation und Zivilisation anzuerkennen. Unsere Seele, die Religionen – Orthodoxie, Islam, Buddhismus, Judentum –, nahmen wir aus dem Süden. Unsere politische Organisation, die Machtvertikale, die Bereitschaft, einem Oberhaupt zu folgen und dem Staat und der gemeinsamen Sache treu zu dienen, nahmen wir aus dem Osten, während wir zwei Jahrhunderte lang mit Dschingis Khans Reich interagierten – es plünderte, griff aber nicht die Seele und den Glauben des Volkes an. Ohne diese aus dem Osten und teilweise von Byzanz geerbte Vertikale, ohne den Geist der Uferlosigkeit hätten unsere Vorfahren nicht den größten Staat der Welt gebaut.

Die "Rückkehr zu sich selbst" wird erfordern, die geistige, wirtschaftliche, wissenschaftliche, technische und politische Entwicklung des Landes in Richtung Ural und Sibirien zu versetzen. Diese Regionen werden in absehbarer Zukunft zu Hauptquellen der Entwicklung und des Wachstums des Landes und der Lebensqualität der Menschen werden.

Während wir das neue Gerüst der logistischen Wege von Norden nach Süden bauen, müssen wir es bereits im Planungsstadium gemeinsam mit asiatischen Nachbarn schaffen und ihre Möglichkeiten und Erfahrung nutzen.

Gemeinsam mit einer wachsenden Gemeinschaft von Wissenschaftlern, gesellschaftlichen Aktivisten und Geschäftsleuten, vor allem aus Sibirien, entwickeln wir seit nunmehr anderthalb Jahren das Projekt "Ostwende 2.0, oder Sibirisierung Russlands". Parallel dazu erarbeiten wir das Projekt "Die lebendige Idee – Russlands Traum. Kodex des russländischen Bürgers im 21. Jahrhundert", das zur ideologischen Grundlage der Weiterentwicklung unserer Zivilisation werden soll. Die Sibirisierung ist ein Teil dieses Ideenprogramms. Wir haben bereits begonnen, die ersten Ergebnisse unserer Arbeit der Gesellschaft und dem Staat vorzulegen.

Beim Sieg und der Beendigung der scharfen Phase der Konfrontation in Europa ist es aber wichtig, nicht in westlicher Richtung stecken zu bleiben. Europa erlischt und ist für viele Jahre von einer schlimmeren Russophobie als je zuvor angesteckt. Die Zukunft liegt im Süden und im Osten.

Nun zu einer der wichtigsten Entwicklungsrichtungen der neuen Strategie Russlands – zur Entwicklung eines Transportgerüsts, vor allem entlang von Meridianen. Durch eine Fügung des Schicksals wurde ich zu einem der Organisatoren des wissenschaftlichen Teils der Schaffung des Konzepts von logistischen "Nord-Süd"-Transportkorridoren, die Russland mit Großeurasien verbinden sollen.

Vor dem Beginn der Arbeit muss man das Offensichtliche anerkennen: der Mythos vom Vorteil von Seemächten und maritimen Wegen, insbesondere älterer Routen, gehört der Vergangenheit an. Sie werden immer verwundbarer werden.

Zu den Nord-Süd-Korridoren im europäischen Teil des Landes gibt es viele Ideen. Natürlich sind es die aktiv besprochenen und teilweise genutzten Korridore um das Kaspische Meer über Iran zum Persischen Golf, auch wenn es dort viele Probleme gibt. Es gibt die Idee eines Korridors über Afghanistan, es gibt auch die Idee eines zweiten Bosporus ("Kanal-Istanbul-Projekt") mit russischer Teilnahme. Transportkorridore über Georgien, Armenien und die Türkei sind möglich. Doch wie es mir scheint, ist es jetzt offensichtlich, dass ein Gerüst von Nord-Süd-Routen erschaffen und entwickelt werden müsste, die Russland über Sibirien mit den Märkten des aufstrebenden Asiens, mit den Märkten der Zukunft, verbinden würden.

Das wichtigste Prinzip der künftigen Strategie muss darin bestehen, dass auswärtige Verbindungen bei all ihrer Wichtigkeit nicht zum Zweck, sondern zur Ergänzung einer inneren Kohärenz Russlands und zu seiner inneren Wandlung dienen. In den kommenden Jahrzehnten werden auswärtige Verbindungen immer unsicherer werden.

Sicher muss das Konzept für Nord-Süd-Korridore, die bereits bestehende Ost-West-Korridore ergänzen, in enger Zusammenarbeit mit Spezialisten aus unseren asiatischen Nachbarländern ausgearbeitet und entwickelt werden. Freunde aus China haben bereits die großartige Initiative der Neuen Seidenstraße eingeleitet. Diese logistischen Routen sind allen zugänglich, allerdings müssen sie durch ein vertikales Netz von Routen ergänzt werden, um ein unabhängiges logistisches Gerüst Großeurasiens zu schaffen.

Sie sollen nicht nur eine sichere und erfolgreiche Entwicklung der Länder Großeurasiens begünstigen, sondern auch kulturelle und menschliche Interaktionen vertiefen, die in vielerlei Hinsicht durch die fünfhundertjährige Dominanz der westlichen Seemächte unterbrochen wurden, die vorsätzlich die innerkontinentalen Routen zerstörten.

Ich schlage vor allem, aber nicht nur für Russland folgende Prinzipien der Entwicklung des logistischen Gerüsts "Nord-Süd" vor:

Erstens: Wirtschaftliche Berechnungen sind notwendig, doch zum wichtigsten Kriterium bei der Schaffung des Konzepts eines solchen Gerüsts müssen Faktoren der Sicherheit und der langfristigen Entwicklung werden. Privatunternehmen können und sollen zur Arbeit an konkreten Projekten herangezogen werden, doch die große Logistik ist ein Vorrecht und eine Pflicht von Staaten. Insgesamt dient der Ökonomismus aus, auch wenn Wirtschaftsexperten benötigt werden, um Strategen zu helfen und deren Eifer zu zügeln.

Als der russische Minister Sergei Witte die Notwendigkeit des Baus der Transsibirischen Eisenbahn gegenüber seinen Verbündeten begründete, war der Widerstand sowohl vonseiten der Finanzkreise, als auch vonseiten der Kaufleute, die keine Konkurrenz im Fuhrwerksverkehr wollten, riesig. Hätte Witte nicht gewonnen, hätte Russland nicht überlebt.

Aus Unterhaltungen mit Kollegen weiß ich, auf welchen Widerstand das Projekt des Baus einer Brücke über den Fluss Lena in Jakutien stieß. Das Hauptargument war der bisher geringe Verkehrsfluss. Hätte Witte auf solche Argumente gehört, hätten wir niemals die Transsibirische Eisenbahn gebaut. Ihm gelang es, eine große PR-Kampagne zu organisieren und das größte russische Genie, den aus Sibirien stammenden glänzenden Wissenschaftler, Beamten und Industriellen Dmitri Mendelejew dazu heranzuziehen. Ohne Witte hätte Russland den schwersten Krieg der Menschheitsgeschichte – den Zweiten Weltkrieg oder den Großen Vaterländischen Krieg – nicht gewonnen.

Zweitens: Das Zentrum der infrastrukturellen Entwicklung soll aus dem europäischen Teil nach Sibirien verlagert werden, auch wenn die Infrastruktur im Uralvorland aus rein wirtschaftlicher Sicht effektiver ist. Blickt man auf oder über den Horizont hinaus – und gerade ein solcher Blick ist bei der Planung der logistischen Strategie notwendig –, soll das Zentrum sowohl des Verkehrsbaus als auch der geistigen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung des Landes ausgerechnet hinter den Ural verlegt werden. Ebenso soll dort die dritte, vierte oder fünfte Hauptstadt gegründet werden, indem einige Konzerne oder Ministerien dorthin verlagert werden. Ich bin froh, dass unter anderem meine Aufrufe, Teile von Konzernen in jene Regionen zu verlegen, wo sie hauptsächlich tätig sind, auch von Wladimir Putin gehört werden. Er unterzeichnete eine Anordnung über die Sitzverlegung von fast 150 Konzernen an Orte, wo sie ihre Haupttätigkeit betreiben.

Drittens: Russland ist keine Seemacht, sondern eine Flussmacht. Einst versuchte es, sich vom kontinentalen Fluch zu lösen. Unter Peter dem Großen setzten wir auf einen Durchbruch zum Meer. Das war richtig. Doch damals wie heute nutzen wir unseren gigantischen Wettbewerbsvorteil für den Verkehr und den Wiederaufbau des Landes nicht: große Flüsse und hochwertiges Süßwasser, vor allem in Sibirien, die im Überfluss ins Nordpolarmeer münden. Selbstverständlich geht es dabei nicht um idiotische Pläne einer Umkehr sibirischer Flüsse.

Zweifellos muss unser Flussverkehr wiederbelebt und an andere logistische Korridore angeschlossen werden. In jüngster Zeit fand ich nach meinen Studien, meinen Reisen über die Flüsse Jenissei und Lena und nach meinen Befragungen von Kollegen, die Ob und Irtysch passiert hatten, dass Sibiriens Flüsse schmerzlich untergenutzt sind. Mit Ausnahme der Lena verloren sie das Potenzial der kleinen Eisbrecherflotte, die den Flussverkehr um einen bis anderthalb Monate verlängern kann. Ich weiß, dass heute das Programm des 73. Längengrads, unter anderem die Wiederbelebung des Transportkorridors über Irtysch und Ob zum Nordpolarmeer, ausgearbeitet wird. Über Irtysch soll dieser Korridor nach Kasachstan und sogar ins benachbarte China führen.

Viertens: Die neue logistische Verkehrsstrategie soll unter anderem auf die Entwicklung und den Erhalt von Kleinstädten, auf die neue Runde der Erschließung Sibiriens, auf die Sibirisierung des ganzen Landes zielen.

Fünftens: Die Verkehrskorridore müssen die Wiedergeburt der zivilisatorischen Einheit Eurasiens in seiner ganzen Vielfalt begünstigen.

Sechstens: Die neue logistische Matrix soll nicht nur die Transsibirische Eisenbahn und die Baikal-Amur-Magistrale ergänzen, sondern auch Franklin D. Roosevelts New-Deal-Programm ähneln. Nach der Weltwirtschaftskrise des Jahres 1929 leitete er einen massenhaften Transportbau ein, nicht nur um das Verkehrsgerüst der USA zu stärken, sondern auch, um die gigantische Masse der Arbeitslosen mit Arbeit zu versorgen und soziale Spannungen zu mildern.

Wir haben eine solche Krise nicht. Doch Kämpfer, die vom Krieg gegen den Westen aus der Ukraine zurückkehren werden, müssen nicht nur die administrative Klasse ergänzen, sondern auch eine aussichtsreiche hochqualifizierte und gut bezahlte Arbeit erhalten, indem sie Sibiriens neue Infrastruktur bauen. Viele von ihnen werden dort bleiben, wie es beim Bau der Transsibirischen Eisenbahn und der Baikal-Amur-Magistrale der Fall war.

Siebtens: Hier muss sich eine neue russische Elite bilden, die nicht, wie viele in Moskau und anderen zentralrussischen Städten, durch Westlertum und Europhilie angesteckt ist und intellektuell immer kontraproduktiver und moralisch immer verkommener wird. Die neue Elite und das ganze Land müssen sich als Erbauer des großen Projekts eines neuen sibirischen Russlands, eines Großeurasiens, fühlen. Russland braucht große Projekte, ohne sie entwickeln wir uns nur mit Mühe. Der Bau des Transportnetzes des sibirischen Russlands und Großeurasiens muss zu einem solchen Projekt werden.

Achtens: Während wir das neue Gerüst der Nord-Süd-Routen bauen, müssen wir es schon in der Projektphase gemeinsam mit unseren asiatischen Nachbarn erschaffen und ihre Möglichkeiten und Erfahrungen nutzen. Chinas Neue Seidenstraße wird bei uns oft wie ein Konkurrent der Transsibirischen Eisenbahn interpretiert, doch warum sollte sie nicht von einem anderen, viel angemesseneren Standpunkt aus betrachtet werden. Man sollte überlegen, wie Nord-Süd-Korridore mit Chinas Neuer Seidenstraße verbunden werden könnten. Dann werden wir neue Wege nach Iran, Pakistan, zu warmen Meeren, nach Indien und Afrika erhalten.

Neuntens: Wir müssen nicht nur neue logistische Verkehrswege entlang der Nord-Süd-Linie schaffen, sondern auch mit deren Hilfe unsere Denkweise ändern. Indem wir neue Verkehrswege und Magistralen bauen, werden wir uns vom veralteten und schädlichen Eurozentrismus lösen und zu einem souveränen eigenständigen Bewusstsein übergehen. Einst bildeten die großen sibirischen Baustellen die neue russische und sowjetische Elite. Auch neue Projekte sollen diesem Ziel dienen – nicht nur absolut notwendig für die Entwicklung des Landes, sondern auch erhebend für den Geist, so wie es einst beim Bau der Transsibirischen Eisenbahn, der Erschließung der Nordostpassage, dem Bau der Baikal-Amur-Magistrale, von Komsomolsk am Amur, Bratsk und vieler weiterer Projekte der Fall war.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst veröffentlicht bei "Rossijskaja Gaseta" am 8. September 2025.

Professor Sergei Karaganow ist Ehrenvorsitzender des Russischen Rates für Außen- und Verteidigungspolitik und akademischer Leiter der Fakultät für Internationale Wirtschaft und Außenpolitik der Higher School of Economics (HSE) in Moskau.

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Wohnungen ohne Küche – ein grünes Experiment auf Kosten der Mittelklasse


Dass in Zürich kaum noch eine freie Wohnung zu finden ist, gilt als bekannt. Noch bekannter ist, wie die links dominierte Stadtregierung versucht, auf die Wohnungsnot zu reagieren: mit Wohnungen ohne Küche.

Ja, richtig gelesen. Statt echten, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sollen die Bewohner künftig ihre Küche teilen, kochen, wann es die Gemeinschaft zulässt, und ihre Intimsphäre an der Tür abgeben.

Die Idee stammt von der Architektin Regula Lüscher, Ex-Senatsbaudirektorin in Berlin. In ihrer Welt ist Privatsphäre überbewertet, Individualität optional und ökologische Effizienz ein Allheilmittel. Geteilte Küchen, Co-Working-Büros und Gemeinschaftsflächen sollen die Mittelklasse "zurück auf den Boden der Realität holen". Oder anders gesagt: Wer eine eigene Küche möchte, soll eben draußen essen oder improvisieren.

Die Idiotie geht weiter….unglaublicht.co/6SxOBLv9Ko pic.twitter.com/hsPOOgSSRX
— Marie (@kripp_m) September 13, 2025

Die SP-Mehrheit würde dem Vorschlag applaudieren. In ihrer grünen, woke-ideologischen Sichtweise ist ein urbanes Co-Living-Experiment die perfekte Lösung. Kochen wird zum Luxus, Wohnraum zur moralischen Aufgabe. Wer sich weigert, wird als unsozial gebrandmarkt – der Genosse kennt keine Privatsphäre. Effizienz über alles, Menschlichkeit optional.

Die Idee wurde von Regula Lüscher entwickelt, einst als "überforderte Senatsbaudirektorin Berlins" bezeichnet.


Printscreen Welt
Doch wer glaubt, dies sei ein ökologisches oder praktisches Experiment, irrt gewaltig. Geteilte Küchen schaffen Konflikte, Hygieneprobleme und ständigen sozialen Druck. Die Mittelklasse, die ohnehin schon zwischen steigenden Mieten und leerstehenden Luxuswohnungen eingeklemmt ist, wird zum Versuchskaninchen eines grünen Sozialismus à la Zürich.

Die luxuriösen Eigentumswohnungen bleiben ungenutzt, während normale Bewohner auf engstem Raum leben und ihre Grundrechte auf Autonomie verlieren.

Eine Wohnung ohne Küche ist ein Gefängnis, verpackt in grüner Ideologie. Altersheim-Vibes inklusive. Die Stadt Zürich setzt damit ein Zeichen: Fortschritt bedeutet nicht Lebensqualität, sondern moralisch korrekten Minimalismus. Wer bisher an Eigenständigkeit und häusliche Freiheit geglaubt hat, muss umdenken. Die Küche gehört nicht mehr zum Privaten, sie ist ab sofort ein Gemeinschaftsgut – geregelt von der linken Wohnungsbürokratie.

Wenn Zürich seine Wohnungsnot wirklich lösen will, muss es bezahlbare Wohnungen mit lebenswichtigen Funktionen bauen. Alles andere ist ein ideologisches Experiment auf Kosten der Mittelklasse, ein urbanes Co-Living-Gefängnis, das grün verpackt, aber menschlich entleert ist.

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Nawrocki genehmigt Anwesenheit ausländischer Armeen in Polen


Der polnische Präsident Karol Nawrocki hat eine Resolution unterzeichnet, die den Aufenthalt ausländischer Truppen der NATO-Mitgliedstaaten im Land genehmigt. Dies teilte das polnische Amt für Nationale Sicherheit am Sonntag mit. Der Wortlaut des Dokuments sei geheim, heißt es in der offiziellen Mitteilung dazu.

Offiziell handelt es sich um die Anwesenheit von Streitkräften aus NATO-Ländern im Rahmen der "Operation Ostwache" ("Eastern Sentry"), doch Beobachter gehen davon aus, dass damit die Intervention der NATO in den Ukraine-Konflikt vorbereitet werde. Die kurzfristige Anwesenheit von NATO-Militär im Rahmen von Manövern bedürfe normalerweise keiner förmlichen Genehmigung durch den Staatschef, heißt es. Daher geht es offenbar um zusätzliche Kontingente und/oder längere Aufenthalte des NATO-Militärs, die zur förmlichen Genehmigung zwangen.

Die NATO hat das Militärmanöver "zur Abschreckung Russlands" mit der Bezeichnung "Eastern Sentry" (auf Deutsch 'Ostwache') am Freitag angekündigt. Zuvor hatte Polen Moskau vorgeworfen, den polnischen Luftraum mit Drohnen verletzt zu haben. Der Kreml wies die Vorwürfe als unbegründet zurück und warf dem Bündnis Panikmache vor.

NATO-Generalsekretär Mark Rutte erklärte, die Übung Ostwache diene zur "Stärkung der Verteidigungsbereitschaft des Bündnisses an seiner Ostflanke". Die Manöver werden über einen nicht näher bezeichneten Zeitraum stattfinden, teilten Beamte mit.

Mehr zum ThemaNATO startet Militärübung 'Ostwache' – Reaktion auf "russische Verstöße"


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Gedanken zur Berliner Demo: Jünger, bunter, lauter – Erneuert sich die Friedensbewegung?


Von Susan Bonath

Die Friedenskundgebung unter dem Motto "Stoppt den Völkermord in Gaza! Keine Waffen in Kriegsgebiete! Frieden statt Wettrüsten" am Samstag in Berlin hat den deutschen Mainstream in Rage versetzt.

Die von den Öffentlich-Rechtlichen zelebrierte "Objektivität" hat sich selbst durch Auslassungen und Wertungen ad absurdum geführt. Andere Medien versuchten es mit Spott, persönlichen Angriffen und dem bekannten Vorwurf, die Seite der vom Westen zu "den Guten" Erkorenen nicht genug gewürdigt zu haben. Ein Kurzüberblick über die Berichterstattung und (ausdrücklich wertende) eigene Eindrücke der Autorin von vor Ort sollen dazu beitragen, den deutschen Propaganda-Dschungel zu erhellen.

Die "umstrittenen" Öffentlich-Rechtlichen

Das Meinungsschlachtschiff Tagesschau versuchte sich in bräsiger Aneinanderreihung von Verlautbarungen. "Tausende Menschen" hätten an der Kundgebung am Brandenburger Tor teilgenommen, zu der "BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht und andere prominente Mitstreiter wie der Schauspieler Dieter Hallervorden, der Musiker Peter Maffay und der Rapper Massiv aufgerufen hatten". Die Polizei habe 12.000 Teilnehmer "gezählt", die Veranstalter 20.000. Alle hätten einen generellen Waffenlieferstopp in Kriegsgebiete sowie Friedensverhandlungen gefordert, "sowohl im Nahen Osten als auch in der Ukraine".

Die Nachrichtensendung zitierte sogar die inzwischen zur Verkörperung des Bösen aufgeblasene BSW-Chefin Wagenknecht einigermaßen korrekt: "Auch wir verurteilen das schreckliche Massaker der Hamas und die Geiselnahmen." Nichts davon rechtfertige aber, "zwei Millionen Menschen im Gazastreifen, die Hälfte davon Kinder, wahllos zu bombardieren, zu ermorden, auszuhungern und zu vertreiben". Ähnlich hielt es das ZDF. Trotzdem versteckten die öffentlich-rechtlichen Hauptkanäle viel Propaganda im Detail.

Die Tagesschau verkündete zwar, dass die Organisatoren eine Videobotschaft des britischen Musikers Roger Waters übertrugen, versahen seine Person allerdings mit dem Etikett "der umstrittene Pink-Floyd-Mitbegründer". Das Wort Völkermord setzte sie geflissentlich in Anführungsstriche, erklärte aber immerhin, dass Völkermordforscher der israelischen Führung diesen ebenfalls vorwerfen. Während das ZDF sogleich ausgiebig die Verlautbarungen des Täters herunterrasselte. Die Inhalte der Reden der Protagonisten blieben fast vollständig im Dunkeln. Und die übertragene Videobotschaft des jüdisch-israelischen Soziologen Moshe Zuckermann verschwiegen sie alle, auch Die Zeit, die taz, die Berliner Morgenpost und andere.

Spott und persönliche Angriffe

Die sich für liberal haltende Zeit versuchte, die Protagonisten mit Hohn und Spott zu verunglimpfen. Unter dem Titel "Die wilde Wagenknecht-Connection" verzichtete sie zwar auf jegliche inhaltliche Auseinandersetzung, schlug aber umso kräftiger auf die BSW-Gründerin und den 90-jährigen Hallervorden (denen es angeblich nur darum gehe, "wieder Aufmerksamkeit zu bekommen") persönlich ein. Die Demo-Teilnehmer stellte das Blatt sämtlich ins Schwurbel-Eck, gespickt mit Vokabeln wie "Frieden" in Anführungsstrichen, "antisemitisch", "schnulzigen Songs", "AAAABER" und mehr.

Den belegbaren ukrainischen Kult um den Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera tat Die Zeit wie Roger Waters' private Verschwörungstheorie ab. Den live übertragenen Völkermord in Palästina behandelte sie wie eine Erfindung irgendwelcher Untergrund-Antisemiten, und Zitate aus den Reden riss sie aus dem Zusammenhang, um sogleich böswillige Motive zu unterstellen und noch eine Schippe Hohn obendraufzupacken.

Die Berliner Morgenpost wartete mit einer derartigen Keule gleich in der Überschrift auf: "Gegendemonstranten verspotten Wagenknecht" – obgleich es das wohl Irrelevanteste an der ganzen Veranstaltung war, dass maximal zwei Dutzend Schwenker von Israel-, Ukraine- und persischen Schahflaggen auf der anderen Seite des Tors mutmaßlich Parolen grölten, die bei der Demo gar nicht ankamen. Und laut der taz sei "der Versuch, Nahost mit der Ukraine zu verknüpfen, missglückt". Nun, erstens hat niemand beides in der Sache miteinander "verknüpft", zweitens richten sich bekanntlich Friedensdemos gegen jeden Krieg – und so kamen tatsächlich auch andere Kriege zur Sprache.

Eindrücke: Formiert sich mehr Widerstand?

Die Teilnehmerzahl ist tatsächlich schwierig zu schätzen. "Wenn der Platz voll ist, sind es über 15.000", versicherte ein erfahrener Journalistenkollege der kleinen Berliner Tageszeitung junge Welt. Er war brechend voll, zumal ich später auf der Suche nach der Gegendemo auch auf der anderen Tor-Seite viele Palästina- und Friedensbanner entdeckte. Erst später bemerkte ich, dahinter versteckt, ein Grüppchen der chinesischen Falun-Gong-Sekte sowie einige Personen mit einer Flagge des persischen Schahs und einer israelischen Fahne. Zwei weitere Personen, mutmaßlich auf dem Weg zu ihnen, trugen eine weitere Israel- sowie eine ukrainische Fahne.

Das Publikum der Friedensdemo war in jeder Hinsicht bunt durchmischt, sowohl vom Alter als auch von der Herkunft her. Neben Fahnen und Transparenten mit Friedenstauben und Antikriegssprüchen, die an die alte (bereits recht vergreiste) Friedensbewegung erinnerten, wehten Kufiyas (Palästinensertücher) und Palästinaflaggen. Die vom Selbstverständnis her marxistische Zeitung junge Welt verteilte kostenlos ihre Exemplare, viele Flyer mit Botschaften gegen Unterdrückung sowie für Frieden und Völkerverständigung gingen um.


Menschen halten Flaggen und Plakate während der Pro-Gaza-Demonstration, die von der linken Partei BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) und der Allianz „Welt in Frieden” am 13. September 2025 in Berlin organisiert wurde.Maryam Majd/Getty Images / Gettyimages.ru
Jünger, bunter, multikulturell

Hervorhebenswert ist vor allem die starke migrantische Beteiligung: Menschen jeder Herkunft, Kultur und Hautfarbe demonstrierten zusammen, und das ist definitiv ein Novum für die Friedensbewegung, die zuletzt arg gealtert war. So war auch der Altersdurchschnitt sehr viel geringer, als bei Veranstaltungen dieser Art noch vor ein paar Jahren. Auffällig war darüber hinaus ein hoher Frauenanteil, viele Kinder und Jugendliche, was nur zum Teil an der Beteiligung von Palästina-Solidaritätsgruppen herrührte.

Die von den "Leitmedien" vielfach verunglimpften Reden auf der Bühne empfand ich allerdings noch immer als zu wenig kämpferisch und viel zu sehr darauf bedacht, (ohnehin erwarteten) böswilligen Gegenwind aus dem Mainstream zu vermeiden. Um es konkreter zu machen: Die klassischen Vorabbekenntnisse à la "Wir verurteilen Putins Angriffskrieg" bis "Hamas ist eine böse Terrororganisation" fehlten nicht, wurden aber von den meisten Medien vorhersehbarerweise als "gar nicht so gemeint" verspottet. Man hätte darauf verzichten können.

Bitte etwas selbstbewusster!

Dazu noch ein paar persönliche Gedanken: Erstens trägt es nicht zum Ziel der Demo, dem Frieden, bei, allein schuldige Bösewichte zu verorten. Das entspricht nie der komplexen Realität und kann nicht Grundlage zum Verhandeln sein. Das betrifft auch die Hamas: So sehr man ihre Ideologie und einzelne Taten verurteilt, ist sie doch Teil des palästinensischen Widerstands. Die seit Jahrzehnten brutal unterdrückten Palästinenser haben ganz grundsätzlich ein solches Recht auf Widerstand gegen den laut Völkerrecht illegal agierenden, schwere Menschenrechtsverletzungen begehenden Besatzerstaat.

Hier hilft ein Blick in die Geschichte: Auch die versklavten Afrikaner in den US-amerikanischen Südstaaten begingen im 19. Jahrhundert Massaker an ihren weißen "Herren" und deren als Zivilisten geltenden Familien. Niemand käme deswegen heute auf die Idee, damit die Sklaverei zu rechtfertigen oder sie als Grund für die Aufstände der Unterdrückten zu leugnen. Genau das betreiben aber deutsche Moralapostel bezüglich der israelischen Besatzung, deren Praxis nicht nur in Gaza, sondern auch im Westjordanland immer genozidaler wird. Die Friedensbewegung sollte nicht mehr über jedes Stöckchen derer springen, die sie hassen.

Auftakt für weitere Demos

Die Kundgebung am Samstag könnte ein Meilenstein für eine neu erstarkende, jüngere Friedensbewegung sein. So sollen bis zum 3. Oktober an mehreren Orten weitere Aktionen stattfinden, zum Beispiel am 20. September im bayerischen Grafenwöhr, dem voraussichtlichen Stationierungsort neuer US-Raketen, am 27. September in Berlin unter dem Motto "All Eyes on Gaza – Stoppt den Genozid" und am 3. Oktober unter dem Slogan "Nie wieder Krieg" in Stuttgart und Berlin.

Ob gerade eine neue, starke Friedensbewegung entsteht und aufsteht, muss sich noch zeigen. Noch sind viele Gruppen gespalten, nicht zuletzt durch Medienkampagnen, auf welche Teile der alten Bewegung oft ziemlich allergisch reagieren, anstatt sich mit Blick auf die Sache selbstbewusst auf Widersprüche einzulassen. Ein geschlossener Aufstand ist angesichts der brenzligen Lage aber nötiger denn je. Anders werden die einflussreichen Kriegstreiber in Deutschland nicht aufzuhalten sein.

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Demonstration "gegen Migration" in London? Das ist nur die Oberfläche...


Von Dagmar Henn

Für die Konservativen in Großbritannien ist die Londoner Demonstration ein Menetekel ‒ mindestens 100.000 bis 150.000 Menschen marschierten selbst nach Schätzungen liberaler Medien am Samstag durch London, in einem Zug, dessen ursprüngliches Thema die Einschränkung der Meinungsfreiheit war, als "Festival der freien Rede", der sich aber auch infolge der Auseinandersetzungen in jüngerer Zeit in eine Demonstration gegen illegale Einwanderung verwandelte.

Das lag bei weitem nicht nur am Organisator der Demonstration, Tommy Robinson, einer etwas zwielichtigen Gestalt, die Anfang des Jahrtausends tatsächlich Mitglied der britischen Nazipartei British National Party (BNP) war. Außerdem Hooligan, Flugzeugmechaniker, Journalist, Spieler und Berater der Brexit-Partei UKIP ‒ und stets in Aktivismus gegen Migration, insbesondere islamische, involviert. Ein Mann, der bereits mehrere Gefängnisaufenthalte wegen gewalttätigen Verhaltens hinter sich hat. Ginge es um Robinson und nicht um die unzähligen Probleme, die die britische Gesellschaft derzeit plagen, hätte das Zahlenverhältnis nie mehr als 100.000 auf der Demonstration und nur 5.000 auf der Gegendemonstration betragen ‒ viele Jahrzehnte lang waren die Zahlenverhältnisse umgekehrt.

Aber auch Großbritannien hat ein Migrationsproblem. Im vergangenen Jahr allein kamen 36.816 illegale Einwanderer per Boot, über den Ärmelkanal, nach England. Das ist etwas weniger als 2022, aber damals war eigentlich versucht worden, diesen Weg zu versperren ‒ die französische und die deutsche Polizei versuchten damals, auch in Deutschland den Kauf von Schlauchbooten und Motoren für diesen Zweck zu unterbinden. 90 Prozent dieser Boote sollen in Deutschland erworben worden sein. Allerdings gibt es inzwischen Mitteilungen über einen Schmuggel von Schlauchbooten zur Kanalüberquerung bis aus der Türkei. Im August wurden auf britische Bitten an der bulgarischen Grenze 70 Boote beschlagnahmt, die für diesen Zweck in Lastwagen verborgen worden waren.

Dennoch haben im laufenden Jahr bereits 30.164 Personen so den Kanal überquert ‒ allein am Samstag, dem 6. September, mehr als 1.000. Im Juli waren 45.000 Asylbewerber in Hotels untergebracht, zu Kosten von 6 Millionen britischen Pfund (6,93 Millionen Euro) täglich. Die Migranten, die über den Ärmelkanal kommen, machen jedoch nur einen Teil der Einwanderer aus. Die weit überwiegende Mehrheit kommt legal, mit einem Besuchs- oder Arbeitsvisum, und bleibt. Allein in London wird nach einer neueren Studie die Zahl der Illegalen auf bis zu 585.000, also jeden zwölften Stadtbewohner, geschätzt.

Die Migranten auf den Booten kommen überwiegend aus Afghanistan und Eritrea, Iran und Syrien. Insgesamt sind Indien, Polen, Pakistan und Rumänien die Hauptursprungsländer von in Großbritannien lebenden Ausländern. Allerdings sind gerade von Indern und Pakistanis viele längst eingebürgert worden. Seit 2006 hat sich die Zahl der nicht in Großbritannien geborenen Einwohner von 5,2 Millionen auf 10,3 Millionen im Jahr 2023 fast verdoppelt. Leicester, London, Birmingham, Manchester, Slough und Luton sind Städte, in denen die Briten nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung stellen. Der derzeitige Labour-Bürgermeister von London, Sadiq Khan, ist ein Brite pakistanischer Abstammung. Die Generation seiner Eltern gehörte noch zu jenen, die als Angehörige des Commonwealth, also der ehemaligen britischen Kolonien, einfach einreisen konnten.

Aber im Gegensatz zum Jahr 1968, als Khans Eltern in London eintrafen, ist Großbritannien heute weder ein Industrieland noch in wirtschaftlich guter Verfassung. Nachdem Maggie Thatcher als Premierministerin in den 1980ern die Deindustrialisierung eingeleitet hatte, ist inzwischen nur noch wenig Industrie übrig: Das letzte Stahlwerk des Landes ‒ Scunthorpe ‒, das einmal die Stahlproduktion mit Kokskohle erfunden und damit die Industrialisierung ermöglicht hatte, wurde im April durch Verstaatlichung vor der Schließung gerettet. Das Erdöl aus der Nordsee, das die Folgen dieser Deindustrialisierung überdeckt hat, ist inzwischen weitgehend erschöpft, und die Finanzwirtschaft in der City of London hangelt sich seit 2008 auch nur von Blase zu Blase, selbst wenn die Zahlen den Anschein erwecken, da werde Geld verdient.

Die Entscheidung für den Brexit, also den Ausstieg Großbritanniens aus der EU, wurde auch durch die Hoffnung motiviert, dadurch die Migration unter Kontrolle zu bringen. Die Regierungen nach dem Brexit, gleich, ob Konservative oder Labour, machten diese Hoffnungen jedoch zunichte. Schlimmer noch ‒ seit der Eskalation des Ukraine-Konflikts ist Großbritannien immer mit dabei, dann eben über die NATO, wenn nicht über die EU. Immerhin war es ein britischer Premierminister, Boris Johnson, der die eigentlich erfolgreichen Verhandlungen in Istanbul zwischen Kiew und Moskau Anfang April 2022 zum Absturz brachte, und seitdem ist jeder britische Premier unter den aggressivsten Anhängern Kiews zu finden.

Was natürlich auch im Budget bemerkt wird. Erst im März hatte der aktuelle (Labour-)Premier Keir Starmer einen "Kreditvertrag" mit Selenskij in Kiew unterzeichnet, über 2,74 Milliarden Euro, nach einem Winter, in dem armen britischen Rentnern die Heizbeihilfen gestrichen wurden, weil nicht genug Geld dafür vorhanden gewesen sei. Auch Aufrüstung soll betrieben werden: Sechs neue Waffen- und Munitionsfabriken sind geplant. 240.000 britische Haushalte lebten, nach Aussage der Lloyds Bankengruppe vom Oktober 2024, in Notunterkünften, darunter 150.000 Kinder, und auf den Wartelisten für Sozialwohnungen, die auch dort zur immer knapperen Ressource werden, stehen 1,5 Millionen Haushalte ‒ mit Wartezeiten von bis zu 55 Jahren. Die Bank kommt übrigens in ihrer Veröffentlichung zu einem überraschenden Schluss bezüglich der Vorteile des sozialen Wohnungsbaus: "Hausbau unterstützt zwischen 4,1 und 4,5 Vollzeitjobs pro errichtetem Haus, und für jeden Job in der Bauwirtschaft werden weitere 1,7 Jobs in der übrigen Wirtschaft geschaffen. Mehr als die Hälfte jeder staatlichen Förderung für Sozialwohnungen könnte durch Zunahme der Steuereinnahmen wieder hereingeholt werden. Zusätzlich, so zeigt ein Bericht der National Housing Federation, würde die Errichtung von 90.000 Sozialwohnungen binnen drei Jahren 37,8 Milliarden Pfund in die Wirtschaft leiten."

Als wäre dieses Elend nicht genug, hat Großbritannien auch noch das schärfste Vorgehen gegen die Meinungsfreiheit in Europa. Dabei werden gleich zwei Seiten ins Visier genommen ‒ es gibt ein extrem hartes Vorgehen gegen Aussagen gegen Migranten (schon der Satz "Sprich Englisch" gilt als Beleidigung), aber auch gegen die Palästina-Proteste, die in London ebenfalls gigantisches Format erreichten. Jüngst wurde sogar die propalästinensische Gruppe "Palestine Action", die einen Farbanschlag auf eine britische Niederlassung der israelischen Rüstungsfirma "Elbit Systems" durchgeführt hatte, zur terroristischen Organisation erklärt.

Vergangene Woche wurde ein irischer Komiker, Graham Linehan, am Flughafen Heathrow verhaftet, weil er im April auf X einige Bemerkungen gepostet hatte, die als "Verdacht, Gewalt gegen Transgendermenschen online zu fördern", bewertet wurden. Eine davon lautete, wenn man eine Transgenderfrau in einem Bereich "nur für Frauen" antreffe, solle man "eine Szene machen, die Polizei rufen, und, wenn das alles nichts nützt, ihm in die Eier treten".

Fünf Polizisten umringten ihn dafür auf dem Flughafen, was selbst die Fraktionsvorsitzende der derzeit opponierenden Konservativen, Kemi Badenoch, dazu brachte, zu sagen, das sei "keine Polizeiarbeit, sondern Politik". Die Ressourcen der Polizei würden "für Gedankenkontrolle verschwendet". Tatsächlich ist die britische Justiz äußerst großzügig in der Verteilung von Haftstrafen für Beiträge auf sozialen Medien. Auch ein kultureller Bruch mit dem Land, das Fußball und Punk erfand und in dem nun Sprache kontrolliert wird wie zuletzt unter Königin Victoria.

Es ist diese verbreitete Zensur, die dazu führte, dass auch Elon Musk einen Redebeitrag bei der Londoner Demonstration hielt. Großbritannien hat keine geschriebene Verfassung ‒ das erschwert die Verteidigung von Grundrechten, wenn sie einmal ernsthaft gefährdet sind. Aber die Repression zumindest funktioniert.

Auffällig bei der Demonstration waren die vielen Georgskreuze, rot auf weißem Grund. Auch das ein Detail, bei dem die offizielle Politik selbst für eine Eskalation gesorgt hatte. Es handelt sich dabei nämlich um die Fahne Englands. Der bekanntere Union Jack steht für England, Schottland, Wales und Nordirland. Man kann sie immer mal wieder sehen, wenn die englische Nationalmannschaft spielt. Seit sie im vergangenen Sommer aber bei Protesten gegen Migration aufgetaucht ist, geht die Polizei dagegen vor, weil sie für Rassismus stehen soll ‒ ohne dass sich an ihrem offiziellen Status etwas geändert hat. Was bedeutet, dass die Polizei des Landes die Landesfahne verbietet... Wer die Briten kennt, insbesondere jene aus der Arbeiterklasse, weiß, dass sie nichts stärker motiviert, etwas zu tun, als es zu verbieten. Die Georgsfahne hat also längst den Status eines Protestsymbols erreicht, das sich gegen die Zustände als Ganzes, samt Regierung, richtet, während die Behörden so tun, als ginge es nur um Migration.

Ein weiterer Punkt, der sich in der Teilnahme an dieser Demonstration manifestierte, ist der Verfall des britischen Parteiensystems. In so gut wie allen Umfragen liegt inzwischen Nigel Farages Reform-Partei weit vor den Konservativen und Labour, obwohl Letztere noch im vergangenen Jahr die Wahlen gewonnen hatten. Aber es gibt nicht nur Farage: Auf der Linken arbeitet der ehemalige Labour-Chef Jeremy Corbyn ‒ der von den neoliberalen Fans Tony Blairs aus der Partei gemobbt wurde (als "Antisemit", weil er für Palästina eintrat) ‒ an der Gründung einer neuen Partei links von Labour. Seit dem Zweiten Weltkrieg hatten sich Konservative und Labour die Wähler und die Ämter geteilt, während Labour von der gewerkschaftsdominierten klassischen Sozialdemokratie wegmutierte, mit nur ein paar Liberaldemokraten dazwischengestreut. Jetzt erreicht Farage in den Umfragen so viel wie Labour und Konservative zusammen, die also, da Großbritannien ein Mehrheitswahlrecht hat, darauf hoffen müssen, dass Corbyns Gründung Erfolg hat, weil sie dann wenigstens noch mitkoalieren könnten.

Und noch immer nicht ist man am Ende des britischen Elends angelangt. Vergangene Woche kursierte das Gerücht, Großbritannien sei so pleite, dass es beim IWF um einen Kredit bitten müsse ‒ ein Zustand, den es mit Frankreich teilt. Und dann kam auch noch die Bombe mit Peter Mandelson, dem britischen Botschafter in den USA, der gerade gefeuert wurde. Mandelson, alter Labour-Adel und schon zu Zeiten von Tony Blair die graue Eminenz, stolperte über seine Nähe zu ‒ Jeffrey Epstein. Kurz vor der Jahrtausendwende verfasste er zusammen mit dem deutschen Kanzleramtsminister Bodo Hombach das Blair-Schröder-Papier, das den neoliberalen Niedergang beider Parteien anbahnte. Von 2004 bis 2008 war Mandelson EU-Handelskommissar.

Starmer hatte erst kurz zuvor seine Stellvertreterin Angela Rayner entlassen müssen, die über Steuerhinterziehung bei einem Immobiliengeschäft gestolpert war. Rayner war bereits die achte Ministerin, die in der Amtszeit von Starmer, die im Juli 2024 begann, ausgeschieden ist. Nun wird im Gefolge der Affäre um Mandelson auch Starmers Stabschef Morgan McSweeney in Frage gestellt, der eng mit Mandelson verknüpft ist. Unter der Regierung von Tony Blair war McSweeney Mandelsons Mitarbeiter.

Gewürzt wird diese ganze Melange aus Elend und Verfall auch noch durch Affären wie jene um pakistanische Gangs, die über Jahrzehnte hinweg und an vielen Orten von der Polizei gedeckt junge Mädchen missbrauchten. Das ist nicht die Wurzel des Übels, aber es beeinflusst, welche Gestalt der Zorn darüber annimmt. Gleich, ob Konservativ oder Labour, die Missachtung der Bedürfnisse der gewöhnlichen Bevölkerung kennzeichnet sie beide. Und beide erklären zwar gelegentlich gern, den Zufluss von Migranten eindämmen zu wollen, ändern aber praktisch nichts. Beide stehen ebenso sehr hinter dem völkermörderischen Israel wie hinter der Ukraine, und ersetzen einen Versuch, die Probleme im Inneren zu lösen, durch großspurige außenpolitische Auftritte. Oder durch Vorschriften für CO2-neutrale Bestattungen.

Insofern ist die Haltung zur Migration oder selbst zur Meinungsfreiheit nur die Oberfläche ‒ darunter findet sich ein vielstimmiges, vielgestaltiges "Es reicht!". George Galloway, wirkliches Urgestein der klassischen, also nicht woken, britischen Linken, teilte einen Beitrag eines Labour-Abgeordneten, der über einen Freund berichtete, der an der Londoner Demonstration teilnahm. "Die Regierung hört uns nicht zu", zitiert er ihn, und: "Ich will mich wieder stolz fühlen können für mein Land." Und setzt selbstkritisch nach: "Wir haben eine Gesellschaft errichtet, die den Menschen zu wenig gibt, was sie miteinander gemein haben, keine kollektive Geschichte darüber, wer wir sind oder wofür wir sind."

Das Kriegsgeschrei, das auch die britischen Regierungen ausstoßen, ist nichts, was Menschen mit ihrem Land verbindet. Was sich da unter der Mischung von Union Jack und Georgsbanner versammelt hat, ist ein Ausdruck der Qual und des Protests, der wohl erst dann zu einem Ausdruck von Hoffnung werden kann, wenn der Verfallsprozess des politischen Systems in Großbritannien abgeschlossen ist.

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Christoph Heusgen: "Deutschland könnte wegen Genozid in Gaza verurteilt werden"


In einem Interview mit der Berliner Zeitung fordert der ehemalige Berater Merkels und vormalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, von der Bundesregierung, Palästina als Staat anzuerkennen. Angesichts des aggressiven und völkerrechtswidrigen Vorgehens in Gaza sowie der endlosen Kriegsverbrechen Israels, aus denen zudem eine Genozidabsicht herauszulesen ist, habe sich international die Haltung zur Umsetzung der Zweistaatenlösung geändert. Viele Länder erkennen Palästina inzwischen an – auch Verbündete Deutschlands. Heusgen fordert daher von der Bundesregierung ein Umdenken.

"Wenn unser Nachbar Frankreich, mit dem wir außenpolitisch auf einer Linie sein wollen, sowie unser enger Partner Großbritannien und zuletzt Belgien die Absicht bekunden, Palästina anzuerkennen, dann sollte auch Deutschland sich mit dieser Frage befassen. Inzwischen haben mehr als drei Viertel der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Palästina anerkannt. Die derzeitige Position Deutschlands ist, dass eine Entscheidung erst am Ende eines Friedensprozesses getroffen werden soll. Meiner Meinung nach sollten wir diese Position überdenken."

Kritisch sieht Heusgen auch die Absage von Bundeskanzler Friedrich Merz gegenüber einer möglichen Festnahme Netanjahus durch deutsche Strafverfolgungsbehörden. Gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu liegt ein Haftbefehl des internationalen Strafgerichtshofs vor. Merz hatte sich bereits im Februar dagegen ausgesprochen, Netanjahu festzunehmen, sollte er Deutschland besuchen. Heusgen weist darauf hin, dass der Internationale Strafgerichtshof in der historischen Abfolge der Nürnberger Prozesse steht und Deutschland als Unterzeichnerstaat des Römischen Statuts sich seiner rechtlichen Verpflichtung zur Umsetzung des Haftbefehls nicht entziehen kann.

"Der Internationale Strafgerichtshof ist von Deutschland mitinitiiert worden. Seine Vorgeschichte sind die Nürnberger Prozesse. Mit der Unterzeichnung des Römischen Statuts hat sich Deutschland verpflichtet, einen ausgestellten Haftbefehl umzusetzen. Unser Land hat also eine historische und völkerrechtliche Verpflichtung, dies zu tun."

Natürlich habe Deutschland eine besondere Verantwortung gegenüber dem Staat Israel, bekennt Heusgen. Das drückt sich darin aus, dass bereits die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel die Sicherheit Israels zur deutschen Staatsräson erklärte. Allerdings deutet Heusgen angesichts der politischen Entwicklungen in Israel diese Staatsräson anders als die Bundesregierung. Netanjahus aggressive Politik – der Angriff auf Katar beispielsweise – schade der Sicherheit Israels und führe das Land in die Isolation. Es diene der Sicherheit Israels, Netanjahu von diesem Kurs abzubringen.

"Wir haben die Verantwortung, Israel zu sagen, dass es mit seiner aktuellen Politik nicht weiterkommen wird."

Heusgen fordert eindringlich, die Unterstützungspolitik Israels zu überdenken. Deutschland liefert weiterhin Waffen an Israel. Die Lieferung von Waffen, die für Angriffe auf Gaza eingesetzt werden können, müsse gestoppt werden, sagt Heusgen. Der Grund dafür ist nicht nur ethisch, sondern klar juristisch fundiert.

"Der Internationale Gerichtshof hat festgestellt, dass in Gaza die Gefahr eines Genozids besteht. Israel hat die Auflagen des IGH wie zum Beispiel wirksame Maßnahmen zur Lieferung humanitärer Hilfe nicht umgesetzt. Im Gegenteil: Menschen verhungern. Es besteht also die reale Gefahr, dass Deutschland, wenn es Waffen liefert, die in Gaza eingesetzt werden, wegen Beihilfe zum Genozid verurteilt wird. Das wäre verheerend."

Grundsätzlich sieht Heusgen noch keine Anzeichen dafür, dass das deutsche Ansehen in der Welt durch die einseitige Unterstützung Israels Schaden genommen hätte. Allerdings wäre die deutsche Nahost-Politik immer häufiger Anlass für kritische Fragen.

"Wir verfügen über einen sehr guten Ruf, der nicht so schnell ruiniert wird. In New York werden die kritischen Fragen aber immer lauter, was Deutschlands Nahost-Politik betrifft."

Deutschlands ehemalige Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), die in der vergangenen Woche den Posten der Präsidentin der UN-Generalversammlung angetreten hat, entschied sich auf einer Pressekonferenz für einen ganz eigenen Umgang mit diesen kritischen Fragen. Sie leugnete einfach von ihr im Bundestag gemachte Aussagen.

Baerbock hat im Bundestag die Angriffe Israels auf Zivilisten legitimiert und behauptet, zivile Einrichtungen könnten ihren Schutzstatus verlieren, wenn sich dort auch Kämpfer der Hamas aufhalten. Gegenüber einem Journalisten hat Baerbock behauptet, sie habe diese Aussage nie gemacht. Zur Trendumkehr hinsichtlich des Ansehens Deutschlands in der Welt hat Baerbock damit nicht beigetragen.

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"Politik macht frei" – Deutsche Botschaft verhöhnt Russen mit Arendt-Zitat


Von Alexej Danckwardt

Deutschlands Botschaft in Moskau hat ihr Gebäude erneuert und nutzt die wenige von außen sichtbare Fläche nun für Agitation und Propaganda. Sonst ist die BRD-Botschaft nämlich ein abwehrender, nicht einsehbarer und düsterer Bunkerbau aus dem Kalten Krieg.

Derzeit hängt zur Mosfilmowskaja-Straße hin ein Banner mit dem Konterfei der deutschstämmigen US-Politikwissenschaftlerin Hannah Arendt aus ‒ und ihrem ins Russische übersetzten Spruch "Der Sinn von Politik ist Freiheit". Der Satz ist sprachlich ungenau übersetzt, aber dazu kommen wir noch.

In ihren sozialen Netzwerken, die sich in russischer Sprache an Russen richten (6.000 Abonnenten auf Telegram), wirbt die Botschaft für das Banner:

"Dieser Aufruf könnte derzeit kaum aktueller sein. Er macht uns schmerzlich bewusst, wie sehr die Freiheit in unserer Zeit eingeschränkt ist."

Und ruft auf, Unfälle zu bauen:

"Wenn Sie vorbeifahren, sollten Sie unbedingt Ihren Blick darauf verharren lassen!"

Der Post (85 zustimmende Likes) erschien am Donnerstag und fiel wie zum Hohn zeitlich mit der Nachricht zusammen, dass die Botschaft die in den letzten Jahren restriktive und gemessen an der Größe des russischen Volkes mickrige Visavergabe noch weiter reduzieren und noch restriktiver handhaben will.

Offenbar schließen die deutschen Diplomaten vom oberflächlichen Intellekt derjenigen, die noch zu Botschaftsempfängen geladen werden und erscheinen, auf alle Moskauer. Wie sonst kommt man darauf, die Russen wüssten nicht, wer es ist, der aktuell ihre Freiheit eingeschränkt hat und mit Füßen tritt?

Die Reisefreiheit durch besagte restriktive Visavergabe und seit Jahren auf Initiative der EU verbotene Direktflüge und gestrichene Zugverbindungen, durch künstlich organisierte Torturen an den Grenzübergängen.

Die Meinungsfreiheit durch Strafverfahren für prorussische Äußerungen, die nicht nur mich aus Deutschland herausekelten, durch Sanktionen, durch Hassstiftung aller Art gegen Andersdenkende.

Die Informationsfreiheit, indem YouTube, Facebook und Co. seit 2014 systematisch die Accounts erst aller ukrainischen Politiker und Journalisten des Antimaidan-Spektrums, dann aller Reporter im Donbass und schließlich auch offizieller russischer und oppositioneller ukrainischer Medien sowie russischer Top-Blogger gesperrt und gelöscht haben. Anatoli Scharij, Tatjana Montjan, Nikolai Asarow, Dmitri Putschkow (alias Goblin...) sind da nur die exponiertesten Beispiele. Auch meine Twitter- und Facebook-Accounts sind weiterhin gesperrt, diejenigen von RT DE sowieso.

Wirtschaftliche Freiheiten durch Sanktionen, die dem Prinzip von Kollektivstrafe und Sippenhaft folgen und längst jedes Augenmaß und jede Verhältnismäßigkeit verloren haben. Durch komplett unmöglich gemachte Banküberweisungen, durch den Diebstahl russischen Vermögens in der EU.

Und selbst das Recht auf Leben, zunächst "nur" der Menschen im Donbass, seit drei Jahren aller Russen: Durch Lieferung deutscher Waffen mit Namen aus der Raubtierwelt, von Drohnen und Taurus-Marschflugkörpern an die faschistische Bestie, die sich 2014 mit westlicher, auch deutscher, Hilfe in Kiew eingenistet hat. Durch das Wegsehen und Schweigen bei Terroranschlägen, die diese Bestie in Russland regelmäßig verübt und zu denen sie sich offen bekennt. Durch dreiste Versuche, das Bestialische wegzulügen.

Das ist die "Freiheit", die der "Sinn" deutscher und europäischer Ostpolitik ist. Und anders als der im EU-Parlament patentierte Russen- und Russlandhasser im Botschaftergewand meint, wissen Russen, ja inzwischen sogar die vor kurzem noch in den Westen blind verliebten Moskauer, bestens, wer ihnen ihre ganz konkreten Freiheiten genommen hat. Es ist jedenfalls nicht der russische Staat, der keine oder nur wenige Visa vergibt, Verkehrsverbindungen gestrichen, Banküberweisungen verboten und Accounts von Journalisten und ukrainischen Oppositionellen gelöscht hat.

Ungewollt hat derjenige, der Arendts (ohnehin wenig wahren, fragen Sie am besten die Sklaven im antiken Athen) Satz ins Russische übertrug, den Hohn des Ganzen auf der Nuancenebene sichtbar gemacht.

Wie man ihn korrekt ins Russische übersetzt, hat einst die Landeshauptstadt Stuttgart vorgemacht: "Смысл политики – в свободе" ("Smysl politiki – w swobode"). Die Linguistikexperten in der Redaktion meinten, auch die Übersetzung der Botschaft ("Смысл политики – свобода") sei nicht falsch, und sie verstünden nicht, was ich für ein Problem hätte. Doch das Weglassen der kleinen Präposition "w" macht aus Arendts Gedanken, die Bürgerschaft könne sich durch politische Selbstermächtigung befreien, etwas ganz anderes: Die Politik (im Sinne von "die Herrschenden") ist es, die die Freiheit hat. Die Freiheit nämlich, mit der Bürgerschaft nach Belieben zu verfahren, was die gewählten Monarchen in Brüssel und Berlin aktuell ja auch in vollen Zügen ausleben. Aus "Selbst werdet ihr euch befreien" wurde "Politik macht frei".

Die Kommentare auf dem Telegram-Kanal der deutschen Botschaft sind übrigens ausgeschaltet. Sonst könnten sich die Athener Sklaven Russen ja noch zur freien Rede erdreisten ...

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de.rt.com/meinung/256004-polit…

Hochrechnung Kommunalwahlen NRW: CDU stärkste Kraft, AfD verdreifacht, Grüne erleben Debakel


Die CDU hat sich laut Hochrechnung bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen als stärkste Kraft klar behauptet. Die AfD konnte im bevölkerungsstärksten Bundesland ihr Ergebnis im Vergleich zur Wahl 2020 mehr als verdreifachen und landete auf dem dritten Platz hinter CDU und SPD. Die Grünen müssen laut der Prognose erhebliche Einbußen hinnehmen.

Die Christdemokraten kommen laut Hochrechnung auf 34,2 Prozent und liegen damit ungefähr bei ihrem historisch schlechten Kommunalwahl-Ergebnis von 2020, als sie 34,3 Prozent erreichten. Zweitstärkste Kraft wurde die SPD mit 22,6 Prozent. Die Sozialdemokraten müssen im Vergleich zu 2020 noch einmal leichte Einbußen von 1,7 Prozentpunkten hinnehmen.

🚨#NRW-#Kommunalwahl 2025 | #Hochrechnung 19:04 Uhr🚨 pic.twitter.com/VKXV57axis
— Deutschland Kurier (@Deu_Kurier) September 14, 2025

Stark im Aufwind ist im Westen die AfD. Sie kann in NRW laut Hochrechnung um 11,3 Prozentpunkte zulegen und kommt auf 16,4 Prozent. Wie bereits bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar ziehen die Rechtspopulisten damit an den Grünen vorbei, die laut Prognose 8,3 Prozentpunkte verlieren und nur noch mit 11,7 Prozent rechnen können. Im Jahr 2020 hatte die Ökopartei mit 20 Prozent ihr bestes Kommunalwahl-Ergebnis erzielt.

Für die FDP stimmten laut Hochrechnung 3,3 Prozent. Das ist ein Minus von 2,2 Punkten im Vergleich zur vorangegangenen Kommunalwahl (5,6 Prozent). Die Linke liegt mit prognostizierten 5,4 Prozent über ihrem vorherigen Ergebnis von 3,8 Prozent.

Der CDU-Politiker Paul Ziemiak kommentierte das Ergebnis mit den Worten:

"Wir haben die Wahl klar gewonnen! Wir sind und bleiben die einzige Volkspartei in #NRW. Danke an alle Wählerinnen und Wähler, die uns heute ihr Vertrauen geschenkt haben. Dieses Ergebnis ist eine grandiose Teamleistung aller Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer @CDUNRW_de! Ihr seid großartig"

💪Wir haben die Wahl klar gewonnen! Wir sind und bleiben die einzige Volkspartei in #NRW. Danke an alle Wählerinnen und Wähler, die uns heute ihr Vertrauen geschenkt haben. Dieses Ergebnis ist eine grandiose Teamleistung aller Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer @CDUNRW_de! Ihr seid… pic.twitter.com/63R0wCC1ey
— Paul Ziemiak (@PaulZiemiak) September 14, 2025

AfD-Co-Chef Tino Chrupalla zeigte sich ebenfalls erfreut. Er schrieb auf X:

"Erste Prognosen rechnen damit, dass die @AfD bei der Kommunalwahl in NRW ihre Stimmen verdreifacht hat. Das ist ein großer Erfolg für uns. Herzlichen Glückwunsch allen alten und neuen Mandatsträgern. Wir sind Volkspartei und tragen alle eine große Verantwortung für Deutschland. Vielen Dank unseren Wählern und den vielen ehren- und hauptamtlichen Helfern im Landesverband. Ihr habt einen tollen Wahlkampf geleistet!"

Erste Prognosen rechnen damit, dass die @AfD bei der Kommunalwahl in NRW ihre Stimmen verdreifacht hat. Das ist ein großer Erfolg für uns. Herzlichen Glückwunsch allen alten und neuen Mandatsträgern. Wir sind Volkspartei und tragen alle eine große Verantwortung für Deutschland.…
— Tino Chrupalla (@Tino_Chrupalla) September 14, 2025

Der Grünen-Bundesvorsitzende Felix Banaszak sagte: "Es war klar, dass wir das Ergebnis von 2020 nicht wiederholen können." Er betonte aber gegenüber dem WDR am frühen Abend: "Jetzt warten wir mal ab, wo wir am Ende liegen."

Die AfD-Landtagsabgeordnete Enxhi Seli-Zacharias hat das Abschneiden ihrer Partei nach der ersten Prognose für die Kommunalwahlen als großartig bezeichnet. "Ich freue mich riesig", sagte sie und betonte: "Für die AfD geht es jetzt auch darum, einmal ganz deutlich zu zeigen: Wir haben unsere Wählerschaft zementiert. Es ist nicht mehr ein reines Frustwählen."

Der Linken-Co-Vorsitzende Jan van Aken hat das Abschneiden seiner Partei bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen als grandios bezeichnet:

"Das ist ein grandioses Ergebnis für die Linke – wir haben unser Ziel nicht nur erreicht, sondern übertroffen! Der Aufschwung der Linken setzt sich ungebremst fort und das gibt uns den Rückenwind für die kommenden Wahlen"


Mehr zum Thema - Funke-Mediengruppe: Keine Traueranzeigen für AfD-Mitglieder?

Mehr Informationen in Kürze …


de.rt.com/inland/256026-hochre…

#nrw

Funke-Mediengruppe: Keine Traueranzeigen für AfD-Mitglieder?


Der AfD-Landesverband Thüringen meldete auf seinen Konten in den sozialen Medien, dass sich die örtliche Presse geweigert habe, eine Todesanzeige für ein jüngst verstorbenes Mitglied zu drucken.

Hartmut Lucas, Jahrgang 1953, war der Meldung zufolge von Anfang an Mitglied der AfD und als Kommunalpolitiker aktiv.

"Gerne hätten wir auch eine Todesanzeige in der lokalen Presse veröffentlicht, aber die Funke-Medien-Gruppe weigerte sich leider, diese zu drucken. Es ist bedauerlich, wenn Ideologie über Menschlichkeit steht."


So lautet die Mitteilung der AfD Thüringen, die bereits am Mittwoch geschrieben, aber erst jetzt breiter bekannt wurde. Die Zeitung, die den Abdruck abgelehnt hatte, war die Thüringer Allgemeine.

Die Funke-Mediengruppe ist ein Medienkonzern, der rund um die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) entstand, die schon vor Jahrzehnten das Ruhrgebiet dominierte und deren Mitbegründer Jakob Funke war, dessen Erben nach dem Ausstieg der Familie seines sozialdemokratischen Kompagnons Erich Brost den Konzern 2013 nach ihm benannten. Heute wirbt die Funke-Mediengruppe mit Parolen wie "Journalismus aus Leidenschaft" und Vielfalt sei "nicht nur ein Schlagwort für uns, sondern der Kern unserer Unternehmenskultur".

Während Erich Brost bis 1939 in Danzig, danach im britischen Exil lebte und beim deutschen Dienst der BBC arbeitete, war Jakob Funke vor 1945 Mitarbeiter bei Zeitungen des Reismann-Grone-Verlags, dessen Besitzer ein früher Förderer der Nazis war und dessen Hauptmedium, die Rheinisch-Westfälische Zeitung, in einer Geschichte des Verlags als "extrem nationale rassistisch-antisemitische Tageszeitung" bezeichnet wird. Funke war bis 1941, als das Blatt eingestellt wurde, Chefredakteur des kleineren Essener Anzeigers. Danach arbeitete er als NSDAP-Mitglied als Büroleiter im Deutschen Nachrichtenbüro, das dem Propagandaminister Goebbels direkt unterstellt war. Dass Brost von der britischen Besatzungsmacht die Lizenz erhielt, eine Zeitung zu betreiben, erstaunt wenig; dass Funke Mitgründer der WAZ werden konnte, ist weit erstaunlicher.

Die Kommentare unter den Meldungen der AfD in den sozialen Medien drücken überwiegend Empörung über dieses Verhalten aus; eine Todesanzeige zu verweigern, wird auch von vielen, die erklären, nicht mit der AfD zu sympathisieren, als unmenschlich und respektlos angesehen. Laut Medienberichten hat sich die Funke-Mediengruppe zu dem Vorfall bisher nicht geäußert.

Die Funke-Mediengruppe hatte in Thüringen bereits 1990 wesentliche Zeitungen aufgekauft und in der Zeitungsgruppe Thüringen zusammengefasst: die Thüringer Allgemeine, die Ostthüringer Zeitung und die Thüringische Landeszeitung. Übrig bleiben nur der lokale Ableger der Bild und das Wochenblatt Allgemeiner Anzeiger.

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